Die Zuwanderung und die Personaldienstleister

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PersonaldienstleistungTrumps Mauer zwischen Mexiko und den USA oder der Brexit bezeugen es: Die Zuwanderung ist ein heiss diskutiertes Thema – auch in der Schweiz. Wir haben schon oft über Zuwanderungsfragen abgestimmt. Das nächste Mal im Mai 2020, wenn die Schweizer Bevölkerung zur Beurteilung der Begrenzungs- / Kündigungsinitiative an die Urne gerufen wird. Doch wieso dieses ganze Brimborium?

Ein kleines Land wie die Schweiz ist in Zeiten demographischer Alterung dringend auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Das ist ein volkswirtschaftlicher Fakt. Andererseits spielen die Emotionen mit: Mehr Menschen im Land bedeutet auch (potentiell) Druck auf die Verkehrsinfrastruktur, den Immobilienmarkt und den Arbeitsmarkt. Diesen Emotionen ist Rechnung zu tragen. Meines Erachtens am besten mit einer nüchternen Analyse und Klarstellung der Fakten.

Doch manchmal reichen Fakten allein leider nicht aus, um die Emotionen zu beruhigen. Deshalb werden politische Vorschläge ins Spiel gebracht und zuweilen von einer Mehrheit unterstützt, die zwar der Sache nur sehr bedingt dienlich sind, aber auf emotionaler Ebene zu punkten vermögen.

Zu den Fakten

Wie verhält es sich mit der Zuwanderung bei der Temporärarbeit? Immer wieder höre ich den Vorwurf, dass die Personaldienstleister die Zuwanderung beflügeln, indem sie tatkräftig im Ausland rekrutieren. Dem möchte ich an dieser Stelle nüchterne Zahlen entgegensetzen:

Erstens:

Von allen 320’000 Grenzgängern kommen nur 5,5% über den Personalverleih in die Schweiz. Mit dieser Quote sind Temporärarbeitende unter den Grenzgängern übervertreten. Der Anteil der Temporärarbeitenden an allen Erwerbstätigen in der Schweiz beträgt nämlich 2,4%.
Diese Quote zeigt aber auch, dass die Personaldienstleister nicht für die Grenzgänger-Zuströme verantwortlich gemacht werden können. 94,5% der Grenzgänger kommen über andere Kanäle in die Schweiz. Dies gilt nicht nur im gesamtschweizerischen Durchschnitt, sondern für jede Grenzregion, wie zum Beispiel in Genf (92,6%) und im Tessin (95,4%).
Wer also glaubt, er könne den Grenzgänger-Zustrom bremsen, indem er die Temporärarbeit beschränkt oder verbietet, den muss ich an dieser Stelle als reinen Populisten entlarven. Er spielt mit den Emotionen der Bevölkerung. Sein vermeintliches Rezept hat aber weder Hände noch Füsse.

Zweitens:

Diese 5,5% temporärarbeitende Grenzgänger entsprechen einem Anteil von 6,1% aller Temporärarbeitenden in der Schweiz. Und dieser Anteil ist über die letzten zehn Jahre stabil geblieben. Entgegen gewisser Unkenrufe rührt das starke Wachstum der Temporärbranche – 45% in den letzten 10 Jahren – somit nicht von der Grenzgänger-Population.
Die Behauptung, wonach das starke Wachstum der Temporärarbeit nur dank der Zuwanderung möglich gewesen sei, ist schlicht falsch. Das Wachstum der Temporärarabeit entstand durch die Erschliessung neuer Kandidatengruppen, insbesondere im Segment der Fachkräfte und Spezialisten.

Fazit:

Ja, die Personaldienstleister rekrutieren im Ausland, wenn es die Wirtschaftslage erfordert. Sie haben dafür gut eingespielte Kanäle, die es ihnen erlauben, die Einsatzbetriebe mit den erforderlichen Fachkräften zu bedienen, damit das Schweizer BIP wachsen kann. Auch wenn die Temporärarbeitenden unter den Grenzgänger stärker vertreten sind als in den übrigen Erwerbstätigengruppen, kommen jedoch die meisten Grenzgänger über andere Wege in die Schweiz.

Zu guter Letzt sei noch angefügt: Zum Glück kommen noch immer viele Grenzgänger zu uns – egal ob temporär oder fix. Denn der Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort Schweiz sind auf diese Zuwanderung angewiesen.

Grafik: Anteil der temporärarbeitenden Grenzgänger, verglichen mit allen Grenzgängern.

Anmerkung: Die erwähnten Zahlen stammen vom Bundesamt für Statistik, dem Staatssekretariat für Migration und Berechnungen von swissstaffing.

1 comment for “Die Zuwanderung und die Personaldienstleister

  1. 2. Januar 2020 um 9:22

    Wie auch immer: Die Zeitarbeit ist längst fest etabliert. Rund eine Million Beschäftigte sind inzwischen Leiharbeitnehmende, mit Schwerpunkten in der Industrie, im Transportgewerbe und bei ausgewählten Dienstleistungen – vor 20 Jahren waren es weniger als 200’000. Die meisten der Arbeitsverhältnisse sind dabei sozialversicherungspflichtige Vollzeitstellen, verdienen also das Prädikat «normal» und nicht «prekär», auch wenn das Qualifikationsniveau der Stelleninhaber in der Regel niedriger ist als im Durchschnitt des Arbeitsmarkts.

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