Lebenslanges Lernen: Ja! Aber wie?

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KarriereDer sich rasch wandelnde Arbeitsmarkt verlangt von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, dass sie sich schnell anpassen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist lebenslanges Lernen angesagt. Aber gerade Älteren wird häufig attestiert, dass sie nicht mehr so lernfähig und -willig sind.

Ältere Mitarbeitende – vor allem solche über 50 – sind weniger leistungsfähig, weniger lernbereit und lernfähig, unflexibler und häufig ablehnend neuen Technologien gegenüber. So die weit verbreiteten, stereotypen Altersbilder, die gemäss Studien viele Führungskräfte, Personalverantwortliche, aber auch Arbeitnehmer mehr oder weniger bewusst mit sich tragen.

Tatsache ist, dass Arbeitskräfte über 50 weniger an beruflichen Weiterbildungen teilnehmen als jüngere. Ein Grund dafür mag sein, dass einige Arbeitgeber denken, die Amortisationszeit der Weiterbildung für die restliche Beschäftigungsdauer sei nicht ausreichend und rentiere daher nicht. Doch diese Sichtweise hält wohl kaum stand in Anbetracht dessen, dass erworbenes Wissen auch schnell wieder veraltet und bei generell längerer Erwerbstätigkeit die Kenntnisse auch länger genutzt werden können.

Lernfähig auch mit steigendem Alter

Erwiesen ist, dass die Lernfähigkeit mit dem Alter nicht generell abnimmt. Einzig bei der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung ergeben sich relativ früh Einbussen: Sie verläuft bei Menschen um die fünfzig langsamer als bei Menschen um die zwanzig. Auch die Übergangszeit vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis dauert bei Fünfzigjährigen normalerweise länger als bei Zwanzigjährigen.

Aufgrund ihrer Lernbiographie lernen* Ältere teilweise anders als Jüngere. Werden die Lehr- und Lernmethoden jedoch angepasst, gibt es kaum allgemeine Unterschiede der Lernfähigkeit. Ältere lernen vor allem gut, wenn die Sinnzusammenhänge einleuchten, wenn sie im Ganzen und nicht in Teilen lernen, wenn der Lehrstoff nicht zu schnell vermittelt und übersichtlich gegliedert wird. Sie lernen besser, wenn das zu Lernende an ihre Erfahrungen anknüpft. Mit dem «Überlernen» haben sie teilweise Schwierigkeiten – wenn also das neu zu Erlernende quer zu ihrem alten Wissen steht und sie dieses vergessen müssen.

Häufig fehlt es Älteren auch an einer gewissen Lerntechnik, vor allem wenn sie längere Zeit keine Weiterbildungen mehr absolviert haben. Schlechtere Leistungen bei Älteren sind zudem häufig weniger ein Zeichen nachlassender Lernfähigkeit als vielmehr bisheriger negativer Lernerfahrungen, was sich in Unsicherheit und mangelndem Zutrauen zu sich selbst zeigt, das Gelernte wiederzugeben oder umzusetzen. Dies wiederum kann sich negativ auf die Lernbereitschaft auswirken.

Auf die Rahmenbedingungen kommt es an

Ältere sind also durchaus lernfähig, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das Konzept des lebenslangen Lernens geht davon aus, dass wichtige Kompetenzen nicht nur in der Grundbildung erworben werden können, weil sich diese im Laufe des Lebens verändern. Neue Kompetenzen kommen hinzu und andere werden verlernt, weil sich die Anforderungen an die Menschen während ihres Erwachsenenlebens aufgrund des technologischen und strukturellen Wandels verändern. Die Kompetenzentwicklung dauert demnach während des gesamten Erwachsenenlebens an.

Weiterbildungen für ältere Mitarbeitende sind daher zentral. Auch deshalb, weil die Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte dazu geführt hat, dass ältere Arbeitnehmende vielfach geringere schulische und berufliche Grundqualifikationen aufweisen als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Das führt zu einem gewissen Nachholbedarf.

Wenn Ältere ihr Wissen, ihre Fertigkeiten und ihre Fähigkeiten nicht aktualisieren können, weil ihre Arbeitgeber sie von Umschulungen oder Weiterbildungen ausschliessen, birgt dies das Risiko, dass ihre vorhandene Qualifikationen für bestehende oder künftige Aufgaben nicht mehr ausreichen.

Die Neugier, die Freude am Lernen und die Anpassungsfähigkeit der Menschen sind individuell, keine Frage. Ebenso vielfältig sind die Gründe für Widerstände gegen Neuerungen und Weiterbildung. Dazu gehört auch die Angst, die Komfortzone zu verlassen und sich dem Unbekannten zu stellen. Damit sich – nicht nur – ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Lernprozesse einlassen, Ängste abbauen und gute Lernergebnisse erzielen können, lohnt es sich, sich über die Formen der Wissensvermittlung Gedanken zu machen, die dem bevorzugten Lernstil Einzelner oder ganzer Altersgruppen entgegenkommen.

*Unter «Lernen» wird hier das Neulernen als Wissensergänzung, das Umlernen und somit auch das Verlernen von veraltetem Wissen verstanden sowie die Umstellungsfähigkeit auf Neues und das Lernen des Lernens als übergeordnete Fähigkeit.


Anmerkung der Redaktion:

Wir freuen uns, Cordelia Kissling bei uns als Bloggerin zu begrüssen. Sie war zwischen 1997 und 2005 als Chefredaktorin Teil des Gründungsteams von HR Today. Heute arbeitet sie Teilzeit in der Personalkommunikation für die Stadt Zürich und ist zudem Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin.

2 comments for “Lebenslanges Lernen: Ja! Aber wie?

  1. 29. September 2018 um 9:22

    Long life Learning – ein altes Thema! => http://mitklarersicht.ch/?p=14
    „(…) Ältere Mitarbeitende – vor allem solche über 50 – sind weniger leistungsfähig…)“ In der Politik scheint diese Erkenntnis weitgehend zu fehlen! Die vielen alten Sesselkleber beweisen es! Gestartet habe ich als Handwerker. Ich wollte mehr. So kam ich zu einer ungewöhnlichen „Bogenkarriere“. 41 jährig stieg in ein Nachdiplomstudium ein.Ich musste mich gegen den damaligen Arbeitgeber durchsetzen. Irgend jemand hatte Angst vor Konkurrenz. Mit 49 wechselte ich und „stieg“ auf. Mit 58 wurde ich „Opfer“ einer geplanten Fusion. Die neuen Aufgaben würden eine jüngere, unverbrauchte Kraft erfordern…. Der Nachfolger war älter! Die Fusion ist nach 15 Jahren immer noch nicht vollzogen. Die erwartete Kostensenkung ist auch nicht eingetreten. Nachdem man mir also das Arbeiten „verboten“ hatte, begann ich mich selbständig zu beschäftigen. Dies war eine sehr vielseitige und vor allem äusserst befriedigende Tätigkeit. Der Erfolg liess nicht auf sich warten. Mit 70 musste ich leider klein beigeben, weil mich eine schwere Krankheit zu belagern begann. Heute gebe ich einer jüngeren „Kraft“ meine Erfahrungen kostenlos weiter! All es war nur möglich, weil ich mich stets aus- fort- und weitergebildet habe!

    • Anne-Sophie
      11. Oktober 2018 um 12:19

      Oh ja, da mit der Politik stimme ich ihnen zu. Und ich glaube, dass im Alter teils die Flexibilität verloren geht. Das Hinterfragen im Stil von, nur weil ich es die letzten 20 Jahre so und so gemacht habe, muss es nicht nur so und so gemacht werden, abnimmt!

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