Seit zehn Jahren untersucht Professor Dr. Jäger von der Hochschule RheinMain die Online-Arbeitgeberauftritte der grössten Konzerne Deutschlands. Jetzt wurde das bewährte Konzept auf die Schweiz übertragen. Eine der Erkenntnisse: Viele Schweizer Firmen folgen den Kommunikationsgewohnheiten ihrer Zielgruppen noch nicht konsequent.
Happy Birthday, liebes Internet. Nur 25 Jahre hast Du gebraucht, um unser Leben in fast allen Belangen auf den Kopf zu stellen. Längst nicht nur für die Millennials ist das Web fester Bestandteil des Alltags. Auch für Stellensuchende ist das Internet das Leadmedium – informieren und bewerben laufen heute fast ausschliesslich digital ab. Doch wie gut haben sich die Schweizer Arbeitgeber mittlerweile darauf eingestellt? Unterschiedlich, könnte man die Antwort der Studie arbeitgeberauftritt.ch zusammenfassen. So ungefähr ein Drittel der grössten Schweizer Arbeitgeber machen schon einen guten Job. Unter den übrigen zwei Drittel fallen drei Punkte auf:
Mobile
Die Schweiz hat eine der höchsten Smartphone-Dichten der Welt. Über 80 Prozent gehen mittlerweile smart ins Internet. Folge: Viele Websites – beispielsweise Newsportale – werden längst nicht mehr hauptsächlich vom «stationären PC» aufgerufen, sondern von unterwegs, sprich vom Smartphone oder Tablet aus. Diese Entwicklung scheint noch nicht bei allen Arbeitgebern angekommen zu sein. Fast die Hälfte der Unternehmungen locken ihre Interessenten in mobile Sackgassen. Ihre Websites (40 Prozent nicht fit für Mobile) und Stelleninserate (49 Prozent nicht fit für Mobile) sind nicht für die Ansicht auf den kleineren Screens der Smartphones und Tablets optimiert. Und das vereinfachte Bewerben direkt aus dem Smartphone ist erst bei wenigen Firmen möglich (25 Prozent). «Damit verärgern Schweizer Arbeitgeber potenzielle Bewerberinnen und Bewerber, die einfach zur Konkurrenz weitersurfen. Die Personaler müssen noch konsequenter eine ‹Mobile First› Haltung einnehmen, um bei den Bewerberinnen und Bewerbern mit ihren Botschaften Gehör zu finden», sagt Professor Dr. Wolfgang Jäger, Mitherausgeber der Studie.
Videos
Ge-brauchs-an-wei-sung. Kommende Generation dürfte die Erklärung zu diesem Wort in ein ungläubiges Staunen versetzten. Viele Geräte führen die Benutzer heute schon praktisch vollautomatisch zum Ziel bzw. durch die Installation – Billettautomaten mal ausgenommen. Den Rest erledigt das Internet, zum Beispiel in Form informativer Foren mit einem Peer-to-Peer Austausch. Die jüngeren Zielgruppen (und nicht nur sie) setzen zudem stark auf Video, bei Gebrauchsanweisungen und allem anderen – natürlich auch bei der Berufs- und Arbeitgeberwahl. Youtube gehört zu den meistbenutzen Webseiten der Welt.
Videos sind ganz generell, egal ob auf den eigenen Webseiten, auf Plattformen wie Youtube oder Vimeo gehostet oder über Facebook ausgespielt, eine feine Sache für die Personalreklame. Sie lassen Menschen zu Menschen sprechen und sind deshalb für die Vermarktung von Stellen speziell geeignet. Schliesslich geht es im Job nicht nur um die Arbeit im engeren Sinne: Die Zufriedenheit wird stark geprägt von der Zusammenarbeit mit den Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen und den Vorgesetzten. Geschichten aus der Arbeitswelt in den Unternehmen, erzählt von richtigen Mitarbeitenden, werden von den Interessierten als speziell glaubwürdig wahrgenommen. Studien zeigen sogar, dass die Bewerbungsabsicht steigt, wenn Jobs mit Videos beworben werden. Trotzdem nutzt erst die Hälfte der Schweizer Arbeitgeber bewegte Bilder, um zu bewegen. Gute Beispiele von Arbeitgebervideos gibt es genug – zum Beispiel beim Studiensiegerin Migros, der Zweitplatzierten Swisscom oder auf dem Blog der Baloise, der dritten Arbeitgeberin auf dem Treppchen. Aber auch viele andere haben zum Teil sehr schöne und kreative Videos produziert – die Swiss gehört dazu, die SBB, aber auch der Kanton Aargau überzeugt mit Bewegtbildern und einem herrlichen Schuss Ironie. Und ganz neu setzt auch die Stadt Bern auf Video, um den Sinn eines Engagements bei einer der schönsten Städte der Schweiz aufzuzeigen – mit richtig sympathischen Persönlichkeiten und starken Bildern der Stadt Bern.
Bildsprache
Eine wenig überraschende Erkenntnis aus der Studie: Die Bildsprache ist vielerorts – nett ausgedrückt – verbesserungswürdig. Viele Unternehmen publizieren völlig lustlos und uninspiriert veraltete Bilder, setzen auf die dauergrinsenden «Plastikmenschen» («Foto typähnlich») irgendwelcher Bilderdatenbanken oder verzichten ganz auf aussagekräftige Bilder. Fatal, denn textlastige Arbeitgeberauftritte entsprechen nicht mehr den heutigen Informationsgewohnheiten der Stellensuchenden. Fast die Hälfte (43 Prozent) der Schweizer Arbeitgeber setzen auf unpersönliche, kalt wirkende «Musterfotos» oder verzichten ganz auf Bilder ihrer Mitarbeitenden. Bei den untersuchten Städten und Kantonen sind es gar über 60 Prozent. Richtig schöne Bilder gibt es zum Beispiel auf der Seite des SV Service, einem der Top 10 Unternehmen.
Zitat: „Über 80 Prozent gehen mittlerweile smart ins Internet.“
Richtig: „Über 80 Prozent gehen mittlerweile AUCH smart ins Internet.“
Sonst entsteht der Eindruck, daß 80% ausschließlich per Smartfon ins Internet gehen. Und das ist nicht der Fall. Die Zahl der Internetnutzung steigt zwar. Aber die Zahl der Internetnutzung via Smartfon ist nur geringfügig höher als die mit anderen Geräten.
Leider werden, meiner Meinung nach, die guten Werbungen zu oft nachgeahnt und werden somit zum Mainstream. Eine Marlboro-Werbung kann ich ohne das Logo am Schluss des Videos nicht mehr von einer Swisscom- oder SBB-Werbung unterscheiden.