Temporärarbeit im Schweizer Gesundheitswesen: Segen, nicht Fluch!

Personaldienstleistung Myra Fischer-RosingerDie Gesundheitsbranche in der Schweiz steht vor grossen Herausforderungen, insbesondere auch vor einem Fachkräftemangel gepaart mit anspruchsvollen Arbeitsbedingungen. Ein Trend, der in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist die vermehrte Nutzung von temporären Arbeitskräften in Spitälern. Dies hat eine Debatte entfacht.

Immer mehr Arbeitskräfte im Pflegebereich nutzen die Flexibilität, die Temporärarbeit in Bezug auf Arbeitszeiten und -einsätze bietet. Dieser Trend hat jedoch Bedenken ausgelöst, dass festangestellte Mitarbeitende dadurch benachteiligt werden könnten. Einige Spitäler denken sogar über regulatorische Massnahmen nach, um den Anteil Temporärarbeitender zu beschränken. swissstaffing lehnt dies dezidiert ab.

Die Zunahme der Temporärarbeit in der Pflege

Der Anteil der Temporärarbeitenden am Pflegepersonal lässt sich anhand der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung und Gesamtzahlen für die Branche für das Jahr 2022 auf 1,4 bis 2,4 Prozent schätzen. Im Fünfjahresvergleich ergibt dies eine Zunahme um rund die Hälfte. Dennoch bleibt der Anteil der Temporärarbeit im Gesundheitswesen unterhalb des Anteils von 2,8 Prozent in der Gesamtwirtschaft.

Der Anstieg überrascht aber nicht. Das Gesundheitswesen insgesamt ist im gleichen Zeitraum um 100’000 Vollzeitäquivalente angewachsen. Ohne die Unterstützung der Personaldienstleister liesse sich der erhöhte Rekrutierungsbedarf nicht decken.

Die Bedenken der Spitäler

Die Spitäler befürchten durch die Zunahme der Temporärarbeit negative Auswirkungen auf die Versorgungsqualität aufgrund von zu vielen Kurzeinsätzen, Mehrkosten aufgrund der Marge der Personalverleiher und eine Benachteiligung des festangestellten Pflegepersonals. Es ist wichtig, diese Aspekte zu berücksichtigen und nötigenfalls Massnahmen zu ergreifen, um eine hohe Qualität der Versorgung sicherzustellen. Eine sachliche Betrachtung zeigt aber, dass die Diskussion im Pflegebereich teilweise auf falschen Annahmen gründet, und eine Einschränkung der Temporärarbeit als Massnahme hochgradig kontraproduktiv wäre:

Irrglaube 1: Das Pflegepersonal lässt sich in die Festanstellung zwingen.

Die Vorstellung, durch eine Beschränkung der Temporärarbeit liesse sich das heutige temporäre Pflegepersonal in eine Festanstellung «zwingen», trifft nicht zu. Dies lassen jedenfalls die Resultate einer gfs-Umfrage zu den Motiven der Temporärarbeitenden klar vermuten: Mehr als die Hälfte der Temporärarbeitenden im Gesundheitswesen nennt
«Work-Life-Balance» und «Freiheit der Selbständigkeit» als Motive für die Wahl der Temporärarbeit; fast die Hälfte nennt die Möglichkeit, zeitweise in verschiedenen Unternehmen und Branchen zu arbeiten, als Beweggrund fürs Temporärarbeiten.

Mit diesen hohen Werten für freiheitsbezogene Motive scheint die Gefahr äusserst gross, dass ein erheblicher Teil dieser Pflegefachkräfte ohne die Möglichkeit zur Temporärarbeit den Pflegebereich ganz verlassen würde.

Irrglaube 2: Die Temporärarbeit gefährdet die Versorgungsqualität.

Die Einführung und Eingliederung von neuen Mitarbeitenden ist für jeden Betrieb im Gesundheitswesen eine Herausforderung. Die Erreichung der angestrebten Dienstleistungsqualität ist aber nicht von der Arbeitsform abhängig, sondern von stringenten, kohärenten Prozessen, einer klaren Rollen- und Aufgabenteilung sowie vom zielgerichteten Einsatz digitaler Tools. Der Einsatz von Temporärarbeitenden stärkt sogar die Qualität, indem er das System in Spitzenzeiten entlastet. Die Unterstützung durch Temporärarbeitende wirkt qualitätsmindernden Aspekten wie Personalengpässen, Arbeitsüberlastung, Stress oder Überforderung entgegen.

Irrglaube 3: Die Kosten für temporäres Pflegepersonal sind überrissen.

Die teilweise verbreiteten Vorstellungen über Mehrkosten von temporärem Pflegepersonal sind übertrieben und vergleichen Äpfel mit Birnen. Es ist korrekt, dass Personalverleiher für ihre Dienstleistung einen Prozentsatz des bezahlten Lohnes verrechnen. Der dem Personalverleiher überwiesene Betrag kann aber nicht einfach mit dem Bruttolohn einer festangestellten Pflegefachkraft verglichen werden. Denn zu Letzterem hinzu kommen die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen, weitere Lohnzuschläge, Rekrutierungskosten sowie die Koordinationskosten im Human Resources-Management, welche die Spitäler bei Festanstellungen selber aufbringen müssten.

swissstaffing warnt vor Beschränkungen

swissstaffing, der Verband der Personaldienstleister, lehnt Beschränkungen des Anteils Temporärbeschäftigter in Spitälern deshalb vehement ab. Die nüchterne Betrachtung zeigt, dass solche Beschränkungen im Widerspruch zu den Interessen der Spitäler, ihrer Patientinnen und Patienten und des Pflegepersonals stehen. Vielmehr ist die Temporärarbeit ein bewährtes Mittel gegen den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen. Richtig eingesetzt, bietet die Temporärarbeit eine Win-Win-Situation. Sie ermöglicht Pflegekräften Flexibilität, unterstützt Spitäler dabei, den Personalbedarf jederzeit zu decken, und gewährleistet damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Mehr erfahren Sie im Positionspapier von swissstaffing «Flexibilität nützt Pflegefachkräften und Spitälern»

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert