Die Pandemie wütet nun schon ein ganzes Jahr, und der Wirtschaft geht es verhältnismässig gut, wie die neuesten Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft zeigen. Ein wesentlicher Anstieg von Konkursen ist nicht zu beobachten. Und auch die Arbeitslosigkeit steigt nur langsam. Das Einzige, was explodiert ist, ist die Kurzarbeit. Somit alles in Butter?
Natürlich ist es sehr erfreulich zu sehen, dass – mit ein paar erschütternden Ausnahmen in einzelnen Branchen – die Gesamtwirtschaft der Pandemie standhält. Im internationalen Vergleich verzeichnete die Schweiz im vierten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr einen kleinen BIP-Einbruch von -1,6 Prozent. Deutschland ist dagegen gemäss Eurostat mit -3,6 Prozent geschrumpft und der Euroraum sogar mit -4,9 Prozent.
Gleichzeitig darf man aber nicht aus den Augen verlieren, dass der Staat die Wirtschaft in den letzten zwölf Monaten mit sehr viel Geld unterstützt hat – sei es mit direkten Liquiditätshilfen oder über die Kurzarbeit. Wir befinden uns gewissermassen in einer künstlichen Situation. Der Staat stützt, wo er nur kann. Und wir wissen nicht, wie es um die reale Beschaffenheit der Wirtschaft bestellt ist: Sind die Balken, die das Haus tragen, durch das pandemische Unwetter schon morsch geworden und brechen zusammen, wenn die Stützen abgebaut werden? Oder sind sie noch standfest und das Haus selbsttragend, sobald das Unwetter vorbeigezogen ist?
Vorsicht vor der Planwirtschaft
Wie sich leider herausgestellt hat, ist die Pandemie von Dauer. Je länger diese Situation anhält, desto eher sind Staatsinterventionen in Frage zu stellen. Erstens ist die Staatskasse kein Fass ohne Boden. Alles was heute ausgegeben wird, fehlt morgen und muss wieder kompensiert werden. Es ist wohl nicht verwegen zu vermuten, dass Steuererhöhungen drohen. Solche würden sich dann aber dämpfend auf die sich erholende Wirtschaft auswirken.
Zweitens zeigt sich erst, wie es wirklich um die Wirtschaft bestellt ist, wenn die unterstützenden Massnahmen auslaufen. Die befürchteten Konkurs- sowie Massenentlassungswellen könnten dann Realität werden und die Erholung der Wirtschaft weiter hinauszögern. Bei allen schmerzlichen Einzelschicksalen ist mit zunehmender Zeit trotzdem Vorsicht geboten. In die Planwirtschaft sollte man nicht abdriften.
Chancen und Risiken der Kurzarbeit
Auch die Kurzarbeit ist ein stützendes Instrument, das den wahren Zustand der Wirtschaft bzw. des Arbeitsmarkts verschleiert. Die Kurzarbeit ist eigentlich dazu gedacht, Arbeitsplätze, die längerfristig Bestand haben werden, über eine akute Krisensituation hinweg zu retten.
Nach einem Jahr Ausnahmezustand ist aber bei einigen dieser bewahrten Arbeitsplätze vermutlich noch überhaupt nicht klar, ob sie nach der Krise fortbestehen werden. Deshalb gilt auch hier grosse Vorsicht. Je länger und je verbreiteter die Kurzarbeit bleibt, desto grösser das Risiko, dass die Bauchlandung heftig wird.
Temporärarbeit statt Kurzarbeit?
Eine Alternative zur Kurzarbeit, die weder Staatskosten produziert noch den wahren Zustand des Arbeitsmarkts verschleiert, ist die Temporärarbeit. Bereits während des ersten Lockdowns waren deutliche Verschiebungen der Temporäreinsätze zu verzeichnen. In geschlossenen Branchen wie Event oder Gastronomie brachen die Temporäreinsätze weg. Dagegen boomte die Nachfrage in den pandemiebedingt wachsenden Sektoren wie Onlinehandel, Logistik und Gesundheitswesen. Verschiedentlich konnten Temporärarbeitende von den krisengeschüttelten in die stark nachgefragten Branchen wechseln.
Die Personaldienstleister erfüllen dabei eine zentrale Scharnierfunktion am Arbeitsmarkt, welche, wie sich nun zeigt, auch in ungewohnt heftigen Krisensituationen greift. Mit der Hilfe der Personaldienstleister kann der Arbeitsmarkt einen Teil seiner Probleme selber lösen.
Natürlich ist die Temporärarbeit nicht in jedem Fall eine funktionierende Lösung. Auch die Temporärbranche hat die Krise deutlich zu spüren bekommen mit einem Einbruch der Einsatzstunden von minus 14 Prozent im Jahr 2020. Und in gewissen Fällen, z. B. bei Projekteinsätzen, wären auch Temporärarbeitsstellen über die Krise hinaus via Kurzarbeit schützenswert, was aber gesetzlich nicht vorgesehen ist. Insgesamt täte aber weniger Kurzarbeit und dafür mehr Temporärarbeit Wirtschaft und Staatskasse gut.
Perfekt getroffen! Danke Myra.