Jobhopping per Mausklick

Print Friendly, PDF & Email

Blogger-Vignette-11_BlogRecruiter machen Interessenten das Bewerben leicht. Ein paarmal mit der Maus geklickt, ein paarmal auf den Handy-Display getippt – schon ist es geritzt. Man muss nicht mal mehr Suchleistungen erbringen, um ein Unternehmen geografisch zu lokalisieren. Klick! – schon ist der Ortsplan auf dem Display. Es ist ein Kinderspiel, einen passenden Job zu finden. Und wenn er nicht den Vorstellungen entspricht – Klick! – Angebote gibt es ja genügend.

Diese Möglichkeiten implizieren, dass jeder locker immer wieder einen Job findet. Junge Menschen nutzen die Angebote, die Internet und clevere Recruiter ermöglichen. Ältere Erwerbstätige, die bereits mit vierzig realisieren, dass ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt nachlässt, machen andere Erfahrungen. Junge, die mit dem Bewusstsein aufwachsen, dass man Jobs wie Unterwäsche wechseln kann, wenn es etwas schwierig wird, werden auch älter und die meisten müssen realisieren: Passende Jobs mit adäquater Herausforderung und Förderung wachsen nicht auf Bäumen und fallen nicht vom Himmel.

Einerseits wird das Jobhopping bei jungen Menschen mit impliziten Botschaften, mit niedrigen Schwellen zu einem neuen Job gefördert. Anderseits kann man ein anderes Phänomen beobachten: Das Verharren in einem Job bei leichter Unzufriedenheit. Ein brasilianischer Musiker erklärte bei der Zugabe bei einem Konzert: «Das Stück hat einen portugiesischen Titel, den man nicht auf Deutsch übersetzen kann. Er meint das Gefühl, etwas zu vermissen, von dem man nicht mal weiss, was es ist.» Es ist eine leise Art von Sehnsucht, ein Gefühl von «Ich bin nicht da, wo ich hingehöre». Viele Erwerbstätige kennen es. Wird dieses Gefühl nicht ernstgenommen, wächst die Unzufriedenheit immer stärker. Meist «funktionieren» die unzufriedenen Arbeitnehmer trotzdem. Sie fallen nicht auf, sind angepasst. Nur Begeisterung und Freude für den Beruf haben sich verflüchtigt.

Was ich mir als Laufbahnberaterin wünsche: Einerseits, dass es für Bewerber einen gewissen Aufwand und eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Kompetenzen und Zielen, aber auch mit einem potenziellen Job, dem Arbeitgeber-Unternehmen und der gewünschter «Arbeitslandschaft» bedeutet, wenn sie sich bewusst beruflich neu positionieren wollen. Anderseits, dass Vorgesetzte und HR-Fachpersonen ihren Mitarbeitenden Sorge tragen, leichte Unzufriedenheit ansprechen und gemeinsam mit den Mitarbeitenden nach Lösungen suchen, bevor schleichende Resignation oder innere Kündigung – oder eine Stellenaufgabe – erfolgen. Verantwortungsbewusst gestaltete Stellenwechsel mit Fokus auf die berufliche Entwicklung sind ein relevanter, positiver Faktor der Laufbahngestaltung – leichtfertiges Jobhopping aber lohnt sich langfristig weder für das Unternehmen noch für den Arbeitnehmer.

 

Buchtipp: Regula Zellweger: Mit einer neuen Stelle zum Erfolg. 100 Seiten. ask! − Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau, 2015.

2 comments for “Jobhopping per Mausklick

  1. 2. September 2016 um 8:34

    Guten Tag Herr Krebs

    Danke für Ihre Antwort – und dass Sie sich als Personaler Zeit nehmen, ernsthafte Bewerbungen wohlwollend-kritisch zu prüfen. Die „Vielbewerberei“ hat ihren Grund manchmal auch in den Anforderungen der RAV – dies beschert dann Personalern, die so denken wie Sie, oft unnötige Arbeit. Dann verstehe ich auch, dass man nicht den Nerv hat, Zeit dafür aufzuwenden.
    Einer Bewerbung soll man ansehen, dass nicht „gesprinkelt“ wurde, sondern vorgängig sorgfältig über das Unternehmen und die Branche recherchiert wurde.
    Sich beruflich positionieren heisst, sich erst mal eine Landkarte der Welt zu schaffen, in die man sich „hineinpositionieren“ will.

  2. Krebs Heinz
    1. September 2016 um 12:25

    Nun ja, in der heutigen, schnelllebigen und „easy-going“ Zeit erscheinen solche Job-Angebote mit niedrigem Bearbeitungsaufwand aus Sicht der Bewerbenden natürlich verlockend.
    Und ich bezweifle auch nicht, dass das bei gewissen Berufen/Job-Kategorien auch tatsächlich funktioniert.

    Aber wie soll dann eine qualifiziere Vorselektion erfolgen?
    Ich bleibe dabei – und stimme daher der Verfasserin dieses Blogs klar zu – ich freue mich auch eine vollständige und sauber abgefasste Bewerbung. Das vermittelt mir nämlich schon einen ersten Eindruck über diese Person…

    Als seriöser Personaler prüfe ich diese dann auch gerne und umfassend.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert