Sind die Jungen tatsächlich ein Sonderfall?

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Diskussionen um die Generation Z und ihren Einfluss auf den Arbeitsmarkt sind omnipräsent. Den Wandel im Arbeitsmarkt nur auf eine Generation zu beschränken, halte ich allerdings für falsch. Denn auch die Anforderungen der älteren Generationen verändern sich und schon bald betreten die Alphas den Arbeitsmarkt. Aber egal aus welcher Generation eine Bewerberin oder ein Bewerber nun stammt – veraltete Strukturen sind in vielen Fällen der Grund, weshalb die Zusammenarbeit nicht zustande kommt. Nachfolgend erläutere ich meinen Gedanken anhand eines wichtigen Aspektes: dem Bewerbungsprozess.

Wohl bemerkt: Die Generation Z wirbelte in den letzten Jahren so einiges in der Arbeitswelt auf, das lässt sich kaum zu bestreiten. Die jungen Fachkräfte stellten sich den starren Strukturen und äusserten ganz klar ihre Anforderungen an Arbeitgebende. Was ich mich aber immer wieder frage: Ist es wirklich bloss die Generation Z, welche Veränderungen provoziert? Oder ist es der Wandel der Zeit, der Grenzen verschiebt und neue Forderungen stellt – und zwar für alle Beteiligten, egal ob jung oder alt?

Ein Beispiel: Lange Wartezeiten im Bewerbungsprozess

Von HR-Fachpersonen höre ich jeweils, dass ihnen die Sprunghaftigkeit und Schnelligkeit der jungen Fachkräfte zum Verhängnis werden. Sie verlieren Kandidaten und Kandidatinnen, weil diese schon früh in der Bewerbungsphase abspringen und etwas anderes finden. Doch wäre es auch so weit gekommen, wenn der Bewerbungsprozess schneller gewesen wäre?

Spannend fand ich daher einen Austausch vor ein paar Wochen mit einer Person, welche für das Selektionsverfahren einer höheren Fachschule zuständig ist und wie ich auch zu den «älteren Generationen» gehört. Auch sie sieht sich immer wieder mit der Kurzfristigkeit und Unverbindlichkeit der Studierenden im Anmelde- und Bewerbungsprozess konfrontiert. Und dennoch brachte sie überraschend viel Verständnis für das Handeln ihrer Studentinnen und Studenten auf. Müsste sie sich heutzutage bewerben, würde sie nämlich ähnliche Erwartungen mitbringen: Eine Eingangsbestätigung der Bewerbung, vielleicht einige Updates während des Bewerbungsprozesses und ganz bestimmt keine komplexen Abläufe.

Solche Ansprüche gehen also bereits über die Gen Z hinaus und werden auch von Arbeitnehmenden der anderen Generationen gestellt. Es scheint also weniger eine Generationenfrage zu sein und vielmehr eine nachvollziehbare Folge des Arbeitnehmermarktes sowie der Digitalisierung. Ich persönlich wundere mich schliesslich auch, wenn ich keine E-Mail zur Bestätigung einer Bestellung erhalte. Warum also sollte man dies den Bewerbenden nicht auch bieten?

Lohnt es sich, alles auf den Kopf zu stellen?

Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass die Nachzüglerinnen und Nachzügler der Generation Z nicht ähnliche oder vielleicht sogar mehr Ansprüche mitbringen, oder dass nicht auch andere Generationen davon angesteckt werden. Wer auch in den nächsten Jahren dem Fachkräftemangel trotzen möchte, muss – ob man will oder nicht – in einigen Punkten anpassungsfähiger werden. Wieso also nicht beim ersten Kontaktpunkt, dem Bewerbungsprozess, beginnen?

In meinen Augen sind folgende Aspekte zentral:

  • Zugreifen statt Warten: Klopft der Traumkandidat oder die Traumkandidatin an, ist es ein grosses Risiko, diesen oder diese warten zu lassen. Auch wenn es nur ein kurzes, unverbindliches
    Telefongespräch ist, schafft eine erste, schnelle Kontaktaufnahme hierbei Abhilfe.
  • Unmittelbar erste Kontaktpunkte knüpfen: Sobald eine Bewerbung bei Ihnen eingeht, sollte auch direkt eine Bestätigung andie Kandidierenden rausgehen. So sorgen Sie direkt dafür, dass Ihr Unternehmen bei den Bewerbenden im Hinterkopf bleibt und eine erste Verbindung geschaffen wurde.
  • Investition in Softwares und Prozesse: Klar ist: Die neuen Ansprüche der Bewerbenden bringen in vielen Fällen Mehraufwand für die HR-Fachpersonen mit sich. Daher ist es nachhaltig sinnvoll, sich so früh wie möglich von E-Mail-Bewerbungen undExcel-Listen zu trennen und stattdessen auf automatisierte Prozesse und innovativeTools zu setzen. Aber auch dort gibt es grosse Unterschiede. Mein Tipp: Entscheiden Sie sich für einen möglichst kurzen und einfachen Prozess. Wie Sie herausfinden, ob der vorliegende Prozess den Ansprüchen der Zielgruppe entspricht? Ganz einfach: Lassen Sie ihn von einigen Fachkräften in Ihrem Umfeld testen.
  • In die Kandidatinnen und Kandidaten hinein versetzen: Ob im HR tätig oder auf Jobsuche – so unterschiedlich sind unsere Ansprüche in vielen Fällen doch gar nicht. Es gibt Dinge, die niemand mag: Lange Wartezeiten, Unklarheiten, komplizierte Abläufe etc. Daher ist es umso wichtiger, dass die Bewerbende nicht bereits im Rekrutierungsprozess von solchen Punkten abgeschreckt werden.

Ob man es nun mag, oder nicht: Stillstand wäre in Zeiten des Fachkräftemangels gleichzusetzen mit Kapitulation oder gar einem Rückschritt. Anpassungen an die Wünsche der Bewerbenden sind unerlässlich. Wo man ansetzt, ist natürlich abzuwägen. Setzen Sie bereits einige Änderungen um und wenn ja, welche? Mich interessieren Ihre Gedanken dazu.

1 comment for “Sind die Jungen tatsächlich ein Sonderfall?

  1. Rico Juchli
    4. April 2024 um 16:34

    Auf den Punkt gebracht.

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