Dieter Kissling

Dr. med. Dieter Kissling ist Facharzt FMH für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin sowie Gründer und Leiter des ifa Instituts für Arbeitsmedizin in Baden. Er ist zudem Betriebsarzt bei ABB, Alstom und Bombardier.
 
 


Flexible Arbeitswelt = gesündere Arbeitswelt

GesundheitsmanagementDie Grenze zwischen Arbeit und Gesellschaft schwindet langsam. Eigenverantwortung der Mitarbeitenden gegenüber ihrer Gesundheit löst die betriebliche Fürsorgepflicht ab. Waren die Patrons früher um das Wohlbefinden der Mitarbeitenden besorgt («Du arbeitest für mich und ich schau für Dich»), wird diese Verantwortung heute an den Mitarbeitenden abgetreten («Lohn gegen Leistung und sonst nichts»). Aber geht das auf?

«Economy, nicht Business!» – Sparen auf Kosten der Gesundheit

Und wieder haben Manager einen Weg gefunden, auf Kosten ihrer Mitarbeitenden zu sparen.

Immer mehr Firmen, auch Grosskonzerne, gehen dazu über, Ihren Mitarbeitenden auf Geschäftsreisen auch für Langstreckenflüge nur noch Economy-Flüge zu bezahlen. Selbst wenn das Unternehmen seinen Kunden Businesspreise verrechnet: Der Mitarbeiter fliegt in der Holzklasse. Am Zielort angekommen, muss dieser dann mit einem Mietfahrzeug stundenlang weiterreisen und setzt sich so wegen Übermüdung einer hohen Unfallgefahr aus. Die gesundheitlichen und insbesondere mentalen Konsequenzen spielen in den Sparüberlegungen der Unternehmen keine Rolle.

Wenn eine einzige Person die ganze Belegschaft belastet

Sie bringen die Chefs an den Rand der Verzweiflung. Sie bewirken Kündigungen, Stressbelastungen und ein schlechtes Arbeitsklima im Team. Sie belasten die gesamte Organisation mit ihrem Verhalten. Sie haben immer recht, sie sind die Einzigen, die wissen, wie der Laden läuft.

Oft zeichnen sich schwierige Mitarbeitende auch durch hohe Leistungsbereitschaft und Engagement aus. Sie strahlen eine grosse Macht aus und machen andere durch ihr emotionales mächtiges Auftreten fertig. Häufig sind sie respektlos gegenüber anderen Mitarbeitenden aber auch gegenüber Chefs.

Hirnfutter

Wenig wird bei gebildeten Menschen so emotional diskutiert wie die Ernährung. In der Regel isst der Mensch täglich drei Mahlzeiten und wird so im Laufe des Lebens automatisch zum Ernährungsexperten. Das menschliche Kausalitätsbedürfnis – wenn es um Gesundheit geht – nimmt suchtähnliche Formen an. Jede Unpässlichkeit wird umgehend auf die Ernährung zurückgeführt. Ein Drittel unserer Bevölkerung meint, eine Nahrungsmittelallergie zu haben. Wissenschaftlich belegt sind es jedoch nur Dreieinhalb Prozent der Bevölkerung. Unterstützt werden wir in unserem kollektiven Unwissen von einer Wissenschaft, die es schafft, alle 20 Jahre ihre vorgängig gültigen Dogmen über den Haufen zu werfen. Wurden in den 90er Jahren die Fette verdammt, werden diese heute als gesund betrachtet. Hingegen erhalten die damals favorisierten Kohlenhydrate im Zuge einer markanten Zunahme der Zuckerkrankheit den schwarzen Peter der Ernährungswissenschaften.

Industrie 4.0 – und die Gesundheit?

Blogger-Vignette-07_BlogDie Industrie 4.0 wird die Arbeitsplätze in der Schweiz nachhaltig verändern. Monotone körperliche Tätigkeiten werden zunehmend durch Maschinen ersetzt und Arbeitsplätze von un- oder angelernten Mitarbeitenden fallen weg. Im Gegenzug dazu entstehen zusätzliche Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Mitarbeitende mit gutem technologischem Wissen. Diese Veränderung wird die Produktivität der Arbeitswelt steigern. Welche Konsequenzen für die Gesundheit der Arbeitnehmenden sind zu erwarten?

Bewegung gegen Stress

Blogger-Vignette-07_BlogSchonungslos deckt die Swiss Olympic Studie Sport Schweiz 2014 auf, dass rund ein Viertel (26 Prozent) unserer Bevölkerung keinerlei körperliche Bewegungsaktivitäten betreibt. Diese Zahl ist seit 15 Jahren stabil – auch wenn die Medien voll mit Artikeln über die gesundheitlichen Auswirkungen von Sport sind. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass körperliche Bewegung eine nachhaltige Methode zur Reduktion des Stressempfindens und -erlebens ist. Doch Bewegung ist nicht gleich Bewegung, und mehr ist nicht immer besser.

Ferien ja – aber richtig!

Die Ferien stehen wieder an. Nur: Wie ziehe ich daraus das Optimum an Erholung? Die Feriendauer ist idealerweise 3 Wochen. In der ersten Woche gilt es, runterzufahren. In der zweiten Woche steht voller Genuss an. Und in der dritten Woche sind die ersten Gedanken zurück an den Alltag bereits wieder im Kopf. In einer Studie hat Kuoni 1290 Personen über ihr Arbeitsverhalten in den Ferien befragt. Erstaunlich: Die meisten arbeiten in den Ferien geschäftlich! 78 Prozent lesen und 74 Prozent schreiben in den Ferien E-Mails. 41 Prozent telefonieren während den Ferien geschäftlich. Bei 25 Prozent wird die geschäftliche Erreichbarkeit vom Vorgesetzten verlangt. Somit arbeiten viele von uns auch in den Ferien für das Geschäft. Wo bleibt denn die Erholung?

Die Burnout-Epidemie

GesundheitsmanagementGemäss dem deutschen Fehlzeitenreport 2015 hat sich die Burnout-Rate zwischen 2005 und 2014 versiebenfacht. Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer. Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischen Erkrankungen haben im Zeitraum von 1997 bis 2012 um 260 Prozent zugenommen, während körperliche Erkrankungen und Verletzungen als Ursache von Arbeitsunfähigkeitstagen stabil geblieben sind. 50 Prozent der Langzeitkranken von einem halben Jahr und länger in einem schweizerischen Grossunternehmen sind durch psychische Erkrankungen bedingt.