Welche Daten darf die Arbeitgeberin bearbeiten?

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ArbeitsrechtIn den meisten Betrieben verfügt HR sowie weitere Abteilungen und Einheiten über eine Vielzahl von Daten über die Arbeitnehmenden. Wie damit umzugehen ist.

In den letzten Jahren ist das öffentliche Bewusstsein für den Datenschutz gestiegen und die gesetzliche Regelung verschärft worden. «Datenschutz» bedeutet zweierlei: Zum einen geht es um die Datensicherheit. So sind Dateien vor Hackerangriffen zu schützen und zu sichern. Dafür gibt es viele technische und organisatorische Schutzvorkehrungen. Zum anderen geht es um den Schutz der Privatsphäre. Jeder hat einen Anspruch, gewisse Daten vor anderen Personen geheim zu halten. Es dürfen nicht einfach alle möglichen Daten über andere Personen gesammelt und bearbeitet werden. Jede Datenbearbeitung bedarf eines Rechtfertigungsgrundes. Die wichtigsten Gründe, die eine Datenbearbeitung gemäss Gesetz rechtmässig machen, sind die Einwilligung sowie überwiegende private oder öffentliche Interessen, was eine Interessenabwägung im Einzelfall erfordert.

Konsequenzen für die Praxis

Was bedeutet das für die Arbeitgeberin? Darf sie Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Arbeitnehmer, wie beispielsweise Betreibungsregister-Auszüge, Angaben über die Familienverhältnisse, Nebentätigkeiten etc. sammeln?

Art. 328b OR hält für den Datenschutz im Arbeitsverhältnis fest, dass die Arbeitgeberin Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten darf, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Datenschutz-Gesetzes. Nimmt man das wörtlich, ist eine Datenbearbeitung, die weder für die Beurteilung der Eignung des Arbeitnehmers für das konkrete Arbeitsverhältnis noch für dessen Durchführung notwendig ist, selbst dann unzulässig, wenn die Einwilligung des Arbeitnehmers vorliegt. Von Art. 328b OR kann in einem Vertrag nur zu Gunsten, nicht aber zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Entsprechend können grundsätzlich nebst der Notwendigkeit für die Eignungsbeurteilung oder für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses keine weiteren Gründe eine Datenbearbeitung rechtfertigen. Namentlich kann die Einwilligung des Arbeitnehmers keine Rechtfertigung darstellen, soweit die Datenbearbeitung nicht im Interesse des Arbeitnehmers erfolgt. Das Bundesgericht scheint nun allerdings eine offenere Auslegung zu bevorzugen und die Einwilligung generell als Rechtfertigungsgrund zuzulassen, sofern diese tatsächlich freiwillig erteilt worden ist. In diesem Entscheid (BGer 4A_518/2020 vom 25. August 2021 Erwägung 4) setzte sich das Bundesgericht allerdings nicht mit den Lehrmeinungen auseinander, welche diese Auffassung ablehnen. Zudem war die Frage für den konkreten Entscheid gar nicht von Bedeutung. Der Entscheid ist folglich mit Vorsicht zu geniessen. Ausserdem wird in den meisten Fällen der Arbeitnehmer gar keine andere Wahl haben, als sein Einverständnis zur Datenbearbeitung zu geben. Dann ist sie aber nicht freiwillig erfolgt und folglich unwirksam.

Relevante Informationen

Betreibungsregister-Auszüge wird die Arbeitgeberin folglich nur verlangen dürfen, wenn es um eine Anstellung geht, bei der die Bonität des Arbeitnehmers für die konkrete Arbeit von Bedeutung ist, was bei einer Tätigkeit im Finanzsektor zutreffen kann. Angaben über die Familienverhältnisse sind nur relevant, wenn die Arbeitgeberin Kinderzulagen und ähnliches abrechnen muss. Bezüglich Nebentätigkeiten darf die Arbeitgeberin den Stundenumfang kennen, weil sie sonst nicht beurteilen kann, ob die Höchstarbeitszeiten gemäss Arbeitsgesetz eingehalten werden. Das zu kontrollieren, ist sie gemäss Arbeitsgesetz verpflichtet. Denn die Höchstarbeitszeiten betreffen bei Mehrfachbeschäftigung alle Tätigkeiten eines Arbeitnehmers, nicht nur ein einzelnes von mehreren Arbeitsverhältnissen.

1 comment for “Welche Daten darf die Arbeitgeberin bearbeiten?

  1. 18. Dezember 2022 um 10:47

    Das habe ich noch nicht gewusst, besten Dank;)

    Janina

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