Change oder Run the Bank? Neue Rollen sind gefragt

Print Friendly, PDF & Email

DigitalisierungDie Zukunft der Arbeit verlangt nicht nur neue Räumlichkeiten und eine aufgefrischte digitale Arbeitsumgebung. Genauso wichtig sind neue Prinzipien bei der Organisation der Arbeit. In immer mehr Unternehmen häufen sich parallele Modi der Arbeitsteilung. Exemplarisch dafür sind die Begriffe aus dem Finanzsektor, wo die Manager zwischen «Run the Bank» und «Change the Bank» unterscheiden. Im Modus «Run the Bank» werden das Tagesgeschäft erledigt und die Kernprozesse verbessert. Dagegen zielt der Modus «Change The Bank» darauf ab, die Grundlogik zu verändern. Damit ist letztlich das Geschäftsmodell gemeint, also die Art und Weise, wie für Kunden Wertschöpfung erbracht wird.

Diese beiden unterschiedlichen Modi der Arbeitsorganisation finden sich in den meisten Unternehmen. Es sind ja nicht nur die Banken, die sich angesichts drohender Disruption rasch verändern wollen. Während der Run-Modus in historisch gewachsenen Strukturen stattfindet, werden diese im Change-Modus bewusst aufgebrochen. Traditionelle Strukturen sind geprägt von Hierarchien und Abteilungen, wobei die zu erledigende Arbeit systematisch im Voraus aufgeteilt wird. Um ein Unternehmen zu verändern, sind diese Strukturen jedoch oft hinderlich. Ergänzend finden sich deshalb Projektorganisationen, in denen interdisziplinär und hierarchieübergreifend gearbeitet wird. Die anfallende Arbeit kennt man hier im Voraus nur bedingt.

Mit den unterschiedlichen Strukturen gehen in der Regel divergente Kulturen einher. Nicht nur weil die Geschwindigkeit anders ist, sondern auch weil unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten angezogen werden. Hierarchien und Abteilungen schaffen Sicherheit, Projekte stehen dagegen stellvertretend für ein selbstbestimmtes Arbeiten. Das birgt die Gefahr eines fehlenden Zusammenhalts, einer Abspaltung von Unternehmensbereichen, einer Zwei-Klassen-Gesellschaft oder auch des Ressourcenverschleisses durch eine fehlende Übersicht. Um diesen Gefahren zu begegnen, braucht es neue Rollen im Unternehmen. Deren primäre Aufgabe ist es, die Modi auszugleichen oder anders ausgedrückt die Vernetzung im Unternehmen zu erhöhen.

Mindset Prediger: Je mehr unterschiedliche Strukturen, Kulturen und gleichzeitig laufende Projekte es im Unternehmen gibt, desto grösser wird die Herausforderung des strategischen Alignments. Damit ist die Schwierigkeit angesprochen, die Ressourcen und Handlungen aller Mitarbeitenden an einem gemeinsamen Ziel auszurichten. Mindset Prediger berichten im ganzen Unternehmen über die Visionen, gemeinsamen Werte, erlebte Erfolge und Erkenntnisse der ausgestandenen Misserfolge. Durch ihre Tätigkeit einen die Prediger die Kultur und sorgen dafür, dass in der Vielfalt die Gemeinsamkeit nicht verloren geht.

Projektcoaches: Projekte sind weitgehend selbstorganisiert. Dabei kann zum einen der Blick für das Ganze verloren gehen. Projektcoaches zeigen auf, wie ein Projekt mit anderen Projekten verbunden ist und bringen Mitglieder aus unterschiedlichen, aber zusammenhängenden Projekten an einen Tisch. Sie machen auf Doppelspurigkeiten und Synergien aufmerksam. Zum anderen sind sie da, wenn ein Projektteam an Grenzen stösst oder von aussen ein Feedback erhalten möchte. Durch ihre Erfahrung und die gleichzeitige Einsicht in viele Projekte stellen Projektcoaches die klugen Fragen, die Teams weiterbringen.

Human Capital Broker: Die Projektorganisation verlangt sowohl Transparenz über die im Betrieb laufenden Projekte als auch die Fähigkeiten, die für diese zur Verfügung stehen. Damit sind nicht nur die Kompetenzen der Mitarbeitenden gemeint. Immer wichtiger wird auch das Know-how von ehemaligen Mitarbeitenden, externen Know-how-Lieferanten und Kundinnen. Broker können sich entweder als interne Stellenvermittler verstehen oder aber eine digitale Plattform zur Vermittlung von Projekten und Know-how-Trägern anbieten. Je mehr Daten über die Mitarbeitenden existieren, desto mehr werden Human Capital Broker zu People-Analytikern.

Wissenskuratorinnen: Daten, Wissen und Ideen sind die wichtigsten Güter in der digitalen Wirtschaft. Doch die Informationsflut der digitalen Organisation bedroht die Effizienz des Informationsflusses und steht dem Aufbau von kollektiver Intelligenz im Wege. Wissenskuratoren sammeln die wichtigsten Erkenntnisse in unterschiedlichen Bereichen und auf allen Hierarchiestufen des Unternehmens. Das Sammeln ist die Grundlage, um in einem zweiten Schritt dieses Wissen zu verdichten und in geeigneter Form für den Rest des Unternehmens aufzubereiten. Die Arbeit der Kuratoren gleicht der Arbeit von Journalisten und Museumsdirektoren, die das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen und in Szene setzen.

Ausführlicher Bericht zum Thema

Joël Luc Cachelin: 8 Neue Rollen für die digitale Organisation

Weiterführende Literatur

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert