Was in Pandemie-Zeiten Mitarbeitende wirklich bei der Stange hält und was Arbeitgebende lieber unterlassen sollten.
Ja, Corona beherrscht aktuell unser aller Leben und natürlich auch die Arbeitswelt. Was noch vor Monaten im Personalmarketing erfolgreich umgesetzt wurde, ist derzeit weder gefragt noch einsetzbar: Der Kicker-Tisch im Aufenthaltsraum staubt zu, Spinnweben ziehen über die Massage-Stühle und der kollegiale Austausch an der Kaffeemaschine fehlt. Aber: Der Flurfunk funktioniert auch über die Distanz, von Homeoffice zu Homeoffice, per SMS, WhatsApp, Zoom, in virtuellen Teams oder den sozialen Netzwerken. Für Arbeitgeber heisst das: Sie müssen gute Mitarbeitende zu jeder Zeit binden und ihnen (nicht nur) in Krisen-Situationen passend und schnell begegnen können.
Arbeitgeber wussten es schon immer: Engagierte Mitarbeitende sind meist die erfolgreicheren. Wer mit Herzblut bei der Sache ist, freut sich nicht nur aufs Wochenende, sondern «feiert» auch den Montag. In Krisenzeiten sind es genau diese Mitarbeitenden, die eine «Jetzt-erst-recht-Motivation» zeigen und sich dem firmeneigenen Jammerchor geschickt entziehen.
Ich vergleiche diese Mitarbeitenden gerne mit Influencern und bezeichne sie als «positive Werbeträger des Firmengeschehens». Damit sie wirksam ansteckend sind, benötigt es überlegtes, kluges und angepasstes Employee Engagement. Einer der Schlüssel dazu sind die Führungskräfte.
Kommunikation im Unternehmen
Sachlich aufbereitet, rechtzeitig zugestellt und adressatengerecht formuliert, kann und darf die Firmenleitung zeigen: «Lieber Mitarbeitender, wir nehmen dich ernst. Und wir werden die Sache zusammen angehen und meistern.» Für den (guten) Ruf als Unternehmen ist das Kommunikationsverhalten essenziell. Natürlich können damit negative Entscheidungen nicht in positive umgewandelt werden. Aber Transparenz unterstützt meiner Erfahrung nach immer die Akzeptanz von «schlechten Nachrichten». Ich halte es deswegen auch für ungemein wichtig, dass gerade jetzt – in der Krise – HR und Führungskräfte zu einem gut funktionierenden, von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägten Team werden und den Fokus auf drei Dinge richten:
1. Qualität von Information und Kommunikation
Information und Kommunikation waren schon immer wichtig – aber beides ist jetzt besonders zentral. Leider gibt es auch in «normalen» Zeiten kaum ein überlegtes und adressatengerechtes Informationsmanagement. Viel zu oft beobachte ich, dass auch die Führungskräfte schlecht von ihren Vorgesetzten (respektive Firmenleitungen) informiert werden. Das Resultat ist ein Informationsvakuum, das sich durch alle Ebenen eines Unternehmens multipliziert. Und dies, obwohl Personaler die Wichtigkeit einer hohen Kommunikationsbereitschaft auch gegenüber der Führungsebene regelmässig betonen – vor allem, weil sie immer wieder beobachten, dass der Informations- und Kommunikationsbedarf der Mitarbeitenden in Krisenzeiten um einiges höher ist als in den sogenannten «guten Zeiten».
Pauschal fliessen (Krisen-)Informationen in den meisten Firmen regelmässig, wobei die Absender von Fall zu Fall variieren: mal ist es die Führung, mal die Geschäftsleitung. Ich kenne sogar Firmen, in denen nur das HR schriftlich informiert. Doch all diese Informationsschreiben sind vor allem eines: 08/15 – teilweise überladen mit altmodischen Satzphrasen, verpackt in verschachtelten Sätzen und copy-paste auf die Schnelle erstellt.
Doch gerade in einer Krise sollten diese Mails den Empfänger sofort ansprechen und ihn für den Inhalt interessieren. Beispielsweise könnte im Betreff stehen: Kennen Sie die «Jetzt-erst-recht-Motivation»? Und statt im gewohnt langweiligen Firmenjargon die Fakten zu präsentieren, könnten Techniken wie das Storytelling genutzt und am Ende eine klare Handlungsaufforderung – call to action – formuliert werden.
2. Abwechslungsreiche und sinnstiftende Arbeit
Mitarbeiterbefragungen und Austrittsgespräche machen es immer wieder deutlich: Der Sinn einer Tätigkeit will gesehen werden und Mitarbeitende wollen neben Routine auch Abwechslung und suchen von Zeit zu Zeit die Herausforderung.
Die derzeitige Pandemie führt beinahe überall zu grossen Verunsicherungen. Viele Unternehmen versuchen im Moment einfach nur zu retten, was zu retten ist. Sie gehen an die finanziellen Reserven, beruhigen Kunden und Aktionäre. Im Fokus steht, die A-Kunden und den Hauptaktionär bei Laune zu halten. Dabei vergessen sie beinahe völlig ihre Mitarbeitenden. Diejenigen, die die Auswirkungen der Pandemie und die daraus resultierenden Belastungen ohne Wenn und Aber tragen müssen; diejenigen, die auf der Firmenhomepage als wichtigste Ressource des Unternehmens benannt sind. Sie vergessen: Mitarbeitende sind Teil der Lösung, denn …
- sind die Mitarbeitenden «erst-recht-motiviert», wird der Kunde stets gut bedient.
- Mitarbeitende, die sinnstiftende, abwechslungsreiche Arbeit tun, erfreuen den Hauptaktionär, weil er weiss: Das Unternehmen wird auch in diesen «schweren» Zeiten nicht nur knapp überleben, sondern sogar gestählt aus der Krise hervorgehen.
3. Fürsorge
Fürsorge ist nicht nur ein Wort im Leitbild, sondern eine Handlung mit Herz und Verstand. Mitarbeiter-Fürsorge im Sinne eines engmaschigen, überlegten Beziehungsmanagements ist gerade in Krisenzeiten Trumpf. Deswegen sollte HR spätestens jetzt in den wöchentlichen Abteilungssitzungen einen festen Platz haben und den Führungskräften als Sparringspartner und nicht nur als Erfüllungsgehilfe zur Seite stehen.
«Fachkräftemangel» und «Digitalisierung» – in einem HR-Forum 2019 standen diese beiden Themen schon einmal im Mittelpunkt. Jetzt sind sie wieder im Fokus und geben HR-Abteilungen eine historische Chance zu zeigen, was in ihnen steckt. So freute sich meine HR-Kollegin Maja erst kürzlich: «Stell‘ dir vor, Diana, endlich kommt der Geschäftsleiter mal ins HR und fragt nach Möglichkeiten, wie wir die Mitarbeiterfürsorge pushen können.»
Jetzt erst recht
Information und Kommunikation plus Abwechslung und sinnhafte Tätigkeit, ausserdem Fürsorge – sie stehen im Jahr 2021 für Employee Engagement. Damit das gelingt, bedarf es nun der Anpassung der Personalpolitik, denn was in 2019 für die nächsten Jahre geplant wurde, kann unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr umgesetzt werden.
Um so wichtiger ist, dass Personaler mehr denn je zu Leuchttürmen werden in den Unternehmen. Dass sie die «Jetzt-erst-recht-Motivation» vorleben und im Unternehmen verbreiten – für ein gemeinsames Vorankommen und ein erfolgreiches Herauskommen aus der Krise.
Anmerkung der Redaktion: Diana Roth übernimmt ab sofort das Ressort «Employee Engagement». Herzlich Willkommen in der HR Today Blog-Community!
Danke, kann einiges davon mitnehmen. Alle Punkte sind wichtig und werden heute wirklich teilweise von Mitarbeitenden vermisst. Beispielsweise die Qualität der Informationen und die Fürsorge. Leite den Beitrag liebend gerne weiter und hoffe, dass viele ihn lesen!
Sehr gute Impulse und Tipps die in Corona-Zeiten besonders hilfreich sind. Super.