Der ganz normale Wahnsinn in HR: FOMO trifft FoBo

Blog Personalmarketing Florian SchrodtFomo. Schon mal gehört?

Wikipedia schreibt hierzu: «Die Fear of missing out (deutsch: Angst, etwas zu verpassen) ist die Befürchtung, dass Informationen, Ereignisse, Erfahrungen oder Entscheidungen, die das eigene Leben verbessern könnten, verpasst werden.»

Was das mit HR zu tun hat? Eine kleine Anekdote: Vergangene Woche war ich auf der Unleash in Paris, eine der grössten HR Fachmessen. Das Regenwetter in der französischen Hauptstadt tat der Gute-Laune-Stimmung der Besucherinnen und Besuchern keinen Abbruch. Natürlich wegen des HR-Klassentreffen-Charakters, aber vor allem ein weiteres Thema war dafür ausschlaggebend: AI.

Man konnte den Eindruck gewinnen, dass man an künstlicher (ich bevorzuge den Begriff «erweiterte») Intelligenz nicht vorbeikommt. Das ist sicherlich auch zutreffend. Dennoch beschlich mich das Gefühl, das ein LinkedIn-Nutzer treffend zusammenfasste: Die Unleash sei eine grossartige Show gewesen, aber irgendwie schwebte über allem ein Hauch von «Potemkinscher KI». Was er damit meint? Alte Lösungen werden mit etwas HR Zauber beschichtet, so dass eine Aura grenzenloser Möglichkeiten entsteht. Und genau hier kommt die FOMO ins Spiel. Kaum eine Woche vergeht in HR, an der auf Konferenzen nicht neue Innovationen gefeiert (vorgestellt) werden. Jeder will dabei sein, nimmt sich entsprechende Innovation im Snack-Format mit und postet umgehend alle neuen Erkenntnisse. Den Referenten und Referentinnen, die für die Inspiration sorgen, will ich keineswegs die Exzellenz absprechen, allerdings wird eines verkannt: Ihr Weg auf die Bühne haben sie sich hart erarbeitet. Nicht im Rampenlicht, sondern im stillen Kämmerlein. Sie haben ausprobiert, ausgereizt, gelernt und sind dann neue Wege gegangen.

Das Publikum vor der Bühne scheint hingegen oftmals auf der FOMO-Welle zu reiten. Bloss keinen Trend verpassen. Wir lernen so viel Neues, scheinen aber verlernt zu haben zu handeln. Und so finden wir uns in einer Situation wieder, die Schrödingers Katze gleicht, sobald man (beispielsweise) LinkedIn öffnet. HR ist gleichermassen quicklebendig wie auch mausetot. Während neue Möglichkeiten gefeiert werden, siehe AI, ist gleichermassen Ernüchterung angesagt ob des katastrophalen Zustands von HR. Was man alles tun sollte, müsste und könnte liest man überall. Aber wo wird es eigentlich getan?

Als ob es beispielsweise ChatGPT gebraucht hätte, um Stelleninserate besser zu machen. Natürlich gilt auch hier: Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Aber wer noch immer tagein tagaus Stelleninserate-Einheitsbrei postet, glaubt doch nicht wirklich, dass GenAI dann ein Selbstläufer ist, um Kandidaten und Kandidatinnen zu bezaubern. Geballte Inspiration auf Konferenzen kann nur ein Anstoss sein. Umsetzen muss man am Ende selbst. Und davon sehe ich in HR manchmal einfach viel zu wenig. Stattdessen: Möglichkeiten über Möglichkeiten, die diskutiert und beschworen werden. Wir befinden uns somit in einem rasenden Stillstand. Denn eines scheinen wir zu vergessen: AI und Co. sind nicht die Lösung, sie helfen Probleme zu lösen. Und irgendwie ist unsere Schlagkraft dann manchmal vielleicht das Problem.

Ich möchte niemandem zu nahetreten, aber es fühlt sich an, als gefällt sich HR in einer Besserwisser-Rolle. Theoretisch haben wir für (fast) alles eine Lösung. Besser wissen reicht jedoch nicht, besser machen ist gefragt. Das ist keine Möglichkeit in der Zukunft, sondern Cleverness und Tatkraft heute. AI kann helfen, aber nicht alles heilen. Machen wir uns also lieber an die Arbeit, bevor wir jedem Trend hinterherlaufen. Alles andere ist ganz schön «FoBo». In dem Fall meine ich: Ein Fass ohne Boden.

 

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