Der Rekrutierungsprozess ist historisch so gewachsen, dass er vor allem den Bedürfnissen der Arbeitgebenden entspricht. Das ist nicht mehr zeitgemäss. Der Prozess muss aus Sicht der Bewerbenden gesehen und verstanden werden. «Candidate-Centric Recruiting» ist darum mehr als nur ein Modewort. Es ist eine Perspektive, die den Rekrutierungsprozess nachhaltig verändert.
Was steckt hinter dem Begriff «Candidate-Centric Recruiting»?
«Candidate-Centric Recruiting» stellt die Kandidierenden, ihre individuellen Bedürfnisse und Erwartungen in den Mittelpunkt des Rekrutierungsprozesses. Es geht nicht nur darum, die besten Talente zu gewinnen, sondern ihnen auch während des gesamten Bewerbungsprozesses ein einzigartiges, positives Erlebnis zu bieten und dadurch langfristige Beziehungen aufzubauen – unabhängig davon, ob die Kandidierenden zu Mitarbeitenden werden oder nicht. Dabei stehen die Fragen im Mittelpunkt, was den Kandidierenden bei jedem Kontaktpunkt wichtig ist und wie sie sich dabei fühlen. Es wird Wert darauf gelegt, dass der Prozess transparent, wertschätzend und individuell auf die Bewerbenden abgestimmt ist. Denn genau das kann den Unterschied machen, ob sich ein Talent für uns entscheidet oder nicht.
Warum «Candidate-Centric Recruiting» den Unterschied macht
In einem Bewerbungsprozess repräsentieren die Beteiligten und der Prozess das Unternehmen. In diesem Moment sind wir das Unternehmen und unser Verhalten sowie der von uns gestaltete Prozess spiegelt das Unternehmen und dessen Kultur wider. Wird dieser Prozess positiv wahrgenommen, wird das Image eines Unternehmens nachhaltig gestärkt. Wird der Prozess negativ wahrgenommen, schaden wir unserer Arbeitgebermarke ebenso nachhaltig. Kandidierende teilen die negativen Erlebnisse im Bewerbungsprozess mit anderen, sei es über persönliche Kontakte oder Plattformen wie beispielsweise «Kununu» oder «Glassdoor». «Candidate-Centric Recruiting» sorgt für einen bleibend positiven Eindruck, selbst wenn es nicht zu einer Anstellung kommt. Dadurch können wir uns als attraktive Arbeitgeberin auf dem Markt positionieren und bauen eine starke Arbeitgebermarke auf.
«Candidate-Centric Recruiting» einfach umsetzen
Nun stellt sich die Frage, wie wir «Candidate-Centric Recruiting» konkret umsetzen können. Obwohl vieles selbstverständlich klingt, wurde ich in meiner Karriere immer wieder des Besseren belehrt, sowohl in der Rolle der Bewerbenden als auch in der Rolle des Recruiters in der Zusammenarbeit mit den Linienverantwortlichen. Hier einige Tipps, die auch ohne grosse Investitionen einen spürbaren Unterschied machen:
- Transparenz über den gesamten Prozess hinweg
Kandidierende erwarten klare Informationen zum Prozess und zur Timeline. Wir müssen die Bewerbenden kontinuierlich auf dem Laufenden halten und es ist zentral, dass wir uns zum vereinbarten Zeitpunkt melden, auch wenn die Entscheidung länger dauert als geplant. Das ist schnell erledigt und zeigt Wertschätzung. - Effiziente Prozesse und ein rasches Feedback
Lange Wartezeiten sind frustrierend für Kandidierende und wir laufen Gefahr, sie dadurch im Prozess zu verlieren. Ein schneller und klarer Entscheidungsprozess signalisiert Respekt gegenüber den Bewerbenden und kann ein entscheidender Vorteil auf dem Markt sein. - Individuelles, klares und wertschätzendes Feedback
Bewerbende können mit vagem Feedback nichts anfangen. Sie profitieren dann von Feedback, wenn es individuell und klar ist. Sich Zeit nehmen für ein persönliches, konstruktives Feedback – egal ob bei einer Zu- oder Absage – zeigt Wertschätzung und signalisiert Fairness im Prozess. - (Pre-)Onboarding bereits im Rekrutierungsprozess einbinden
«Candidate-Centric Recruiting» hört nicht bei der Vertragsunterzeichnung auf. Das Schlimmste ist, wenn die Kandidierenden ab der Vertragsunterzeichnung bis zum Start nichts mehr von uns hören. Auch in dieser Zeit geht es darum, die Kandidierenden und künftigen Mitarbeitenden individuell zu begleiten, wo immer möglich bereits zu integrieren und ein Zugehörigkeitsgefühl zu schaffen. So dass ihnen der Start möglichst leichtfällt. - Unternehmenskultur sichtbar und erlebbar machen
Bereits im ersten Kontakt sollten die Werte und die Kultur des Unternehmens und des Teams aufgezeigt werden. So geben wir den Kandidierenden eine klare Vorstellung, was sie erwartet und ob sie zu unserem Unternehmen passen. Ganz wichtig ist, dass das, was kommuniziert wird auch gelebt wird und spürbar ist – sei das im Interview, beim Kennenlernen des Teams und im beruflichen Alltag.
Fazit: «Candidate-Centric Recruiting» als Basis für erfolgreiches Rekrutieren
«Candidate-Centric Recruiting» bedeutet, den Rekrutierungsprozess durch die Augen der Kandidierenden zu betrachten. Diese Perspektive zu entwickeln und umzusetzen, ist ein ständiger Prozess der Verbesserung und Anpassung. Schon mit kleinen Schritten können grosse Unterschiede erzielt werden. Die Ergebnisse lohnen sich, sowohl kurz- als auch langfristig: ein positives Image, eine starke Arbeitgebermarke sowie loyale Kandidierende und Mitarbeitende, die sich mit dem Unternehmen verbunden fühlen. «Candidate-Centric Recruiting» ist keine zusätzliche Pflichtaufgabe, sondern die Basis einer erfolgreichen und nachhaltigen Personalgewinnung.