Sauber bleiben!

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Eine grosse Heldin meiner Jugend ist Clementine. Mithilfe des Waschmittels Ariel sagte sie den «Schmutzrändern» den Kampf an und sorgte dafür, dass Wäsche «nicht nur sauber, sondern rein» wurde. Ich gebe zu: Ich bin werbegeschädigt. Vielleicht auch, weil meine erste Firma eine Werbeagentur war…

Heute sind Unternehmen mit allen Wassern gewaschen. «Porentief rein» wie bei Ariel ist schon lange nicht mehr das Kriterium, mittlerweile findet Pinkwashing, Bluewashing und Greenwashing statt. Diesen fortschrittlichen Waschtechniken ist gemeinsam, dass sie so tun, als ob sie etwas bewirken wollten. Es geht um oberflächliche Imagepflege. Man will draussen glänzend dastehen.

Und so schmückt man sich gerne mit dem Engagement für die LGBTIQ-Community, die UN-Nachhaltigkeitsziele oder das Klima-Engagement. Glaubwürdig ist das allerdings nicht mal für die eigenen Leute drinnen, wie wir jüngst in unserer Civey-Studie herausfinden konnten. Beim Klima-Engagement nimmt gerade mal ein Viertel der eigenen Beschäftigten der Unternehmensführung die Sauberkeit ab.

Über all dem thront mittlerweile der Schlüsselbegriff schlechthin: Purpose. Seit Simon Sinek vor 13 Jahren bei einer TedX-Veranstaltung die Parole «Start with why» ausgegeben hat, überbieten sich Unternehmen im Finden und Erfinden von Purpose. Es geht immer ums «Grosse Ganze», alle retten die Welt jeden Tag ein kleines Stückchen mehr. Die fortschrittlichste aller Waschtechniken. Ich nenne sie «Whywashing». Man tut so, als ob man einen überragenden Purpose hätte. Und keinesfalls denkt man nur an die nächste Quartalsbilanz.

Der Hintergrund ist klar. Menschen schätzen den «moralischen Arbeitgeber» und wollen lieber dort als anderswo arbeiten. Sie wollen einen Arbeitgeber, über dem nicht das Damokles-Schwert des Shitstorms hängt und der nicht immer neuen Risiken aufgrund problematischer Geschäftsmodelle ausgesetzt ist. Es geht genauso um Arbeitsplatzsicherheit wie um Ansehen. Man will auch nicht nach Feierabend, im Freundeskreis, beim Elternabend oder sonst wo doof dastehen, wenn man nach seinem Arbeitgeber oder der Beschäftigung gefragt wird.

Klar ist: Beschäftigte wollen tatsächlich Sinn in ihrer Arbeit sehen. Und zwar im «Grossen Ganzen» genauso wie bei eigenen Tagesgeschäft. Dieser «Daily Purpose» geht oft vergessen. Und viele Unternehmen bezahlen teure «Experten», die sich einen Purpose ausdenken anstatt diejenigen zu fragen, die die wirklichen Expertinnen und Experten sind – die eigenen Mitarbeitenden. Wenn man mit denen nämlich mal ernsthaft über Sinn, Zweck und Ziel der Arbeit redet, dann kommt aus dem tiefsten inneren einer Organisation ganz viel authentischer Purpose an die Oberfläche. Der dann auch wirklich glänzen kann.

Die gute Nachricht: Ich kenne viele Leute in Entscheidungspositionen, die die äusserliche Oberflächenbehandlung leid sind, und die eine andere Art der Arbeit und Zusammenarbeit wollen. Die ehrliche Suche nach dem Purpose im Unternehmen als Prozess der gemeinsamen Reflektion ermöglicht auch Einsicht in notwendige Veränderungen und weist so den Weg in eine nachhaltigere Zukunft. Der wahre Glanz kommt von innen.

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