Eigentlich ist es einfach. Wenn wir an unseren Arbeitsplätzen und in unseren Unternehmen eine bestimmte Kultur etablieren wollen, müssen wir uns entsprechend verhalten. Menschen in exponierten Positionen haben den Vorteil als Rollenmodell vorangehen zu können. Dieser Anspruch kann auch zur Bürde werden, wenn solche Leuchttürme mit ihrem Verhalten die erwünschte Kultur im Unternehmen verhindern. Was ist also zu tun?
Wer eine Coaching-Kultur will, muss etwas mit Coaching machen. Mir liegen verschiedene Fallvignetten aus der Konzernwelt vor, in denen man darüber nachdenkt Coaching einzusetzen, die Verantwortlichen jedoch selbst noch nie echte eigene Erfahrung damit gemacht haben. Mitglieder aus der C-Level-Suite, Bereichsleitende, Teamleitende und Verantwortliche für Personalentwicklung berichten, dass sie längst Mitarbeitende zum Coaching schicken, jedoch selbst keine eigene Erfahrung haben. Merkwürdig nicht?
Zur Implementierung einer Coaching-Kultur scheint es hilfreich, wenn Leuchttürme – Menschen deren Verhalten im Unternehmen von vielen ganz genau beobachtet wird – anfangen persönliche Erfahrungen in diesem Beratungsformat zu sammeln. So können sie fundiert evaluieren, was Coaching taugt, wie es wirkt und wo Grenzen liegen. Das entspricht dann dem letzten der drei Wege des Verstehens; (1) sich überlegen, wie etwas sein könnte, (2) es sich von anderen erzählen lassen, oder eben (3) der Königsweg, etwas selbst erfahren. Was Hänschen und Susi nicht lernen, lernen Hans und Susanne nimmermehr?
Weg von Lippenbekenntnissen und Papiertigern
Wenn wir mehr Coaching-Kultur haben möchten, scheint es also ratsam, bald damit anzufangen, sich mich Coaching ernsthaft zu befassen. Reine Lippenbekenntnisse, umfangreiche Papiertiger und angeordnete Alibiprogramme als Verordnung für andere reichen in den meisten Fällen nicht. Stattdessen sollten wir uns selbst coachen lassen, anderen Coaching ermöglichen und unsere Kompetenzen in diesem Bereich erweitern und austauschen. Als Konsequenz davon wird es nur schwer zu verhindern sein, dass Coaching in unseren Führungsstil, unsere Kommunikation und unsere Zusammenarbeit einfliesst. Doch sollen wir eine solche Kultur wirklich wagen?
Es ist nicht schwierig eine Coaching-Kultur im Unternehmen zu etablieren, bedeutet jedoch Arbeit, wenn damit auch nachhaltige Organisationsentwicklung gemeint ist. Top-down brauchte es dazu glaubwürdige Rollenmodelle als Sponsoren für Coaching. Bottom-up kann Coaching bei Mitarbeitenden und Teams unterstützend wirken. Middle-up-Down können interne und externe Fachleute für Coaching unterstützen und beraten. In diesem Zusammenspiel und mit einer geteilten Wertschätzung für Coaching über alle Hierarchiestufen, könnte sich eine Coaching-Kultur entwickeln. Was hält uns noch zurück?
Es ist in jedem Fall zu prüfen, ob unser Unternehmen vielleicht gar keine Coaching-Kultur braucht und inwiefern die Verantwortlichen das allenfalls auch nicht wollen. Diese werden ihre guten Gründe dafür haben und wir können sie bei der nächsten Gelegenheit mal danach fragen. Coaching-Kultur ist dann vielleicht nichts für sie! So einfach.