Unternehmen, die in unserer von zunehmender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUCA) geprägten Welt langfristig bestehen wollen, sollten eine hohe Resilienz haben oder diese jetzt aufbauen. Das gilt ebenso für Firmen und Organisationen mit ihren Systemen wie für deren Mitarbeitende, denn beide arbeiten Hand in Hand. Für Unternehmen bedeutet das eine Anpassung von Strukturen und Prozessen. Die Resilienz der Mitarbeitenden lässt sich durch die gezielte Förderung von Schutzfaktoren wie Optimismus, Selbstwirksamkeit und Achtsamkeit unterstützen. Das stärkt die Widerstandskraft sowie den konstruktiven Umgang mit Veränderungen und reduziert die Stressbelastung.
«Auf Ebene des Individuums bedeutet Resilienz die Fähigkeit zur verbesserten emotionalen Regulierung und Impulskontrolle, zur vertieften Ursachenanalyse, den Glauben an Selbstwirksamkeit und zur Pflege und Aufbau von Empathie und individuellen Netzwerken. Organisationale Resilienz ist eine weitergreifende Systemresilienz und umfasst das selbstorganisierte Lernen zur Anpassung des Systems, gemeinhin hinsichtlich der Aspekte Diversität, Kreativität, Robustheit, Früherkennung sowie Ausdauer», definiert Prof. Dr. Jens O. Meissner die individuelle und organisationale Resilienz.
Die drei Säulen organisationaler Resilienz 1)
Um die organisationale Resilienz für ein Unternehmen fass- und messbar zu machen, bietet sich die ISO-Norm 22316 als eine Möglichkeit an. Gemäss dieser ruht organisationale Resilienz auf den drei Säulen «Führung & Kultur», «Wandelbereitschaft» und «Netzwerke». Die drei Bereiche gliedern sich in insgesamt neun Unterthemen wie «Mitarbeitereinbindung», «Awareness» (Situationsbewusstsein), «Stresstests und Notfallpläne» oder auch «Silos überwinden» und «Wirksame Wissensnutzung». An der breite der Themen zeigt sich, wie weitreichend Resilienz als Systemfunktion alle Unterthemen von Organisationen und ihrem Management beeinflusst. Damit wird auch deutlich, wie eng organisationale und individuelle Resilienz miteinander verknüpft sind.
Verfasst wurde die Norm von einer Autorengruppe. Um organisationale Resilienz für Unternehmen in ihrer eigenen Organisation messbar zu machen, schufen die Autoren das mit etwa 80 Frage-Items sehr umfangreiche Benchmarking-Tool «BRT 53». Abgeleitet davon entwickelte die Hochschule Luzern ein deutlich verkürztes deutschsprachiges Tool, zugeschnitten auf den Bedarf von Firmen in der Schweiz und dem deutschsprachigen Raum, zur Ermittlung eines detaillierten Status quo der organisationalen Resilienz. Unternehmen können es als Mess- und Steuerinstrument für ihre Strategie- und Massnahmenplanung hinsichtlich der Stärkung ihrer Resilienz nutzen.
Aus dem Vollen schöpfen
Im Gegensatz zur Verbesserung der organisationalen Resilienz, für die noch relativ wenige geeignete Instrumente zur Verfügung stehen, ist das Angebot an Tools für Unternehmen zur Stärkung der individuellen Resilienz ihrer Mitarbeitenden umfangreich. Firmen, die gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen und/oder ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bereits in ihrer Unternehmenskultur verankert haben, sind hier klar im Vorteil. Einerseits hinsichtlich der Messbarkeit der Balance von Ressourcen und Belastungen beim gesamten Mitarbeiterstab. Dafür bietet sich beispielsweise das Online-Befragungstool «Job-Stress-Analysis» von Gesundheitsförderung Schweiz als ebenso pragmatisches wie präzises Mess- und Steuerinstrument an. Der Benchmark des Befragungstools umfasst anonymisierte Daten von über 100’000 Mitarbeitenden respektive gegen 1000 Organisationen in der Schweiz und Liechtenstein. Zum anderen erhalten Führungskräfte dank Angeboten wie dem «Leadership-Kit» kostenlos eine Fülle an Tools und Anregungen zur Stärkung der Resilienz ihrer Mitarbeitenden basierend auf dem PERMA-Modell positiver Führung.
Dass vor allem der eigene Mindset massgebend ist für die persönliche Resilienz beziehungsweise deren Steigerung, ist hinreichend bekannt. Entscheidend sind die Methoden, um den eigenen Mindset entsprechend zu trainieren. Dazu das Statement von Dr. Martin Inderbitzin: «Jeder Mensch kann seine eigene Resilienz stärken und persönliche Herausforderungen bewältigen. Aber dafür braucht es mehr als Wissen.» Wie es ihm gelungen ist, mit einer hartnäckigen Krebserkrankung zu leben und sogar den New York Marathon zu laufen – über diese persönlichen Erfahrungen und Learnings spricht der Neurowissenschaftler Dr. Martin Inderbitzin in seiner Keynote «Vergessen Sie, was Sie wissen – Wie können wir die individuelle Resilienz stärken?» im Rahmen der 20. Nationalen Tagung für betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) am 18.09.2024 im Kursaal in Bern.
Zu den weiteren Keynote-Speakern der Tagung gehören Prof. Dr. Jens O. Meissner und Tanja Matetic, Leiterin Assurance und Resilienz bei der BLS AG. In ihrem Keynote «Für Tango braucht es zwei! Organisationale Resilienz und BGM im Vergleich» zeigen sie unter anderem an zwei sprechenden Praxisbeispielen auf, wie organisationale Resilienz und BGM wirkungsvoll zusammenspielen können. Weitere Best Cases zum Thema Resilienz finden Sie auch als Beilage im HR Today von Ende Juni 2024.