Wenn es Freude macht, ist es doch keine Arbeit!

HR-PraxisWerte, Sinnhaftigkeit und somit auch die Einstellung zu unserer beruflichen Tätigkeit kann sich dem aktuellen Wandel in der Arbeitswelt nicht verschliessen. Was lassen wir hinter uns, was brauchen wir für unser künftiges Verständnis von Arbeit und vor allem, was bedeutet das für das HR und die Führung in Unternehmen.

«New Work» ist das Schlagwort, wenn es darum geht, die künftige Arbeitswelt zu umschreiben. Vieles an althergebrachten Mustern wird zurecht kritisch geprüft, hinterfragt in die Waagschale gelegt, wenn es darum geht, das Morgen zu gestalten. Von Gestern ist jener, der sich dem «Zeitgeist des Change-Managements» nicht verpflichtet fühlt. Und doch gibt es in all den dynamischen Prozessen eine Konstante, die aus meiner Sicht gerade heute zu wenig Beachtung findet.

Der Mensch mit all seinen seelischen Aspekten versucht sich in Zeiten dieser Veränderungen zurecht zu finden. Da ist die angesprochene Digitalisierung, die immer mehr Distanz zum praktischen Erleben und Verstehen der Dinge schafft, Arbeitsmodelle, die ein neues Verständnis von Beruf und Privatleben fordern, ein wirtschafts-politisches Umfeld, das gesellschaftlich zunehmend verunsichert. All diese Faktoren schaffen es nicht, die grundlegenden Bedürfnisse des Individuums wie Zuwendung, Anerkennung, Zugehörigkeit, Sicherheit etc. zu verändern. Soziale Bindungen und die Sinnhaftigkeit der Arbeit sind die tragenden Säulen der Lebensaufgabe die da heisst: Persönliche Entwicklung. Ich bin mir nicht sicher, ob der Trend der Arbeitsgestaltung rund um das Privatleben oder auch das zunehmende Delegieren von Verantwortlichkeiten an Systeme die Sinnfindung gegenüber einer Tätigkeit fördert.

Trotzdem oder gerade deshalb sucht man sich über persönliche und unternehmerische Werte zu definieren. Verantwortung, Respekt, Sicherheit, Toleranz, all das ist im gemeinsamen Umgang miteinander absolut sozial verträglich, dient als Gehhilfe eines konstruktiven Miteinander, ersetzt aber nicht das Wesentliche: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit meiner Arbeit! Decken die aufgezählten Attribute dieses Bedürfnis ab?  

Es mag sein, dass ich durch meine Tätigkeit als ausgebildeter Notfallpsychologe einen direkteren Kontakt zum Thema der Sinnfindung pflege. Auf den Punkt gebracht geht es am Ende, rückblickend auf mein Leben nur um eines: «Was habe ich persönlich dafür getan, mein Leben mit Sinnhaftigkeit auszufüllen?» Wenn es nicht gelingt, durch die eigene Berufung einen inneren Bezug zum Leben herzustellen, verkümmert dieses im wahrsten Sinne des Wortes in der Sinnlosigkeit. Auch durch die Kompensation im Aussen (beispielsweise Konsum- Anspruchshaltung etc.) kann das nur ungenügend ausgeglichen werden.  

«Wenn ich mich am Morgen nicht mehr auf die Arbeit freue, hat genau dieser Prozess eingesetzt.» Diese Erkenntnis wird die Arbeitswelt 4.0 überdauern, ganz einfach darum, weil sie schon immer da war und in der Anlage des Menschen auch in Zukunft verankert sein wird. 

Unternehmen und vor allem das HR wird sich in diesen turbulenten Zeiten neue Fragen stellen, wenn es darum geht Mitarbeitende zu gewinnen, zu halten oder auch nicht zu verlieren.

  • Wie gelingt es ein sinnstiftendes Umfeld im Unternehmen aufrecht zu erhalten, zu gestalten?
  • Was bedeutet diese Herausforderung für die Rekrutierung?
  • Welche Instrumente im Weiterbildungsbereich unterstützen die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden?
  • Werden auch künftig in erster Linie Ausbildungen an Hochschulen die Legitimation von Führungskräften bestimmen?

Darauf Antworten zu finden, Ideen zu kreieren und umzusetzen, das wird für das Management der «Challenge» sein im neuen Jahr!

Unsichere Zeiten und Krisen haben bei Menschen und Unternehmen gleichermassen eines gemeinsam: Sie offenbaren, was in der Vergangenheit unter den Teppich gewischt wurde. Die einen Unternehmen werden sich diesen Herausforderungen stellen, andere versuchen auch weiterhin durch kurzfristige Alibimassnahmen dem Wandel ein Schnippchen zu schlagen. Es ist wie so oft im Leben, der Leidensdruck entscheidet darüber, die Komfortzone zu verlassen…

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