Employer Branding – The Brand is the Trend

Employer-BrandingManchmal tut es gut, sich gedanklich nicht nur aus dem alltäglichen Trott der Arbeit, sondern auch aus dem beengten Sichtfeld nationaler Arbeitsmärkte zu befreien. So wie der blaue Planet aus dem Weltall einen wunderbaren Anblick bietet, präsentieren sich auch viele unserer alltäglichen Phänomene aus einem neuen Blickwinkel. Aber gilt das auch für ein Thema wie Employer Branding? Dem niederländischen Personaldienstleister Randstad gelingt es mit seinem Randstad Employer Brand Research 2022 tatsächlich, in einer weltweiten Studie wertvolle Referenzpunkte für eine Reflektion der eigenen Arbeit herauszuarbeiten.

Die Recruiting-Szene interessiert naturgemäss besonders: Wie bekomme ich die Top-Talente, was wollen sie, was muss ich bieten? Auch bei Randstad überraschen die wichtigsten Faktoren nicht: Für 61 Prozent der Beschäftigten weltweit geht es bei der Wahl des Unternehmens um Gehalt und Benefits, 57 Prozent legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance und 55 Prozent ist langfristige Arbeitsplatzsicherheit wichtig. Es folgen die gute Arbeitsatmosphäre mit 54 Prozent sowie Karrieremöglichkeiten mit 49 Prozent. Interessanterweise sind die Unterschiede bei diesen Faktoren im weltweiten Vergleich trotz kultureller Unterschiede und sehr verschiedener Systeme und Märkte weniger gravierend, als man glauben könnte.

Wollen und Haben
Bei der Frage, was der aktuelle Arbeitgebende anzubieten hat, sieht das Ranking etwas anders aus. Die Arbeitsplatzsicherheit schätzen 69 Prozent, und es besteht sicherlich ein direkter Zusammenhang zur gesunden Unternehmensfinanzen, die 68 Prozent ihrem Unternehmen attestieren. Gleichauf liegen eine allgemein gute Reputation des Unternehmens und eine angenehme Arbeitsatmosphäre mit 63 Prozent, und knapp dahinter mit 61 Prozent die gesunde Work-Life-Balance. Man fragt sich spontan: Wo bleibt das Geld? Eine interessante Erkenntnis, die wir auch in unserer DEBA-Studie zur Zukunft Personal Europe gewonnen haben: Bei der Bewertung  als guter Arbeitgebender ist das Materielle nicht entscheidend! Ich teile insofern und an diesem Punkt auch nicht die Schlussfolgerung der Kolleginnen und Kollegen von Randstad, dass überdurchschnittliche Gehälter eine Gelegenheit zur Differenzierung am Arbeitsmarkt ist. Flapsig formuliert: Am Gehalt beginnt man zu zweifeln, wenn der Rest nicht stimmt.

Wo wollen Leute arbeiten?
Aufschlussreich an der Randstad-Studie ist der Blick auf Branchen und ihre Attraktivität. Hier zeigt sich nämlich ein globaler Trend hin zu technischen Sektoren. Der Bereich «Engineering» hat dabei mit 60 Prozent Attraktivität die IT-Branche (58%) und die Automotivebranche (59%) überholt. Aber auch Landwirtschaft (57%) und «Fast Moving Consumer Goods» (55%) gewinnen an Glanz. Naturgemäss zeigen sich bei diesen Zahlen relativ starke Unterschiede zwischen dem globalen Süden und dem Norden, mit wesentlich stärker ausdifferenzierten Arbeitsmärkten. Mein Take-away: Technik und Naturwissenschaften gewinnen global an Bedeutung, vielleicht auch bedingt durch das Thema Klimawandel. Übrigens gerade im Bereich Automotive. Es ist eine Tatsache, dass Menschen Mobilität wollen und brauchen. Die Frage ist, wie wir sie technisch und organisatorisch lösen. Es ist gut, wenn die Talente der Zukunft sich mit dieser Frage vermehrt beschäftigen.

Was kann ich?
Ein interessantes Detail beleuchtet die Randstad-Studie nur kurz, und spontan wünsche ich mir eine eigene Studie dazu. Was glauben die Leute, für welche Branchen sie die nötigen Skills bereits haben? Gerade mal 28 Prozent denken, sie könnten in der Chemie-Branche arbeiten – der niedrigste globale Wert. Demgegenüber glauben 46 Prozent, sie könnten im Handel anfangen und 43 Prozent denken, sie hätten die nötigen Fähigkeiten für das Gastgewerbe. Eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits ist es gut, wenn Branchen wenig Zugangshürden signalisieren. Andererseits kann dies auch mit völlig unrealistischen Erwartungshaltungen verbunden sein, teilweise sogar mit einer Geringschätzung der Tätigkeit. Bis hin zum alten Bonmot: «Wer nichts wird, wird Wirt.» Die Attraktivität von Branchen kann Image-Booster oder Bürde sein. Und wer aufgrund des Geschäftsmodells die Möglichkeit hat, sich selbst einer von mehreren Branche zuzuordnen – take the best!

Wo geht die Reise hin?
Das Thema «Quiet Quitting» hat die letzten Monate Wellen gemacht, und die Frage «Wie viele wollen den Job wechseln» ist ein Dauerbrenner. In der Randstad-Studie geben 15 Prozent an, im letzten halben Jahr den Job gewechselt zu haben, 24 Prozent planten dies angeblich für die anstehenden Wochen. Diese Zahlen sind geringer als in manchen anderen Studien, was erst einmal beruhigend ist.

In unserer eigenen Studie für Deutschland haben wir uns dem Thema mit einer anderen Frage genähert, aber ein ähnliches Ergebnis erzielt; 23,5 Prozent verneinten die Frage «Würden Sie sich heute nochmal bei Ihrem aktuellen Arbeitgeber bewerben?». Hinzu kommen in unserer Studie rund 11 Prozent, die unsicher waren. Bei Randstad stiegen diese Zahlen im Jahresvergleich übrigens an, und im Bereich der so genannten «Blue-collar worker» lagen sie auch höher als bei den Bürojobs. Auch wenn alle Zahlen nicht dramatisch erscheinen – in Zeiten des Fachkräftemangels schmerzt beinahe jeder Kopf, den das Unternehmen an die Konkurrenz abgeben muss.

The Brand is the Trend
Was die Randstad-Studie deutlich zeigt: Die kulturellen Aspekte der Beschäftigung gewinnen stetig an Bedeutung. Work-Life-Balance und Flexibilität sind dabei die greifbarsten Aspekte, die für Beschäftigte eine Rolle spielen. Es wird aber auch deutlich, dass Beschäftigung als «Gesamtpaket» verstanden wird, das aus vielen einzelnen Komponenten besteht. Und hier liegt auch die Parallele zum kommunikativen Auftrag für Unternehmen – die vielen Attribute, die differenzierend gegenüber dem Wettbewerb wirken in einem Gesamtbild zum Leuchten zu bringen. Die abschliessende Bewertung der Kolleginnen und Kollegen von Randstad teile ich insofern uneingeschränkt: «Employer Brand matters more than ever.»

Hier noch mal der Link zur Studie: Randstad Employer Brand Research 2022

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