Sind Temporärarbeitende teurer als Festangestellte?

Personaldienstleistung Myra Fischer-RosingerViele HR-Leute, Unternehmen und Personaldienstleister beschäftigt die Frage nach dem Preis von Temporärarbeit. Immer wieder wird kolportiert, dass Temporärarbeitende viel teurer seien als Festangestellte und die Personaldienstleister massive Gewinne einstreichen. Dem muss ich widersprechen.

Am Personaldienstleistermarkt herrscht ein intensiver Wettbewerb: Der Markt ist stark fragmentiert und mehrere grosse Personaldienstleister sowie sehr viele kleine bis Kleinst-Personaldienstleister beliefern die Wirtschaft mit flexiblen Arbeitskräften. Insgesamt gibt es in der Schweiz über 1000 Personaldienstleister. Das belebt den Wettbewerb zum Nutzen der Kundinnen und Kunden, also einerseits den Einsatzbetrieben und andererseits den Temporärarbeitenden. Sie können die Wahl ihres Personaldienstleisters vom Preis bzw. Lohn abhängig machen sowie vom Profil der/des Mitarbeitenden bzw. des Temporärjobs. Darum: Nein, in solch einer Marktstruktur können volkswirtschaftlich gesehen keine überhöhten Gewinne für die Personaldienstleister resultieren.

Und der Faktencheck bestätigt dies: Ein von Swiss Economics erstellter ökonomischer Vergleich der Kosten von Festangestellten und Temporärarbeitenden im Gesundheitswesen zeigt, dass die Kosten der beiden sehr ähnlich sind, wenn Äpfel mit Äpfeln verglichen werden.

Die Kosten einer Festanstellung liegen weit über dem Lohn

Prima vista sind Temporärarbeitende im Gesundheitswesen teurer als Festangestellte. Vergleicht man den durchschnittlichen Preis einer temporärangestellten Person im Gesundheitswesen mit dem durchschnittlichen Lohn einer festangestellten Person, resultiert eine markante Differenz. Aber dieser Vergleich hinkt.

Im Preis für die Temporärarbeitenden sind nebst dem Lohn weitere Kostenpunkte abgedeckt, die im Falle einer Festanstellung beim Einsatzbetrieb anfallen würden: Arbeitgebersozialbeiträge, Lohn während Abwesenheitsphasen (Ferien, Feiertage, Mutter-/Vaterschaft, Krankheit) sowie interne HR-Kosten für Rekrutierung, Administration und Einsatzplanung. Berücksichtigt man die Vollkosten einer Festanstellung, reduziert sich die Kostendifferenz zu Temporärarbeitenden auf noch 13 Prozent.

Und diese Differenz ist berechtigt. Denn der Vergleich greift noch immer zu kurz. Schliesslich bringen Temporärarbeitende dem Unternehmen etwas, das Festangestellte nicht, oder weniger, bereitstellen – nämlich Flexibilität. Temporärarbeitende werden insbesondere eingesetzt, um unbesetzte Stellen oder Abwesenheiten zu überbrücken und um auf Auftragsschwankungen zu reagieren. Ohne sie müssten die Einsatzbetriebe auf interne Flexibilitätslösungen ausweichen, zum Beispiel teurere Überstunden oder interne, flexible Personalpools. Flexibilität hat also einen Preis.

Temporärarbeit liefert Flexibilität zu effizientem Preis

Dem erwähnten Gutachten kann man ebenso entnehmen, dass am Personaldienstleistermarkt ein fairer Preis für die bereitgestellte Flexibilität resultiert. Dazu vergleichen die Ökonomen die Kosten der Temporärarbeit mit den Kosten interner Flexibilitätslösungen im Unternehmen wie Überzeit oder interne Pools. Mit dieser Optik schrumpft die Kostendifferenz von 13 Prozent auf 0 Prozent.

In gewissen Fällen ist Temporärarbeit sogar günstiger als interne Flexibilitätslösungen, wie anhand eines Spitals gezeigt wird. Der Einsatz von Temporärarbeitenden ist in diesem Fall günstiger, als wenn das Spital Überzeit beim Personal anordnet oder eigene Pools von flexiblen Mitarbeitenden schafft, um den schwankenden Arbeitsanfall zu bewältigen.

Fazit

Flexibilität in der Belegschaft hat ihren Preis. Der funktionierende Wettbewerb am Personaldienstleistermarkt sorgt dafür, dass ein effizienter Preis für Flexibilität resultiert. Es ist ein rationaler Entscheid von Unternehmen, für die Flexibilisierung ihrer Belegschaft auf Temporärarbeit zu setzen. Die Personaldienstleister sind Profis in der Bereitstellung von Flexwork-Lösungen. Die Einsatzbetriebe können sich derweil auf ihre Kernkompetenzen fokussieren.

1 comments for “Sind Temporärarbeitende teurer als Festangestellte?

  1. JMG
    30. Oktober 2025 um 14:07

    Höhere Kosten von 13% sind noch immer betriebswirtschaftlich kaum sinnvoll. Es stellt sich auch die Frage, ob die 13% nicht lieber dem eigenen Personalpool als Gegenleistung für flexibles Einspringen weitergegeben werden sollten.
    Ich finde Outsourcing schon grundsätzlich fragwürdigt, aber Outsourcing für höhere Kosten macht noch weniger Sinn..
    Die Opportunitätskosten wie keine Betriebs- bzw. Prozesskenntnisse, keine Loyalität weder von den Temporären noch den Vermittlungsbetrieben gegenüber dem eigenen Institut, dem Aufwand in der Personalplanung (den Einsatzplan im Betrieb wird ja nicht durch den Personalvermittler gemacht) werden bei dieser Berechnung einfach ausgeklammert.
    Einen bereits durch Fachkräftemangel ausgetrockneten Markt durch die Personaldienstleister abgrasen zu lassen und dann Kosten im bereits teuren öffentlichen Gesundheitssektor für Gewinne von Personaldienstleister zu generieren ist für die Gesellschaft jetzt auch nicht das Beste.

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