Ferienlohn inbegriffen

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ArbeitsrechtDie Arbeitgeberin hat dem Arbeitnehmer in jedem Dienstjahr wenigstens vier Wochen, beziehungsweise fünf Wochen Ferien (bis zum 20. Altersjahr) zu gewähren. Die Arbeitgeberin und nicht der Arbeitnehmer bestimmt unter Rücksichtnahme auf dessen Bedürfnisse den Zeitpunkt der Ferien. Sie ist entsprechend auch für deren tatsächlichen Bezug verantwortlich.

Es ist ein doppelter Anspruch: Zum einen geht es um die Arbeitsbefreiung während einer bestimmten Zeit, zum andern, um die Entlohnung während dieser Zeit. Das bekräftigt das Gesetz, indem eine Abgeltung durch Geldleistungen ausdrücklich verboten ist. Eine entsprechende Vereinbarung ist nichtig und der Arbeitnehmer kann die Ferien samt dem darauf entfallenden Lohn nachfordern.

Trotz dieser klaren Rechtslage lässt die Rechtsprechung in Ausnahmefällen eine Abgeltung mit dem laufenden Lohn zu. Das setzt eine entsprechende schriftliche Vereinbarung voraus, in der angegeben wird, welcher Betrag des Monatslohnes als Feriengeld gilt. Zudem muss auf jeder Lohnabrechnung das Feriengeld ausgewiesen werden. Schriftform bedeutet, dass E-Mail nicht genügt, ebenso wenig wie die Formulierung «Ferien inbegriffen».

Herausforderung schwankender Beschäftigungsgrad

Nebst formellen müssen auch materielle Voraussetzungen erfüllt sein. Es geht um eine Abweichung vom klaren Gesetzestext. Dafür braucht es gewichtige Gründe. Solche liegen vor, wenn die gesetzliche Regelung sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls als unpraktikabel erweist. Das nimmt die Praxis an, wenn der Beschäftigungsgrad schwankend ist. Dann sei der Anspruch nicht mehr einfach zu ermitteln. Bezüglich des Anspruchs auf Arbeitsbefreiung ist die Berechnung des Umfangs auch bei unregelmässiger Beschäftigung einfach. Der Anspruch umfasst klarerweise Wochen. Es muss dem Arbeitnehmer möglich sein, vier (beziehungsweise fünf) ganze Wochen keine Arbeit zu leisten. Eine Woche Ferien ist folglich nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer während sieben zusammenhängenden Tagen keine Arbeit verrichten muss. Demgegenüber ist es bei schwankendem Beschäftigungsgrad schwierig festzustellen, welchen Lohn die Arbeitgeberin für diese Wochen nun bezahlen muss. Das hängt davon ab, welche Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer in den vorausgehenden 11 Monaten geleistet hat, beziehungsweise wie viel er in der entsprechenden Woche ohne Ferien verdienen würde.

Was heisst aber schwankender Beschäftigungsgrad? Das Bundesgericht beschäftigte sich kürzlich mit dieser Frage. Nachdem einem Arbeitnehmer fristlos gekündigt worden war, klagte dieser ausstehenden Ferienlohn ein, weil das Feriengeld gemäss schriftlichem Vertrag in seinem Stundenlohn inbegriffen war. Eine erste Gutheissung seiner Klage durch das Kantonsgericht, mit dem Argument, es habe sich um eine Vollzeit-Anstellung gehandelt, hob das Bundesgericht mit dem Argument auf, auch bei einer solchen, sei eine unregelmässige Beschäftigung möglich. Das Kantonsgericht wies die Klage mit dem kreativen Argument ab, die Abgeltung mit dem laufenden Lohn sei zwar unzulässig gewesen, aber der Anspruch sei nunmehr bereits mit dem im laufenden Lohn erhaltenen Feriengeld zu verrechnen, so dass per Saldo keine Forderung mehr bleibe. Das Bundesgericht prüfte diese Frage aufgrund prozessualer Überlegungen nicht. Es bestätigte aber dennoch den angefochtenen Entscheid. Die erste Instanz stellte eine unregelmässige Beschäftigung fest. Sie verglich den Lohn jedes Monats mit dem Vormonat und zählte, wie oft die Differenz 10 Prozent und mehr betrug, was in 35 von 56 Monaten zutraf. Die Voraussetzung einer unregelmässigen Beschäftigung war nach Ansicht des Bundesgerichts folglich gegeben.

Berechnungsschwierigkeiten

Der Entscheid überzeugt nicht. Es ist nicht ersichtlich, warum bei einer so geringen Abweichung die Berechnung des Ferienlohns im Zeitpunkt des Ferienbezugs, nicht möglich sein soll. Das Berechnungsschwierigkeiten tatsächlich bestanden haben, ist nicht einmal behauptet.

Sehr viel sinnvoller, als den Ferienlohn mit dem laufenden Lohn auszubezahlen, wäre es, den entsprechenden Betrag dem Arbeitnehmer jeden Monat bloss gut zu schreiben und erst auszubezahlen, wenn er die Ferien tatsächlich bezieht. Das entspricht weit mehr dem Zweck des Ferienanspruchs.

Nicht geklärt ist nach wie vor die Frage, ob das Abgeltungsverbot nur für die zwingenden vier Wochen Ferien gilt, oder ob sich dieses auch auf einen möglichen weiteren vertraglichen Ferienanspruch bezieht, was zumindest zweifelhaft ist.

4 comments for “Ferienlohn inbegriffen

  1. 3. Mai 2023 um 11:09

    Arbeitsrecht überrascht einen doch immer wieder ;-)

  2. 29. April 2023 um 14:45

    Ich finde es wichtig, dass Arbeitnehmer ihren Anspruch auf bezahlten Urlaub kennen und durchsetzen. Es ist gut zu wissen, dass der Arbeitgeber für die Gewährung und den Zeitpunkt der Ferien verantwortlich ist und dass eine Abgeltung durch Geldleistungen verboten ist. Das gibt Arbeitnehmern die nötige Sicherheit, ihre Erholung planen zu können.

  3. 24. Februar 2023 um 12:57

    Danke für deinen interessanten und niveauvollen Artikel. Er ist wirklich lesenswert. Macht weiter so und informiert die Menschen über interessante Arbeitsrecht-Themen.

  4. Edi Fässler
    21. Februar 2023 um 10:19

    Hallo Herr Geiser
    Ich war der Meinung, dass ich nach 30 Jahren im HR zumindest ein bisschen etwas von Arbeitsrecht und Co. verstehe.
    Leider kann ich Ihren Ausführungen weder folgen, noch verstehe ich irgendetwas davon.

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