«Was bedeutet Karriere für dich?» 8 Stimmen aus der Generation Z

Print Friendly, PDF & Email

Sabine Biland-Weckherling Blog Inside HRWir sollten mit der Generation Z reden – nicht über sie. Deshalb wollte ich in Erfahrung bringen, was junge Leute über Karriere denken. Ich habe mit acht Menschen unter 30 darüber gesprochen. Finden sie es erstrebenswert, Karriere zu machen? Oder setzen sie andere Prioritäten?

Berichte über die karriereverweigernde Generation Z gibt es wie Sand am Meer. Mich interessiert aber, was junge Leute selbst zum Thema Karriere sagen. Sind sie wirklich so arbeitsfaul, wie man ihnen nachsagt? Deshalb habe ich den Begriff zusammen mit acht Menschen unter 30 Jahren genauer angeschaut.
Sie alle gehören der Generation Z an, einige von ihnen stehen kurz vor dem Eintritt ins Arbeitsleben, andere haben bereits Arbeitserfahrung gesammelt. Ihre Antworten widerspiegeln ihre persönlichen Erfahrungen, Beobachtungen und Wünsche. Sie haben mir aufgezeichnet, dass es DIE klassische, vertikale Karriere so nicht mehr gibt. Vielmehr ist die Interpretation der Karriere heute ebenso individualisiert wie unsere Gesellschaft. Ohne diese Erkenntnis werden sich zukünftige Talente weder finden noch halten lassen.

Übersicht


Gregory, 26: «Ich würde mich gern verabschieden vom Begriff der Karriere.»

Was bedeutet für dich Karriere?

Karriere bedeutet nicht unbedingt, dass man kontinuierlich und hierarchisch aufsteigt, sondern kann auch heissen, dass man sich in den interessanten Feldern optimal entfaltet, besser wird, spezialisierter wird. Karriere muss nicht nach oben führen. Karriere kann aus meiner Sicht mehr umfassen als nur das Berufliche. Ich würde mich gern verabschieden vom Begriff der Karriere. Er ist mir zu sehr verknüpft mit der Vorstellung von eindimensionalem Aufstieg. Passender wären für mich Begriffe wie Entwicklung oder Verwirklichung.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Ich strebe Karriere an, weil ich mich maximal entfalten will. Ich kenne meine Richtung und weiss, was mich interessiert. Mir ist Selbstverwirklichung, persönliche Entwicklung und Sinnhaftigkeit wichtig – ich muss wissen, warum ich meinen Job mache.

Was bist du bereit dafür zu investieren?

Fast alles – sofern ich den Sinn und Nutzen dahinter sehe. Ich bin bereit, viel zu geben, aber nicht auf Kosten meiner eigenen Bedürfnisse.


Valentina, 25: «Mit 13 wollte ich Anwältin werden. Seit zehn Jahren arbeite ich darauf hin.»

Was bedeutet für dich Karriere?

Karriere ist für mich ein Berufstitel, ein hohes Gehalt und eine Sonderstellung, die über einen langen Weg und schwierig zu erreichen ist. Karriere ist aber etwas sehr Subjektives und kann für unterschiedliche Personen Unterschiedliches bedeuten. Der Beruf der Kindergärtnerin beispielsweise gehört bestimmt nicht zu den klassischen Top-Karriereberufen. Trotzdem kann er Karriere sein.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Mit 13 wollte ich Anwältin werden. Seit zehn Jahren arbeite ich darauf hin. Karriere ist mir wichtig. Wir haben in der Schweiz die beste Bildung, uns stehen alle Wege offen, wir sind sehr privilegiert – daraus möchte ich das Beste machen. Langfristig strebe ich eine Partnerrolle in einer Anwaltskanzlei an. Aber ich bin offen für Anpassungen meines Karrierewegs, wenn es dafür gute Gründe gibt, zum Beispiel eine Familiengründung. Ich nehme es Schritt für Schritt.
Mir ist bewusst, dass Karriere nicht alles im Leben ist. Ich fürchte mich etwas vor der ernüchternden Erkenntnis, dass die Zufriedenheit nicht parallel zur Karriereleiter ansteigt.


Maya, 23: «Ich frage mich schon, warum ich mich für ein Unternehmen aufopfern soll.»

Was bedeutet für dich Karriere?

Meine Assoziationen mit dem klassischen Karrierebegriff sind: Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber, viel Netzwerken, die richtigen Leute (im Boys Club) kennen und sich hocharbeiten.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Ich will happy sein und Geld verdienen. Dies bedeutet für mich jedoch nicht unbedingt eine Führungsposition im Vollzeitpensum, so wie ich sie mit der klassischen Karriere assoziiere. Mir sind Freiheiten wichtiger als ein hohes Ansehen. Wenn ich Leute höre, die propagieren, dass man alles zusammen und gleichzeitig vereinbaren kann – Familie, Hobbies, Kaderposition etc. –, dann schreckt mich das eher ab. Ich will gar nicht alles auf einmal machen, ich habe ja das ganze Leben Zeit. Dazu kommt, dass die Zukunftsaussichten momentan nicht besonders idyllisch sind. Wir sind konfrontiert mit Problemen wie Pandemie, Klimakrise, Kriegen, Katastrophen, steigenden Preisen und schlechten Perspektiven auf Rente und Pensionskasse. Ich sehe nicht ein, mein Leben aufzuopfern für eine ungewisse Zukunft. Deshalb lebe ich es lieber jetzt.

Was möchtest du bei der Gestaltung deines Berufslebens anders machen als beispielsweise die Generationen vor dir?

Ich kenne jemanden, der hat mehr als 15 Jahre bei einer Schweizer Bank gearbeitet. Er hatte eine Kaderposition mit Verantwortung für ein Team, schob regelmässig Pikettdienste über das Wochenende und in seinen Ferien, der Lohn reflektierte dieses Commitment jedoch nicht. Er alles gegeben und sich für seinen Job aufgeopfert. Sechs Monate vor seiner Pension hat ihm sein Arbeitgeber gekündigt. Dies ist nicht die einzige Geschichte, die ich kenne. Da frage ich mich schon, warum ich mich für ein Unternehmen aufopfern soll.


Valentin, 22: «Designeranzüge sind lächerlich!»

Was bedeutet für dich Karriere?

Mit dem Begriff der Karriere assoziiere ich Geld und Verantwortung. Für mich persönlich ist das erstrebenswert – ich möchte das in nächster Zeit verwirklichen.

Wie soll deine Karriere aussehen?

Manche meiner Ansichten haben sich in den vergangenen Jahren verändert – ich wollte schnell aufsteigen und viel Geld verdienen. Mein Fokus liegt aktuell nicht mehr ganz so stark auf der klassischen Karriere. Mittlerweile beziehe ich mehr andere Faktoren ein: Meine Karriere muss in meine persönliche Situation passen und auch mit meiner Familie vereinbar sein. Mein Job soll mir Spass machen. Ich würde auch gern Teilzeit arbeiten, wenn dies finanziell möglich ist. Ich strebe keine Selbständigkeit an, sondern eine langjährige Firmenangehörigkeit bei einem Unternehmen – alles andere bedeutet für mich Stress. Am liebsten würde ich für ein KMU arbeiten. Das ist cooler und man kann dort mehr bewegen als in einem Riesenkoloss, wo man nur einer unter vielen ist.
Statussymbole finde ich überbewertet. Designeranzüge sind lächerlich!


Laura, 28: «Ich will alles nebeneinander schaffen»

Was bedeutet für dich Karriere?

Für mich bedeutet Karriere eine gewisse Erfüllung und Freiheit – im besten Fall finanzieller Art –, so dass ich nicht arbeiten muss, sondern arbeiten kann. Mein ultimatives Karriereziel wäre, mir auswählen zu können, welche Jobs ich mache. Karriere ist für mich nicht negativ konnotiert und auch nicht per se mit Stress verbunden. Allerdings finde ich den Begriff veraltet, weil er sich nur auf das Berufsleben bezieht, während sich Beruf und Privates heute besser vereinbaren lassen. Für mich persönlich heisst Karriere, alles nebeneinander zu schaffen – das muss möglich sein.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Ich will bei Familie und Privatleben keine Abstriche machen müssen. Aber es wäre auch schlimm für mich, wenn ich beruflich nicht weiterkomme, weil ich wegen meinen Kids das Pensum reduziere. Und auch Männer sollen Teilzeit arbeiten können, ohne belächelt zu werden. Neben der Vereinbarkeit von Beruf, Freizeit und Familie und einem entsprechend flexiblen Arbeitgeber ist es mir wichtig, happy zu sein, Spass an der Arbeit zu haben und meine Fähigkeiten einsetzen zu können. Geld ist für mich nebensächlich – Lebensqualität ist das, was zählt.


Anne-Sophie, 28: «Eine Karriere muss nicht in die Höhe gehen»

Was bedeutet für dich Karriere?

Vom klassischen Karrierebegriff habe ich ein eher negatives Bild, das auch mit gesellschaftlichem Druck zu tun hat: «Entweder du machst Karriere, oder du stehst still – etwas anderes gibt es nicht.» Das ist mir zu einseitig. Ich würde den Begriff aber nicht abschaffen, sondern neu definieren. Karriere kann vieles sein. Es zählen nicht nur Sicherheit, Status, Prestige und Lohn – sondern auch Kriterien wie Selbstverwirklichung, Zufriedenheit, Sinnhaftigkeit und Teamkultur. Und es zählt nicht nur, wie hoch oben auf der Karriereleiter du bist, sondern eben zum Beispiel vielmehr, was du dort machst, wie zufrieden du bist und wie du dein Potential entfalten kannst.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Erstrebenswert ist für mich eine Weiterentwicklung. Ich will etwas erreichen – mehr Kompetenz, mehr Fähigkeiten, mehr Verantwortung – nicht mehr Macht und mehr Lohn. Ich strebe eine Karriere an, die eher in die Breite oder in die Tiefe geht, nicht eindimensional vom Kader übers Oberkader bis ins Management. Sinnhaftigkeit ist für mich eine grosse Motivation.

Was möchtest du bei der Gestaltung deines Berufslebens anders machen als beispielsweise deine Eltern oder vorherige Generationen?

Ich möchte 80 Prozent arbeiten. Und auch wenn ich Kinder kriege, will ich im Berufsleben bleiben. Es soll nicht der Standard sein, dass Frauen per Default zu 100 Prozent Kinder betreuen und deshalb aus dem Berufsleben aussteigen.


Jill, 26: «In einem klassischen Angestelltenverhältnis werde ich nicht glücklich»

Was bedeutet für dich Karriere?

Karriere hat für mich einen negativen Beigeschmack – von meinem Gefühl her sind die meisten Menschen, die Karriere im klassischen Sinn machen, nicht glücklich dabei. Ich assoziiere den Begriff stark mit einer Corporate Welt, die für mich nicht der richtige Weg ist.

Was wäre für dich erstrebenswert?

Ich weiss, dass ich in einem klassischen Angestelltenverhältnis nicht glücklich werde. Ich will mitbestimmen. Ich will nicht den äusseren Anforderungen entsprechen, sondern meinen eigenen. Wenn du als Frau, die Mutter ist, weiterarbeiten und gleichzeitig deine Work-Life-Balance pflegen willst, ist eine 0815-Karriere sowieso unrealistisch. Auch möchte ich bei meiner Berufsplanung nicht nur auf ein einziges Pferd setzen – das ist mir zu riskant. Deshalb geht mein «Karrierewunsch» eher Richtung Selbstständigkeit.

Was bist du bereit dafür zu investieren?

Diese Art der Selbstverwirklichung braucht Mut. Ich gehe das Risiko ein, weniger zu verdienen, eventuell auch einmal eine Zeit arbeitslos zu sein, und ich habe weniger Sicherheiten.


Sina, 23: «Ich will einfach mega Spass haben an der Arbeit, mehr nicht!»

Was bedeutet für dich Karriere?

Für mich ist Karriere ein beruflicher Aufstieg, der unterschiedlich aussehen kann.
Wichtig finde ich, dass man Freude an der täglichen Arbeit hat und dass man am Morgen gerne aufsteht. Auf dem Karrierepfad meistert man Herausforderungen und geht Risiken ein, um voranzukommen. Dazu braucht es Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen und -willen. Manchmal muss man sich durchboxen. Jeder Erfolg bestätigt, stärkt das Selbstbewusstsein und bringt einen weiter. Karriere beinhaltet aus meiner Sicht nicht unbedingt eine Entscheidung à la «Karriere oder Familie» – vor allem für Frauen ist die Vereinbarkeit besser geworden.

Ist Karriere für dich erstrebenswert? Und wenn ja, wie soll diese aussehen?

Ich habe kein konkretes Bild von meiner Karriere. Ich will einfach mega Spass haben an der Arbeit, mehr nicht! Der Job ist für mich eine eigene Welt, die Bestätigung gibt und wo ich zeigen kann, was ich kann. Ich studiere nicht, um danach Vollzeit-Hausfrau zu sein – ich strebe eine Verbindung an.

4 comments for “«Was bedeutet Karriere für dich?» 8 Stimmen aus der Generation Z

  1. 14. September 2023 um 9:38

    Deinem Wunsch, René, schliesse ich mich sehr gerne an! Merci für Deinen Kommentar.

  2. Anne
    6. September 2023 um 12:42

    Der Artikel ist dir gelungen und ich habe einen spannenden Einblick zum Thema Karriere erhalten. Danke!

  3. 5. September 2023 um 15:31

    Diese Ansichten zu lesen, bestätigt mir, dass die Zukunft in den Händen der «jungen» Menschen liegt. Die Aussagen decken sich zu einem grossen Teil mit meiner Meinung, die in meinen Generation Z-Jahren noch etwas exotisch im Raum stand. Nützen wir doch die Gelegenheit, die Grundlagen zu schaffen, ein erfüllendes Leben zu gestalten…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert