Letzte Woche haben wir Lego gespielt, heisst mit 50 Lehrerinnen und Lehrern ein neues Schulmodell gebaut. Trotz meiner Erfahrung als Lego Serious Play® Facilitator war ich einmal mehr fasziniert und tief beeindruckt, wie schnell man spielend zu Resultaten kommt. Ich frage mich, warum so wenige Unternehmen auf die Kraft der spielerischen Auseinandersetzung mit komplexen Problemstellungen setzen. Ein Plädoyer für Spiel als Mittel zur Lösung komplexer Probleme.
Wenn wir jeweils unseren Kunden und Kundinnen vorschlagen ein Thema mit Lego anzugehen, dann ernten wir erst mal ein mildes Lächeln. Meistens auch ein Einverständnis, sich einmalig auf den Versuch einzulassen – als Experiment, als Auflockerer und Tapetenwechsel. Wenn wir im Workshop tolle Resultate erreichen, bleibt der Workshop als tolles Erlebnis in Erinnerung, doch finden die neuen Werkzeuge selten Platz im Methodenkoffer der Unternehmen. Da regieren PowerPoint, Excel und – im guten Fall Flipcharts und Post-It. Ein Seminarkoffer mit vertrockneten Filzstiften und ein paar Pinnwand-Nadeln gehören zum Standardprogramm.
Im Beispiel des Auftrages mit unseren Lehrpersonen eine Tagesschule aufzubauen, waren vom Hausmeister bis zur Hortleiterin, von Kindergärtnerinnen bis zu Betreuungspersonen inklusive Schulleitung alle Beteiligten vertreten. Vom zuständigen Schulamt gab es genaue Vorgaben zur Einführung des Schulmodelles auf 30 Seiten. Anstatt einer langwierigen Diskussion wurden die Vorgaben mit Lego dreidimensional gebaut. Die Auseinandersetzung mit dem Vorgabenpapier erhielt dadurch eine neue Dimension. Die Intensität war hoch. Der Spassfaktor auch. Die Fantasie der Teilnehmenden tat den Rest. Es entstanden in kurzer Zeit fünf spannende Prototypen und viele Anregungen, wie man dieses komplexe Projekt umsetzen könnte.
Warum das funktioniert und weshalb spielen und gemeinsam Gestalten lohnenswert sind – davon handelt dieser Blog.
Woher kommt Lego als Methode?
Lego Serious Play® ist ein moderierter Prozess, der die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen mit der Geschäftswelt verbindet. Es kann in Unternehmen, Teams und auch mit Einzelpersonen eingesetzt werden. Lego Serious Play® fördert neue Ideen, eröffnet neue Perspektiven, verbessert die Kommunikation und beschleunigt Problemlösungen. Die Methode wurde 1996, also vor fast 30 Jahren von Lego und dem IMD in Lausanne erfunden.
Wo ist der Einsatz sinnvoll?
Bei komplexen Fragestellungen, wie die Erarbeitung von Geschäftsstrategien oder Herausforderungen, die von verschiedenen Bereichen gemeinsam gemeistert werden müssen, empfiehlt sich die Methode besonders. Genauso gilt das auch im Recruiting, im Teambuilding oder in der Organisationsentwicklung.
Mir ist eine Sequenz mit der Geschäftsleitung eines Kunden in Erinnerung, die vor ihrem gemeinsamen Modell stand: Allen wurde mit einem Schlag klar, dass es so nicht weitergehen konnte.
Ich sehe aber auch Bewerbende vor mir, die dank Lego plötzlich ganz andere Talente offenbarten, als aus dem Lebenslauf abzulesen waren.
Was macht die Methode wertvoll?
Das Motto heisst: «Mit den Händen denken». Lego zwingt uns unsere Fantasie zu nutzen und Dinge, die wir normalerweise nur aussprechen oder aufschreiben, dreidimensional darzustellen. Oft entstehen dann Dinge, die einfach aus uns herauskommen. Es entstehen spannende und meist ungewohnte Perspektiven auf eine Problemstellung, die uns komplett neue Lösungswege aufzeigen. Interessanterweise gibt es keine Unterschiede unter verschiedenen Herkunftsbereichen oder Kompetenzen der Teilnehmenden. Ein Buchhalter ist nach zehn Minuten genauso ins Spiel vertieft wie jemand aus der Produktion oder aus der Marketingabteilung.
Was passiert mit den Beteiligten?
Die Teilnehmenden kommen erstaunlich rasch ins «Spielen» oder in den Flow. Da die Methode mit kurzen Zeitabschnitten arbeitet und das spezielle Lego Set für Lego Serious Play® keine Perfektion zulässt, entsteht Raum für die Fantasie. Ein weisser Legostein wird zum Eisbären oder zu einem Haus in Griechenland, kann aber auch ein Elektroauto sein.
Dazu kommt, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Alle Teilnehmenden haben die gleichen Voraussetzungen und die gleiche Redezeit. Jedes gebaute Modell ist richtig. Wenn in einer Gruppenarbeit vor dem Flipchart normalerweise die Führungskräfte und die üblichen Wortführer das Zepter in der Hand halten, ist bei der Lego-Methode jedes Mitglied gleichberechtigt.
Warum wird die Methode unterschätzt?
Das «Spiel» und das «Ausprobieren» haben in unserem Alltag viel zu wenig Platz.
Lieber sucht man nach den immer gleichen Mustern, nach gleichen Lösungen. Das ist zwar bequem, hilft aber der Organisation wenig weiter. Vor allem dann, wenn wir in einer komplexen Situation gezwungen werden nach unkonventionellen Lösungen zu suchen. Dazu kommt, dass Lego als «Kinderspielzeug» abgetan wird. Man kann auch einfach eine Parallele zum Design-Thinking ziehen – auch in Innovationsprozessen spielt Versuch und Irrtum eine grosse Rolle. Auch hier sehen wir, dass erst wenige Unternehmen dieses wertvolle Wissen einsetzen.
Einsatz im Unternehmen
Oft nutzen wir kleine Lego-Sets zur Eröffnung eines Meetings. Es ist ein spannendes Tool, wenn es darum geht, jemanden kennenzulernen. Mit grösseren Lego-Sets kann man sich Themen wie Strategie, Kundenservice, Innovation oder Personalplanung vornehmen.
Die Reihe lässt sich fast beliebig fortsetzen.
Ausbildung
Wer Lego-Prozesse moderieren will, sollte sich mit der Methode auseinandersetzen. Es gibt coole Bücher und – sehr zu empfehlen – es gibt entsprechende Ausbildungen.
Material
Lego Serious Play® hat seinen eigenen Platz im Lego-Universum. Die verschiedenen Sets sind so zusammengestellt, dass man nichts «Schönes» bauen kann und immer genug Platz bleibt für die Fantasie. Es genügt also nicht die Legos aus dem Kinderzimmer in eine Tasche zu packen.
Fazit
Lego Serious Play® ist ein Beispiel dafür, wie wir die Fantasie unserer Mitarbeitenden besser nutzen können. Es ist eine Möglichkeit, ausgetretene Pfade zu verlassen. Aus Sicht der Organisationsentwicklung und der Personalentwicklung ist das ein wichtiger Auftrag für uns. Diese Methode ist eine von vielen Möglichkeiten, die Organisation kreativ auf neue Gedanken zu bringen. Probieren sie es aus. Es lohnt sich.
Links:
Bücher:
- Kristiansen/Rasmusen, Building a Better Business Using the Lego Serious Play Method, John Wiley & Sons Inc., 2014
- David Hillmer, PLAY! Der unverzichtbare LEGO® SERIOUS PLAY® Praxis-Guide für Trainer, Coaches und Moderatoren, Hanser Fachbuch, 2021