Der Employer Brand wird oft an der Kommunikation rund um die Rekrutierungsmassnahmen aufgehängt. Aus dieser Einordnung würde sich folgende Definition ergeben: «Der Employer Brand ist die Summe der strategischen und operativen Massnahmen des Marketings und der Kommunikation. Diese führen dazu, dass eine Arbeitgeberin auf die Mitarbeitenden attraktiv wirkt.» Ich stimme dieser Definition nicht zu.
Vorerst einmal darum, weil es nicht um Massnahmen geht, sondern um die Resultate der Massnahmen. Die Botschaft entsteht beim Empfänger. Mit schönen Webseiten, opulenten Auftritten an Absolventenmessen und sympathischen Arbeitgeberporträts in gekauften Publireportagen wollen Unternehmen bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden eine bestimmte Haltung aufzwingen. Aber so funktioniert das nicht.
Ebenso überholt ist die Sender-Empfänger-Kommunikation, mit der Arbeitgeber den potenziellen Kandidaten ein positives Bild von sich selber eintrichtern wollen. Wichtig ist, was Mitarbeitende und Kandidaten wirklich über ihre Arbeitgeber denken. Mehr noch: welche Meinung sie an ihr Umfeld, ihre Kollegen und ihre Freunde weitergeben. Dass diese Meinung nicht durch das Versenden von «inspirierenden» Werbebotschaften entsteht, mussten unsere Marketingverantwortlichen in den letzten zehn Jahren lernen, wenn sie versuchten, mit traditionellen Kommunikationsmitteln die Kundenwahrnehmung zu beeinflussen.
Marken entstehen heute nicht mehr über einseitige Kommunikation. Corporate Design und eine «heile Bilderwelt» als Basis für eine starke Marke sind von (vor-)gestern. Dasselbe gilt auch für die Arbeitgebermarke. Was zählt, sind Erlebnisse und Erfahrungen. Erlebtes wird weitererzählt. Das war schon immer so. Nur: Heute kann jeder seine Eindrücke ohne Einschränkung und mit beliebiger Reichweite öffentlich machen. Kunden wollen Transparenz. Und genauso wollen es auch Kandidatinnen, Kandidaten und Mitarbeitende. Dieses Verlangen nach Transparenz ist kein Modetrend. Es ist da und es wird sich beschleunigen und verstärken.
Employer Branding nach herkömmlichem Verständnis ist also tot. «Gott sei Dank» werden diejenigen sagen, die noch gar nicht damit angefangen haben. Ganz so einfach ist es aber nicht. Der Employer Brand lebt zwar nicht in Broschüren und pompösen Werbekampagnen, aber er lebt in den Erlebnissen der Mitarbeitenden. Deshalb spricht man heute vermehrt von «Employee Experience» oder «Employee Life Cycle Management». Dabei geht es um die aktive Beeinflussung und Gestaltung der Mitarbeitererfahrung am Arbeitsplatz. Im Marketing spricht man schon länger von «Customer Experience», in der IT von «User Experience». Beim Kunden geht es also nicht nur um den Preis und die Qualität des Produktes und die damit verbundenen Kommunikationsbemühungen. Es geht um das Gesamterlebnis von der ersten Wahrnehmung des Produktes auf einer Webseite bis zur Handhabung eines Garantiefalles.
Bei der Gestaltung des Mitarbeitererlebnisses geht es jedoch nicht darum, luxuriöse Wohlfühloasen zu bauen, die von einer exzellenten Lohn- und Sozialversicherung mit höchstem Standard bis zu Fitnessabos und Gratisverpflegung gehen. Es geht primär um Glaubwürdigkeit und Relevanz: Kann ich als Arbeitgeberin meine Kundenversprechen auf das Mitarbeiterversprechen abstimmen und dies für den Mitarbeitenden inspirierend und relevant im Alltag erlebbar machen? Welches Führungsverhalten ist dazu nötig? Welche Mitarbeitenden passen zu unserer Unternehmensphilosophie?
Wer dieses Jahr ein Employer Branding-Projekt starten will, sollte sich darauf einstellen, weniger über die Farbe von Give-aways und Inseratekampagnen zu sprechen. Vielmehr sollten sich die Diskussionen darum drehen, wie man für Kandidaten und Mitarbeitende den Sinn, den Zweck und die Strategie des Unternehmens mit echten und sinnvollen (Alltags-)Erlebnissen näher bringen kann.
Lieber Herr Krebs
Eigentlich wäre es ja: Wasser predigen und Wasser trinken oder noch besser: Wein predigen und Wein trinken. Oder in Englisch: Walking the talk (www.walkingthetalk.com) – eine Firma meiner Kollegin Carolyn Taylor. Und wenn wir schon bei Führungsverhalten sind, gibt es ein schönes Zitat des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson: Your actions speak so loud that I can not hear what you say. In diesem Sinne wünsche ich einen guten Start und viel Tatkraft für die neue Woche.
Beste Grüsse
Christoph Jordi
Guten Tag Herr Jordi
Ich bin nicht ganz sicher, ob Sie meinen Beitrag richtig verstanden haben.
Mit meiner Aussage „Wasser predigen und Wein trinken“ meinte ich auch, dass wir uns als Firmen bei der Darstellung des „Employer Brands“ halt auch immer gut überlegen müssen, was wir versprechen… denn das müss(t)en wir dann auch einhalten. Sonst bröckelt dann eben der Lack rasch ab.
Und genau hier sind die Führungskräfte halt besonders gefordert, im Sinne von Vorbild sowie letztlich als „Begleiter“ von Erlebnissen und Erfahrungen.
Freundliche Grüsse, Heinz Krebs
Meiner Meinung nach trifft der Beitrag voll ins Schwarze. Damit soll nicht gesagt werden, dass die „veralteten“ Ansichten und Vorgehensweisen, welche sich vor allem als Marketing verstanden, falsch waren. Nein, sie sind aber überholt. Hier gilt es, dass auch wir vom HR und nicht mehr auf Oberflächenaktivitäten konzentrieren, sondern uns auf die neuen Anforderungen durch eine vernetzte und transparente Welt einlassen und einstellen.
Employer Branding ist mehr als Marketing. Mir gefällt auch der Ansatz von Employee Experience, wenn er nicht leider den Nachteil hat, dass er zu stark als Nabelschau missverstanden werden könnte.
Wir beschäftigen uns derzeit mit diesem Thema bei der Suva und ich wäre an einem Erfahrungsaustausch sehr interessiert.
Danke, Herr Pfund.
Ich freue mich auf ein anregendes Gespräch.
Viele Grüsse
Christoph Jordi
Herr Jordi – eigentlich bin ich mit Ihrer Neudefinition von Employer Branding einverstanden. Aber eigene Erfahrungen in unserem Unternehmen zeigen uns, dass Bewerber sehr wohl auf einen Website-Auftritt, ein Layout, ein Design und auf eine Unternehmenskultur, die damit vermittelt wird, ansprechen.
Das ist wie beim Wein einkaufen – auch da kaufen noch heute viele Konsumenten den Wein in erster Linie wegen der Etikette, obwohl es viele andere wichtigere Kriterien gäbe…ob der Geschmack dann auch wirklich stimmt ist eine andere Frage – jedem sein Gusto.
Als Arbeitgeber ist es wichtig möglichst echt und ehrlich aufzutreten und dies dann im Bewerbungsgespräch und nach der Anstellung weiterzuziehen. Und so wie uns unsere grossen Schweizer Firmen (SBB, Swisscom, Post, UBS, CS etc.) das vollumfängliche und gesamtheitliche Employer Branding nach Deutschem Vorbild aufzeigen, ist es sowieso für die meisten KMU’s nicht bezahl- und machbar. Da braucht es kleine konkrete umsetzbare Massnahmen.
Danke für den Beitrag
Raphael Zahnd
Lieber Herr Zahnd
Danke für Ihre Inputs. Natürlich isst das Auge mit. Immer. Nur: auch beim noblen Fünfsterne-Restaurant ärgere ich mich über einen schlechten Espresso. Trotz Designerstuhl und schönem Gedeck. Und ich freue mich, wenn ich im einfachen Quartierrestaurant merke, dass die Bedienung mit Herzblut bei der Sache ist und die kleine Süssigkeit, die zum Kaffee serviert wird selber gemacht ist. Wie Sie richtig sagen: Es sind meistens die kleinen Dinge, die den grossen Unterschied machen.
Beste Grüsse
Christoph Jordi
Lieber Herr Krebs
Danke für Ihren Kommentar. Sicherlich hat Führung entscheidenden Einfluss auf den Employer Brand. Ich bin jedoch überzeugt, dass gegenseitige Schuldzuweisungen nichts bringen. Zusammen können Führung, HR, Kommunikation, Marketing und Mitarbeitende in jedem Unternehmen im Grossen und im Kleinen tolle, authentische und inspirierende Erlebnisse ermöglichen.
Viele Grüsse
Christoph Jordi
Danke Herr Jordi für diese Klärung – ich voll und ganz bei Ihnen!
Vollfarbe und Hochglanz ist ganz nett, was aber wenn der oberflächliche Lack abbröckelt?
Und betreffend Führungsverhalten gilt es noch anzufügen, dass halt der Grundsatz „Wasser predigen und Wein trinken“ immer noch Gültigkeit hat.
Danke für den erfrischenden Beitrag.
Beste Grüsse, Heinz Krebs