HR neu erfinden

Viele Unternehmen fragen sich gerade, wie man HR für die Zukunft fit macht. Was sind die richtigen Strukturen? Was die richtigen Rollen, wenn es darum geht die Personalarbeit zukunftsfähig zu machen? Das HR Business Partner Modell von Dave Ulrich hat über 20 Jahre auf dem Buckel. Sein Buch «Human Ressource Champions» hat er 1997 geschrieben – im prädigitalen Zeitalter. Viel grosse Unternehmen tragen immer noch Spuren des verzweifelten Versuches, seine Ideen umzusetzen. Welche Rollen die HR-Organisation der Zukunft bereithält, erfährst du in diesem Beitrag.

1. Operations-Kapitäne und smarte Dienstleister

Die gewissenhafte Abwicklung der Personaladministration mit hoher Flexibilität und maximaler Digitalisierung ist die Kernaufgabe jeder HR-Organisation. Oft eher stiefmütterlich behandelt (jeder will ja Business Partner sein), ist ein gut funktionierendes, effizientes Servicecenter das A und O. Mit den Möglichkeiten der Automation und smartem Umgang mit Daten ist diese Aufgabe eine absolut coole Spielwiese für Leute, die sich gerne mit Serviceengineering, Prozessdesign, Datenanalyse und Digitalisierung befassen. Wer hier noch sagt, er arbeite im HR, weil er gerne mit Menschen zu tun habe, ist mit Sicherheit falsch verbunden.

2. Gastgeber und Employee Experience Spezialisten

Bei dieser Aufgabe geht es darum, die Candidate und Employee Experience vom Zeitpunkt des ersten Kontaktes bis zum Austritt im Auge zu behalten. Was macht uns als Arbeitgeberin attraktiv? Wie ermöglichen wir es, dass der Mitarbeitende sich mit dem Unternehmen identifiziert? Was braucht es, dass Mitarbeitende ihre Leistungsbereitschaft erhöhen? Wie machen wir Botschafter aus unseren Mitarbeitenden? Diese Rolle ist zugeschnitten auf Marketing, Branding- und Kommunikationsspezialisten, die wissen, wie man den Stallgeruch des Unternehmens weitergibt. Event Manager, formidable Netzwerker, Happiness Officer und kreative Möglichmacher, die einen guten Draht zur Unternehmensleitung pflegen und gleichzeitig ihre Ohren bei den Mitarbeitenden haben. Sie können Gemecker von den wahren Leistungshindernissen unterscheiden und anstrengende Freunde des Managements sein. Sie haben ein Auge für interne und externe Zielgruppen und wissen genau, wie sie ticken. Und auch sie arbeiten mit Daten. Sie sind die Queens des Employee Relationship Management Systems, das selbstverständlich keine Geburtstage vergisst und noch einiges mehr weiss darüber, was Mitarbeitende im Unternehmen bewegt.

3. Datendompteure und Analysten

Die Datenanalysten sind die Zauberer, die aus Zahlen Geschichten machen. Hypothesen mit Fakten untermauern oder über den Haufen werfen. Das ganze Humanportfolio in Zahlen vor sich sehen und mit ihren Analysen die Basis liefern für Workforce Planning, Skill Shift Anforderungen oder Kandidatenprofile der Zukunft. Sie können Personalkosten modellieren und Opportunitätskosten berechnen. Sie wissen, welcher Mitarbeitende das Unternehmen wieviel kostet und können Ertragsprofile rechnen. Idealerweise treffen wir hier auf Leute, die Physik studieren oder sonst eine tiefe Liebe zur Mathematik haben. Sie können Social Media durchforsten und sind mit dem CFO des Unternehmens auf Du und Du.

4. Influencer und Verkäufer

Der Verkäufer ist draussen bei den potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten. Er kennt die gesuchten Profile, ist Talentscout und hat ein Händchen dafür, Kandidaten aufzuspüren, die noch gar nicht wissen, dass sie einen neuen Job suchen. Er hat einen guten Draht zu den Alumnis und ist ein fantastischer Netzwerker. Sein Instrument ist das Candidate Relationship Management. Er mischt Praktika und Schnuppertage. Er ist Influencer und Community Builder und weiss, wie er das Unternehmen ist beste Licht rückt. Hier sind Verkaufstalent und eine gesunde Portion Selbstvertrauen gefragt, gemischt mit Durchhaltewillen und Erfolgshunger.

5. Skillshifter und Talent Enabler

Hier haben wir den Job, der weiss, welches Wissen das Unternehmen für die Zukunft braucht. Welche Fähigkeiten zu entwickeln sind und welches Verhalten gefördert werden muss. Er ist Lernberater für Teams, die weiterkommen wollen und Talente, die nach dem letzten Schliff suchen. Er kann Entwicklungsprogramme designen und Lernerlebnisse vermitteln. Er kennt alle Möglichkeiten des online Learnings und weiss genau, wann der Moment kommt, wo eine persönliche Interaktion Mehrwert in der Entwicklung generiert.
Er zeigt den Mitarbeitenden, wie sie am einfachsten zu neuem Wissen kommen. Er befähigt die Organisation, mehr aus sich herauszuholen. Pädagogisches Geschick und didaktisches Know-how sind hier stark gefragt. Idealerweise ist das gekoppelt mit einer guten Portion Selbsterfahrung in verschiedenen operativen Funktionen des Unternehmens.

6. Changemaker und Transformer

Coaches und Organisationsentwickler haben einen Blick auf das Gesamtsystem und können auch Individuen im Wandel begleiten. Hier sind die Leute zu Hause, die dafür schauen, dass Transformation optimal funktioniert. Sie sehen Immunreaktionen des Systems voraus, wenn es darum geht, Changeprozesse durchzuziehen. Sie wissen, wann Kästchen sinnvoller sind als Kreise und wie agile Führung funktioniert. Sie durchschauen Führungsstile und wissen, wo welche Strukturen Sinn ergeben. Sie können die Geschäftsleitung beraten und ihr den Spiegel vorhalten. Sie können organisatorische Stolpersteine sehen und aus dem Weg räumen, wenn es um die Einführung einer neuen Strategie geht. Sie wissen, wie Kulturwandel funktioniert und interagieren in Perfektion mit der Employee Experience Spezialistin.

Fazit

Wir werden eher mehr Spezialisten im HR antreffen und weniger Generalisten. Der traditionelle HR-Mitarbeitende verschwindet ebenso wie der HR Business Partner. Wer sein HR auf die Zukunft ausrichten will, muss gewaltig umdenken. Für viele HR-Chefs, die im HR Business Partner System aufgewachsen sind, ist das eine grosse Herausforderung. Und wer jetzt nach der Recruiting-Funktion sucht, der sucht richtig. Die traditionellen Selektionsfunktionen werden irgendwo zwischen Sales, Employee Experience Spezialisten und Operations aufgeteilt. Die Linie wird jedoch die wichtigste Rolle dabei übernehmen. Die Zeit von «ich bestell mal beim HR ein paar Kandidaten» ist definitiv vorbei. Wie agil das HR der Zukunft geführt wird, ist dabei weniger relevant, als man es uns gerade überall weismachen will. Und: Genauso wie das HR Business Partner Modell nicht an einem Tag eingeführt wurde, ist es auch bei neuen HR-Organisationen. Es braucht Zeit, es braucht Mut und es muss einen Mehrwert für die Organisation schaffen. Das ist kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen, sondern beherzt voranzugehen.

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