Zeit zu handeln – Gesundheitsförderung in KMU

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Die Gesundheit der Mitarbeitenden ist elementar für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Leider rückt sie häufig aus dem Fokus – besonders bei KMU, die sich aufgrund knappen Personal- und Zeitressourcen in einem Spannungsfeld aus zunehmendem Handlungsdruck versus vermeintlich hohem Aufwand befinden. Die Fragen lauten also: Wieviel Engagement erfordert die betriebliche Gesundheitsförderung wirklich und welche Lösungsangebote sind praxistauglich?

Im Zentrum steht die Förderung der psychischen Gesundheit. Die Zahlen des Job-Stress-Index 2022 von Gesundheitsförderung Schweiz sprechen für sich: Bei fast einem Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz sind die arbeitsbezogenen Belastungen deutlich höher als die vorhandenen Ressourcen. Die emotionale Erschöpfung ist auf über 30 Prozent angestiegen.

Dementsprechend anspruchsvoll ist die Aufgabe für KMU-Führungskräfte und HR-Verantwortliche, gezielt gegenzusteuern. Bedenkt man, dass die Führungskräfte meist (zu) stark ins Tagesgeschäft eingebunden sind und HR-Verantwortliche einen Bereich von der Personaladministration über die Lohnabwicklung, die Rekrutierung und viele weiteren Aufgaben im Unternehmen abdecken, bleiben für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) minimale Kapazitäten.

Diese Ist-Situation bilanziert im Gespräch auch Angelo Renfer, Branchenverantwortlicher Kranken & Unfall bei der Funk Gruppe. Als einer der führenden Versicherungsbroker und Risikodienstleister legt dieser Berater grossen Wert auf ein förderliches und motivierendes Arbeitsumfeld für seine über 100 Mitarbeitenden. Das hat dazu geführt, dass Funk seit Jahren als «Top Company» auf Kununu bewertet wird. Funk kennt die Herausforderungen in diesem Kontext. «Zu unserem Kundenkreis zählen auch KMU aller Branchen. Dort beobachten wir häufig eine Ohnmacht hinsichtlich des Umgangs mit Absenzen und der Prävention. Daraus resultiert, dass dieses Themenfeld kaum Aufmerksamkeit erfährt. Wenn Präventionsmassnahmen erfolgen, dann oft wenig zielgerichtet nach dem Prinzip ‹Giesskanne› mit fragwürdigem Nutzen für die Mitarbeitenden. Auffälligkeiten wie sinkende Leistungen, abnehmende Motivation und/oder steigende Absenzen werden nicht proaktiv angesprochen. Das erstaunt nicht, da häufig keine gesundheitsförderliche Gesprächs- und Führungskultur etabliert ist, um die genannten Themen und zusätzlich Aspekte wie Resilienz ressourcengerecht anzusprechen. Anders gesagt, es braucht in jedem Fall situationsgerechte Unterstützung für KMU.»

Viel Wirkung – wenig Aufwand

Genau hier setzt das neue kostenlose KMU-Angebot der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz an mit seinem «Leadership-Kit» für Führungskräfte und der «HR-Toolbox» für HR-Verantwortliche. Es sind einfach in den Führungs- und HR-Alltag zu integrierende Gratis-Tools, die ohne BGM-Vorkenntnisse einsetzbar sind und zur Eigeninitiative motivieren.

Wie gestaltet sich das in der Praxis für eine konkrete Problemstellung? Beispielsweise zur fehlenden Gesprächskultur, wie von Angelo Renfer angesprochen.

Tooltipp: Absenzen und Auffälligkeiten ansprechen
Dieses Tool bietet mit einem detaillierten Leitfaden von der Gesprächsvorbereitung über den Einstieg, das Kernstück bis zum Abschluss umfassende Unterstützung, für eine sichere und souveräne Gesprächsführung durch die HR- und Führungsverantwortlichen. Dabei sind alle relevanten Aspekte wie Gesprächseinladung, bestehende Beobachtung, eine gemeinsame Lösungsfindung etc. als Vorlagen, sogar mit Textbeispielen, verfügbar.

Gesunde Führung ist Chefsache

Für Nicole Kunz, HR-Leiterin bei der Balmer-Etienne AG gibt es zusätzliche Herausforderungen. Das Treuhand-, Prüfungs- und Beratungsunternehmen bietet seinen 130 Mitarbeitenden schon einiges hinsichtlich gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen. Angefangen bei verschiedenen Bewegungsangeboten, ansprechend gestalteten Arbeitsplätzen bis zu einer breit ausgestalteten Arbeitszeitflexibilisierung und Freizeitregelungen, die zum Beispiel auch Sabbaticals ermöglichen. Dazu Nicole Kunz: «Wir achten bei uns sehr darauf, dass unsere Mitarbeitenden auch während den sogenannten ‹busy seasons› eine gute Work-Life-Balance haben und auch während dieser Phase nur in allergrössten Ausnahmefällen am Wochenende arbeiten. Zudem erwartet auch niemand, dass E-Mails nach Arbeitsschluss noch gelesen und beantwortet werden. Unsere Führungskräfte nehmen im Kontext der Mitarbeitenden-Gesundheit ihre Vorbildrolle wahr. Kurzum – meines Erachtens machen wir schon vieles gut, wozu der gute Austausch zwischen HR und Führungsgremium wesentlich beiträgt. Darüber hinaus stärkt es unsere Attraktivität als Arbeitgebende. Hier sehe ich die nächsten Schritte: Ich möchte das Verständnis von BGM in die Führungsschulung integrieren.»

Tooltipp: HR und Führung im Gespräch
Dieses Tool stärkt das gemeinsame Verständnis von gesunder Führung und eröffnet den Dialog zwischen HR-Verantwortlichen und Führungskräften. Anhand eines entsprechend ihrer Aufgaben unterschiedlichen Gesprächsleitfadens gehen beide Seiten in die Reflektion und den gegenseitigen Abgleich über gesunde Führung. Das schafft Klarheit im Rollenverständnis und den jeweiligen Verantwortungsbereichen.

Gesunder Umgang mit vielfältigen Aufgaben

Die konplan Group AG fördert das Wohlbefinden und die Gesundheit ihrer 120 Mitarbeitenden seit vielen Jahren systematisch. Eine stark Purpose-ausgerichtete Kultur, geprägt von Wertschätzung, konstruktivem Umgang mit Fehlern und starkem Teamgeist sind die tragenden Säulen. Arbeitszeitflexibilität, Homeoffice-Möglichkeiten etc. runden das Bild ab. Für dieses Engagement wurde das innovative Dienstleistungsunternehmen bereits ausgezeichnet.

«Darüber freuen wir uns und sehen es als Bestätigung unserer bisherigen Aktivitäten. Gleichzeitig wissen wir, dass die hohe Dynamik in unserem Unternehmen sowie das projektorientierte, abwechslungsreiche Arbeiten auch hohe Anforderungen an unsere Mitarbeitenden stellen. Einen gesunden Umgang damit zu finden, ist wichtig», erläutert CEO Andy Tonazzi. Susanne Stocker, HR-Leiterin bei konplan ergänzt: «Die Resilienz unserer Mitarbeitenden zu stärken und damit gleichzeitig ihre Selbstwirksamkeit zu erhöhen, ist ein Beitrag, den wir dazu leisten können.»

Tooltipp: Projekt-Priorisierungs-Poker
Gesundheitsförderung darf Spass machen. Das zeigt dieses, in Anlehnung an ein Poker-Spiel aufgebaute, Tool und bringt etwas Gamification in den Arbeitsalltag. Ziel ist, einen Überblick aller Projekte zu liefern und die Mitarbeitenden dank klarer Vergabe von Prioritäten zu entlasten. Das schafft Transparenz für alle Beteiligten, gibt Sicherheit, wo die Ressourcen eingesetzt werden sollen, und räumt unnötige Stressoren aus dem Weg.

Fachkräftemagnet BGM

So unterschiedlich die geschilderten Herausforderungen sind, in einem Punkt sind sich alle Gesprächspartner einig: Die aktive Gesundheitsförderung der Mitarbeitenden bietet weitaus mehr als gesunde Mitarbeitende. Gezielt und konsequent umgesetzt, steigert sie massgeblich das Employer Branding, reduziert Kosten und senkt die Fluktuation. Für KMU wird die aktive Gesundheitsförderung, sei es mit oder ohne Label «Friendly Work Space», schon bald zum Standard gehören.

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