Ist Coaching nur ein Strohfeuer?

CaochingIn diesem Zusammenhang gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Teilweise ist gar das Image von Coaching in Gefahr.

Die gute Nachricht: Coaching unterstützt wirksam und nachweislich die Selbststeuerung und den Handlungserfolg von Coaches und Klient/innen. Die unmittelbare Orientierung am Leistungsprozess ist die Innovation, die Coaching aus dem Sport in andere Praxisfelder gebracht hat. Positive Wertschätzung, Verantwortung und Bescheidenheit sind ihre Treiber. Mehr Selbststeuerung verbessert die Leistung nachhaltiger als direktive Fremdsteuerung wie Anweisungen, Befehle, Vorschriften, Zwang. Darum ist Coaching in der Personalentwicklung die Intervention und das Angebot der Wahl – insbesondere in agileren Organisationen, welche ohne die Selbststeuerung ihrer Mitarbeitenden schlicht nicht funktionieren. Dafür braucht es das passende Vorgehen und Methodik der coachenden Personen. Notwendig dafür ist vor allem Coaching-Kompetenz.

Die schlechte Nachricht: Handwerklich und fachlich robuste Coaching-Fähigkeiten fehlen in vielen Unternehmen und Organisationen. Menschen werden ohne entsprechende Ausbildung in interne organisationale Rollen als Coaches gebracht. Sie verspüren vielleicht eine innere (philosophische) Nähe zum Thema Coaching und Selbststeuerung, sind aber in der Praxis überfordert. Sie werden eher zu Verwaltern als zu Gestaltern von mehr Selbststeuerung. Vielen Unternehmen fehlt auch das Knowhow für die Auswahl und Zusammenarbeit mit externen Coaches. Entscheidungen aus dem Bauch bzw. nach naiven Vorstellungen einer möglichst passenden Chemie, führen eher zu einer Wiederholung von bestehenden Handlungsmustern als zu ihrer Erweiterung und Erneuerung. Unternehmerische Steuerungen wie Zielsetzung, Design und Evaluation werden oft nicht für nötig gehalten.

Das Risiko ist, dass Coaching als Innovation von Beratung und Führung «verbrennt». «Schlecht gemacht» beschädigt Coaching die eigene Reputation als wirkungsvolles Handlungs- und Beratungsformat. Kurzsichtige Pragmatik – schnell mal ein paar Coaching Tools angewendet – schadet mehr als sie nutzt. Fehlende Kontextualisierung von Coaching in Personal- und Organisationsentwicklung bringt bestenfalls ein Strohfeuer von kurzfristiger Zufriedenheit, nachhaltiger Erfolg wird so jedoch nicht erreicht.

9 comments for “Ist Coaching nur ein Strohfeuer?

  1. 25. Oktober 2019 um 10:32

    Wenn Coaching der Entwicklung von Kompetenzen dienlich ist, kann es durchaus Sinn machen, es in Qualifizierungsmassnahmen einzubauen. Wie aber Vorredner schon erwähnten, heute wird auch ein Seminar im Frontalunterricht Coaching genannt.

  2. 11. Mai 2019 um 7:34

    Danke für den wertvollen Beitrag. Leider ist Coach kein geschützter Titel. Sogenannte «Bindestrich-Coachs» können einerseits zur weiteren Verwässerung eines hilfreichen und soliden Beratungsformats führen. Ich denke an Lern-Coach oder Gesundheits-Coach als Beispiel. Die Zusatzbezeichnung verführt in Richtung Expertenberatung, was natürlich wichtig ist. Nur dann ist es eben kein Coaching mehr. Diese Rollenklarheit fehlt vielen Coachs und v.a. den Coachees. Andererseits weisen diese Bindestrich-Bezeichnungen auf eine spezifischere Ausrichtung im Profil und dienen mit anderen Adjektiven dem eigenen Marketing.

  3. Michael Loebbert
    10. Mai 2019 um 8:20

    Danke für Ihre positiven Rückmeldungen. Herzlich, Michael Loebbert.

  4. Heike K.
    10. Mai 2019 um 6:14

    Ich erlebe in der Praxis häufig, dass mittlerweile nahezu alles «Coaching» genannt wird. Ob es ein Feedback-Gespräch ist, eine Unterrichtung …
    Viele Führungskräfte nennen alles Coaching. Und das, was das Coaching ausmacht – nämlich, dass der Coachee mit Hilfe des Coachs die Lösung selbst erarbeitet (im Sinne der Selbststeuerung), bleibt dann auf der Strecke. Es braucht hier noch viel Aufklärung und vor allem professionelle Ausbildungen, damit sich nicht jeder Coach nennen darf und jedes Gespräch als Coaching deklariert wird. Danke für den anregenden Artikel!

  5. 9. Mai 2019 um 19:27

    Früher waren das meistens Psychologen mit einer guten Ausbildung, die Leuten halfen, ihre Ressourcen besser zu nutzen und «sich selbst besser zu steuern». Heute stehen einem manchmal die Haare zu Berge, wenn man sieht, wer alles Coaching anbietet…
    Etwas eigene Lebenserfahrung wird nicht selten als genügende «Legitimation» angeführt.

  6. 9. Mai 2019 um 18:49

    Knüpfe mal an den Beitrag von Herrn Weber an, dem ich zustimme.
    Coaching ist nicht nur inflationär geworden, sondern von der Sache her auch stark verformt worden. Alles was in Sachen Weiterentwicklung der Mitarbeiter geschieht. ein Coach ist kein Trainer und umgekehrt. Ein Trainer ist kein Wissensvermittler und umgekehrt. Anscheinend kommt aber bei immer mehr Personen alles in einen Sack.

  7. 9. Mai 2019 um 14:52

    Der Beitrag ist äusserst wertvoll. Ich bin der Meinung, dass die HR-Fachspezialistinnen und -spezialisten jedoch in der Lage sein sollten die Spreu vom Weizen zu trennen und wissen, dass gute Coachs für oft schwierige und komplexe Themen über eine erfolgreiche Berufs- und Coachingerfahrung und Ausbildung verfügen müssen.

  8. 9. Mai 2019 um 9:58

    Sehr guter Beitrag. Leider ist das so, da viele erfolglose Stellensuchende diesen Job unterschätzen. Das Wort Coaching ist «inflationär» geworden. Ich habe in den letzten 27 Jahren das Kommen und Gehen gut mitverfolgen können.

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