Employer Branding wird meist mit coolen Videos, Recruiting Events und spannenden Social Media Posts verbunden. Aber beginnen wir doch mal da, wo es wehtut.
Manchmal wird es einfach ein bisschen viel. Kündigungen zu Hauf. Wieder einmal gehen die falschen. Das tut weh. Das gibt Tränen, viel Arbeit, kostet viel Nerven und noch mehr Geld. Hier die wichtigsten sieben Tipps, um Abgänge zu vermeiden oder wenigstens gut darauf vorbereitet zu sein.
1. Die Vorgesetzten einbinden
Es ist immer wieder erstaunlich, wie blind viele Chefs sind. Helfen Sie ihnen deshalb, die Signale zu erkennen, die auf einen möglichen Abgang hinweisen. Bewährt haben sich regelmässige Risiko-Checks.
Diese bestehen aus sieben einfachen Fragen und damit verbunden einer Einschätzung jedes Mitarbeitenden. Daraus entsteht ein Risikoprofil des Teams. Der coole Nebeneffekt besteht darin, dass Sie damit die Vorgesetzten trainieren, achtsamer durch die Gegend zu gehen und ihre Führungsgewohnheiten anzupassen.
2. Die richtigen Fragen stellen
Lenken Sie die Aufmerksamkeit des Teamleiters mit folgenden Fragen und bitten Sie ihn, für jeden Mitarbeitenden eine Einschätzung auf einer Skala von eins bis fünf abzugeben.
- Kommt der Mitarbeitende gern zur Arbeit?
- Ist der Mitarbeitende stolz auf seinen Job und seine Firma?
- Ist der Mitarbeitende zeitlich, emotional oder fachlich unter Druck?
- Interessiert sich der Mitarbeitende für sein Fachgebiet, fachliche Fortschritte und Neuerungen?
- Versteht der Mitarbeitende den Zusammenhang zwischen der Strategie, den Unternehmenszielen und seiner Aufgabe?
- Wie hoch wäre der Schaden, wenn der Mitarbeitende ausfällt? (Kundenwissen, Erfahrung, Leistungsniveau, Beziehungen intern und extern)
- Wie schätze ich das Abgangsrisiko des Mitarbeitenden ein?
3. Nicht immer, aber immer öfter
Diese einfache Analyse macht der Teamleiter je nach Situation monatlich oder quartalsweise. Die Wiederholungsrate hängt davon ab, wie akut sich die Situation präsentiert. In turbulenten Zeiten mit hohem Veränderungstempo soll die Analyse häufiger erfolgen. Die Erkenntnisse werden mit dem Abteilungsleiter oder alternativ mit dem zuständigen HR-Verantwortlichen besprochen.
Ein wichtiges Ziel dieser Übung ist es, eine einheitliche Wahrnehmung und eine gemeinsame Sprache zu finden. Für eine solche Einschätzung gibt es keine festen Kriterien und wenig harte Fakten. Sie ist eine exzellente Übung, um im Kader Achtsamkeit gegenüber den Mitarbeitenden zu trainieren.
4. In die Tiefe gehen
Welche Mitarbeitenden sind gefährdet und brauchen besondere Aufmerksamkeit? Definieren Sie gemeinsam mit der Führungskraft die Kriterien. Bestimmen Sie, bei welchen Mitarbeitenden ein individueller Massnahmenplan gefragt ist. Definieren Sie für jede Person kurz-, mittel und längerfristige Massnahmen.
Bleiben Sie einfach und klar. Beim Einen geht es vielleicht um gezielte Entwicklungsmassnahmen wie eine Zusatzausbildung oder ein Praktikum in einer anderen Abteilung. Beim Anderen braucht es Massnahmen zur Entlastung. Beim Dritten um die Mitarbeit in einem bereichsübergreifenden Projekt.
5. Lösungen anbieten
Stellen Sie dem Teamleiter einen Strauss an Massnahmen zur Verfügung. Diese Massnahmenvorschläge basieren auf fiktiven Situationen und sollen als Inspirationsquelle dienen. Hier gilt wie immer «One size fits no one».
Diskutieren Sie über die Abteilungen hinweg die erfolgreichsten Fälle. Nehmen Sie diese in den Katalog auf. HR hat hier eine wichtige Rolle als Drehscheibe. Fördern Sie den Austausch über die getroffenen Massnahmen und die unterschiedlichen Einschätzungen.
6. Vorsorgen ist besser als heilen
Diese kleine Risikoanalyse hat Nebenwirkungen. Zählen Sie die Einschätzungen der einzelnen Mitarbeitenden zusammen und Sie bekommen gleich noch die Risikoanalyse pro Team gratis dazu. Das gibt dem Abteilungsleiter auch einen Orientierungspunkt für die Situation in seiner Abteilung. Führen Sie diese Übung über längere Zeit durch, dann werden auch Einschätzungsmuster zu den Team- und Abteilungsleitern entstehen. Wer ist bekannt für gute Prognosen? Wie können Sie den anderen Teamleitern helfen, ebenso gut zu werden?
7. Ein geplanter Weggang ist ein guter Weggang
Machen wir uns nichts vor. Abgänge gehören zum Alltag. Kündigungen kommen vor. Machen wir diese Kündigungen planbarer. Wie? Thematisieren Sie die Kündigung als Entwicklungsmöglichkeit. Binden Sie diese Option aktiv ins Gespräch ein. Schaffen Sie Vertrauen. Beweisen Sie Grösse und gratulieren Sie Mitarbeitenden, die gehen, zum neuen Job. Viele Mitarbeitenden haben Angst, bei einer Kündigung als Verräter dazustehen. Diese Angst müssen Sie ihnen nehmen. Das macht es allen viel einfacher. Dem Mitarbeitenden, den Vorgesetzten und der Organisation.
Fazit
Ist das Employer Branding? Und wie! Marken sind da, um Orientierung und Vertrauen zu geben. Marken zeigen dann ihre Stärke, wenn es hart auf hart kommt. Werbung ist die primitivste Form, (neue) Kunden – sorry, Mitarbeitende – anzusprechen. Die hohe Kunst ist es, bestehende Mitarbeitende zu halten und zu Botschaftern zu machen.
Lassen Sie Mitarbeitende im richtigen Moment gehen. Ohne ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen. Diese ehemaligen Mitarbeitenden bleiben Ihre Fans, empfehlen Sie weiter, werden zu Ihren Kunden und kommen irgendwann zurück. Garantiert.
Sehr guter Artike! Um das umzusetzten müssen die Chefs erkennt wie wichtig jeder einzelne Mitarbeiter ist und diese nicht wie Marionetten oder Schachfiguren behandeln. Zudem braucht es dazu eine gute Personalstrategie. Diese zwei Voraussetzungen sind leider viel zu oft nicht vorhanden.
Liebe Cristina Riva
Danke für Ihr positives Feedback. Tatsächlich ist die vorgestellte Idee genau darauf ausgerichtet Vorgesetzte in diese Richtung zu sensibilisieren. Zudem ist es auch unsere HR-Aufgabe dafür zu schauen, dass wir nicht einfach Bestellungsempfänger für neues Humankapital (Human Resources) werden.
Dieses kleine Hilfsmittel ist hoffentlich ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Bis bald Christoph Jordi