Sind Sie gerade bei der Planung von Personalmarketing? Stopp! Es gibt gewichtige Gründe, sich jetzt um Ihre Reputation zu kümmern. Der Ruf eilt einem voraus. Reputation wird zur harten Währung und wer an ihr arbeiten will, tut gut daran, weiterzulesen.
Nichts ist, wie es einmal war …
Unsere Arbeitswelt verändert sich rasant. Es wird digitalisiert, globalisiert, beschleunigt, optimiert und entwickelt, was das Zeug hält. Die Welt spielt verrückt: Zinsen sind plötzlich negativ, bewährte politische Systeme werden hinterfragt, auf Währungen ist kein Verlass mehr und in vielen Berufsgattungen fehlt der Nachwuchs.
Genauso rapide verändert sich die Wirtschaft: Alibaba ist das grösste Warenhaus der Welt und hat weder physische Verkaufsflächen noch Lagerräume. Uber, die grösste Taxifirma der Welt, hat keine eigenen Fahrzeuge – und Airbnb, einer der grössten Anbieter von Unterkunftsmöglichkeiten, hat keine eigenen Liegenschaften. Alle drei Firmen entwickelten sich innert weniger als 10 Jahren vom Start-up zum globalen Player und sind heute Milliarden wert. Nokia ist verschwunden, Blackberry ebenso und Kodak kennt schon gar niemand mehr. Dabei waren es die Ingenieure von Kodak, die die Digitalkamera erfunden haben! Alle wollen heute Google sein und jeder hat Angst, wie Blackberry ins wirtschaftliche Offside zu laufen.
Unternehmen stehen in einem gnadenlosen Wettbewerb
Unternehmen sind gezwungen, mit immer weniger finanziellen Mitteln und weniger personellen Ressourcen ihren Umsatz zu steigern. Die Industrie 4.0 verändert unsere Wertschöpfungsketten radikal.
Organisationen der Zukunft funktionieren anders
Hierarchische Organisationen müssen zu agilen Netzwerken werden. Schwarmintelligenz ist gefragt. Traditionelle Organisationsformen, die aus Armeestrukturen abgeleitet sind, werden scheitern. Wissen ist heute in der Cloud allen zugänglich. Wissen als Eigentum und Existenzberechtigung für den Vorgesetzten existiert nicht mehr. Es entstehen kreative Netzwerke und Ökosysteme. Hubs und Entwicklungsplattformen verdrängen Arbeitsplätze und Büros, wie wir sie kennen. Wir müssen in Projekten statt in «Arbeitsstellen» denken. Wir werden Projekte ausschreiben – und diese nicht mehr mit Leuten «besetzen», die dann brav auf ihrer Stelle «sitzen bleiben».
Sich anpassen oder sterben
Unternehmen müssen sich schnell, effizient und schlank den sich wandelnden Gegebenheiten der Märkte anpassen. In erfolgreichen Unternehmen wird Wissen über die verschiedenen Disziplinen hinweg zum Fliessen gebracht und möglichst rasch verteilt. Das Wissen in klassischen Kompetenzbereichen zu horten ist tödlich. Langsam verliert. Firmen wie Facebook machen es vor: Produkte schnell auf den Markt bringen und mit Updates laufend nachbessern: «Done is better than perfect», heisst das Mantra von Mark Zuckerberg.
Neue Anforderungen
Wer weniger personelle Ressourcen zur Verfügung hat und gleichzeitig zur permanenten Leistungssteigerung verdammt ist, braucht Mitarbeitende, die schneller, günstiger und besser arbeiten. In diesem Kontext wird von den Mitarbeitenden immer mehr Flexibilität verlangt: fachlich, zeitlich, kulturell, interpersonell. Stellenbeschriebe waren gestern – sie sind schon in dem Moment überholt, in dem sie fertig geschrieben sind. Die Anzahl fester, langfristig ausgelegter Arbeitsplätze mit klaren Strukturen, verlässlichen Hierarchien, klar definierten Aufgaben, eindeutig geregelter Kompetenzen und klar zugewiesenen Verantwortungsbereichen wird drastisch sinken.
Neue Ansprüche
In solchen Systemen wird die Loyalität des Mitarbeitenden zum Arbeitgeber zwangsläufig abnehmen. Mitarbeitende lernen, mit dem Change umzugehen, passen sich an und werden «biegsam» – sie verlieren jegliche Innovationslust. Sie entwickeln jedoch auch neue Bedürfnisse: Stand früher ein hoher Lohn und Arbeitssicherheit im Vordergrund, dann wird es in hoch entwickelten Märkten vermehrt darum gehen, «Work» und «Life» mit einer sinnerfüllenden und bedeutungsvollen Lebensgestaltung zu kombinieren. Der Arbeitsplatz wird damit eher zu einer Plattform, um sich selber zu entwickeln. Das Interesse des Mitarbeitenden am nachhaltigen Unternehmenserfolg ist gering, wenn er merkt, dass er eher Lohnsklave als Gestalter ist.
Erfolgsfaktor Mensch bleibt
Auch in Zukunft werden Produkte und Dienstleistungen in der Herstellung und Vermarktung von den Mitarbeitenden geprägt. Die menschlichen Schnittstellen mit einem Produkt oder einer Dienstleistung werden weniger – dafür umso entscheidender! Mitarbeitende müssen nicht nur produktiver werden, damit eine Firma wettbewerbsfähig bleibt – sie müssen mitdenken, mitgestalten, sich einbringen. Die Mitarbeitenden bleiben deshalb, egal auf welcher Stufe, entscheidend für die Reputation einer Dienstleistung oder eines Produktes. Auch deshalb, weil in einer Welt der sozialen Medien die Mitarbeitenden ihre Arbeitswelt fast automatisch öffentlich machen.
Be the change you want to see!
Warten wir geschockt und paralysiert auf Direktiven oder sind wir aktive Gestalter der Zukunft? Als HR haben wir die Chance, Reputationsgestalter für unsere Unternehmen zu werden. Marketingmassnahmen sind wie Süssigkeiten. Verlockend, schnell zu konsumieren und einfach fein. Beim Reputation Management geht es um die gesunde Ernährung mit der Idee, die Wahrnehmung der Unternehmung zu beeinflussen. Langfristig. Reputation ist dabei das Getriebeöl, das den Wandel in einem Unternehmen nachhaltig beschleunigt.
Personalmarketing ist tot – es lebe Reputationsmanagement!
Mitarbeitende emotional für das Unternehmen zu gewinnen, wird ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Herausforderung besteht darin, das Engagement und die Leidenschaft von Mitarbeitenden zu fördern, die sich einem Arbeitsumfeld bewegen, das ständig im «Fluss» ist. Die gute Reputation als Arbeitgeber wird so zur entscheidenden Währung für Attraktivität.
Hallo Herr Jordi!
Ein schöner „Appell“, den ich in Teilen durchaus unterstreicht. Allerdings empfinde ich Ihren Artikel als an einigen Stellen zu pauschal. Ich glaube, die Art und Weise wie ich mich als Arbeitgeber entwickeln muss, bzw. wie ich mein Arbeitgeberangebot attraktivieren und kommunizieren muss, hängt doch recht entscheidend von meiner Arbeitnehmerzielgruppe an. Ein Logistikunternehmen, möchte ich behaupten, muss nicht zwingend dieselben Strukturen und Arbeitsgestaltungen anbieten, wie eine Werbeagentur oder eine IT-Schmiede.
So wichtig ich es finde, dass sich Arbeitgeber (endlich) für die Veränderungen in der Arbeits- und vor allem der Arbeitnehmerwelt öffnen, so wesentlich ist für mich aber auch, dabei möglichst zielgruppengerecht und nicht mit der Gießkanne zu arbeiten.
Ansonsten passiert das, was etwa beim Employer Branding nicht passieren soll: Alle werden austauschbar. Auch, wenn sich das in manchen Dingen nicht ändern lässt.
Veränderungen haben immer mit Arbeit und auch mit Angst zu tun. Aber es geht ja nicht unbedingt darum, möglichst schnell alles über den Haufen zu werfen. Eine zielorientierte, zielgruppengerechte und langfristig geplante Strategie empfinde ich als Erfolg versprechender. Dass ein „Mehr“ an Kollaboration und ein „Weniger“ an Hierarchie dabei unumgänglich ist, sehe ich allerdings so wie Sie.
Beste Grüße
Martin Wilbers
Hallo Herr Wilbers
Danke für Ihren ausführlichen und differenzierten Kommentar. In einem Blog geht es natürlich immer etwas darum zu pauschalisieren bzw. zu provozieren. Wie sonnst kommen wir zu guten und klärenden Feedbacks der Leser? Mit anderen Worten: Ich bin bei Ihnen. Wandel spielt sich in jedem Unternehmen anders ab. Nicht zuletzt deshalb ist es bei der Strategiearbeit mit unseren Kunden Pflicht, dass wir uns gemeinsam über die internen Zielgruppen und deren Bedürfnisse klar werden. Oft wird dabei den Beteiligten auch klar, wie sehr sie an den Menschen vorbeikommunizieren. Dabei werden, so wie sie es schreiben, Ängste und Haltungen ausgelöst, die selten so gewollt waren. In diesem Sinne geht es wirklich darum Wandel auf allen Ebenen strategisch sauber zu planen. Das ist der Optimalfall. Viele Kunden landen jedoch erst bei uns, wenn sie schon zwei oder drei Mal kräftig gegen die Wand gefahren sind oder gerade rechts überholt werden. Nochmals Danke für Ihren Kommentar.
Beste Grüsse
Christoph Jordi
Guten Tag Herr Jodi. Ihr Artikel hat mir aus meinen Gedanken gesprochen. Der Wandel ist leider noch nicht bis zu allen durchgedrungen. Es wird zudem am falschen Ende gespart, mit Rückkopplungsfolgen für den Schweizer Wirtschaftsstandort. Das Potiential liegt nunmal auch in den richtigen Mitarbeitern, die sich über die Jahre gesehen, das Wissen und die Struktur im Unternehmen aneignen. Doch, wie sieht es momentan aus, die wenigsten Grossunternehmen kümmern sich um die eigenen Mitarbeitenden. Know how wandert ab oder wird gekündigt, wegen Sparmassnahmen, die man an anderer Stelle für riesige Bauprojekte oder Firmenaufkäufe wieder ausgibt. Hauptsache am Personal sparen. Traurig. Zudem macht es das Image kaputt, denn Mitarbeiter sind gleich Kunden. Und die Mitarbeiter sind einer der tragenden Säulen des Unternehmens. Ich kann nicht nachvollziehen, dass der Mitarbeiter in Grossunternehmen in seiner Leistung und Identifikation zum Unternehmen so wenig geschätzt wird. Jeder Kleinunternehmer wäre froh über so einen Mitarbeiter, der nicht nur von XX Uhr bis XX Uhr arbeitet, sondern sich einbringt. Es geht noch viel weiter, doch das wäre noch ein anderer Artikel.
Das Potential wird einfach nicht geschätzt, wohl aber eingefordert, bis es nicht mehr geht. Ach ja, und dann holt man sich einen neuen Mitarbeiter. Der, der entlässt, bekommt noch ein Schulterklopfen, bravo für die Einsparung. Die Arbeit bleibt liegen oder Freelancer werden eingestellt. Wo soll das hinführen?
Das Image wird auch von innen nach aussen zerstört. Immer mehr Mitarbeitende in Nicht-Kader-Funktionen haben ein breiteres Fach- und Berufswissen und nicht nur spezialisiert auf eine Richtung. Normalerweise ein Gewinn für jedes Unternehmen. Doch die Erfahrung zeigt, ein breites Fach- und Berufswissen wird teilweise falsch eingeschätzt, so in dem Sinne, man könnte sich nicht entscheiden. Das ist falsch gedacht. Ich habe zum Beispiel gern den Überblick übers Ganze, so dass ich mit meiner Arbeit qualitativ wirklich als Stütze mitwirken kann und nicht als Last. Habe ich den Blick über gewisse Bereiche (nicht bis ins Detail), kann ich doch den Vorgesetzten und das Unternehmen in ihren/seinen Belangen besser verstehen und Auswertungen so gestalten, dass sie sofort – ohne grosse Überarbeitung – an der Direktion präsentiert werden können. Aber nein, als Mitarbeiter soll ich klein denken. Na bravo. Was ist mit den Innovationen? Sind sie nur dem Management überlassen? Was ist mit dem Mitarbeitenden, die an der Quelle sitzend, qualitativen und messbaren Content bieten könnten? Nutze ich den jetzt privat? Ein wenig Humor am Ende.
Lieber Mitarbeiter
Danke für Ihren Kommentar. Tatsächlich ist die Situation in vielen Grossunternehmen frustrierend. Gerade dann, wenn man nur von Quartalsresultat zu Quartalsresultat denkt. Und dann bei Aussagen endet wie „Wenn sie Loyalität wollen, dann kaufen Sie sich einen Hund“ (Oswald Grübel). Auf der anderen Seite gibt es aber viele (eher kleinere) Unternehmen, die das Involvement der Mitarbeitenden aktiv nutzen und auch gezielt pflegen.
Und: Jeder Mitarbeiter hat schliesslich auch den Arbeitgeber, den er verdient. Irgendwann muss man sich die die Frage stellen: Ist es mein Arbeitgeber wert, dass ich jede Woche 40 Stunden oder mehr mit ihm verbringe? Bin ich Opfer oder aktiver Gestalter meiner beruflichen Entwicklung?
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Mut, Kraft und Zuversicht um einen aktiven Beitrag zur positiven Veränderung in ihrem Unternehmen zu leisten oder konsequent nach einem besseren Umfeld zu suchen.
Viele Grüsse
Christoph Jordi
Was ist denn in einem umfassenden, ernsthaft aufgestellten Personal-marketing/EB nicht enthalten im Vergleich zum „Reputationsmanagement“?
Der Blog stimuliert und wirkt inspirierend.
Lieber Herr Tadei
Danke für Ihren Kommentar. Tatsächlich haben sie natürlich Recht: Eine gut umgesetzte umfassende Employer Brand Strategie führ zu einer guten Repuation. Zwingend. Ich meine, dass zu oft an der Fassade gearbeitet wird und Unternehmen sich dazu verführen lassen an Äusserlichkeiten und vermeintlich coolen Marketingaktionen zu arbeiten. Dabei geht eines vergessen: Nachhaltige Reputation kann man mit kurzfristigen Massnahmen kaum beeinflussen. Schöne „Fake News“ oder „alternative Facts“ führen zu zwar Aufmerksamkeit – Reputation wächst jedoch immer von Innen nach Aussen. Nie umgekehrt. Was Innen nicht brennt, kann aussen nicht leuchten. Da helfen alle tollen Marketingfeuerwerke nicht, wenn es nach den „Ahhs“ und „Oohs“und ein paar schönen Kampagnenpreisen wieder finstere Nacht ist…
Interessanter Beitrag und ich stimme in vielen Punkten zu. Was mich interessieren würde: was halten Sie in diesem Zusammenhang von kununu als „reputationsbeinflussendes Medium“?
Lieber Herr Knoer
Danke für Ihren Kommentar. Tatsächlich versucht kununu ja ein Spiegel der Reputation zu sein. Damit sollen Kandidaten zu einem realistischen Eindruck der Firma kommen. Soweit ist die Idee eigentlich ausserordentlich reizvoll.
kununu hat zwei Probleme. Erstens wird diese Plattform meistens von unzufriedenen (ehemaligen) Mitarbeitenden genutzt um ihren Frust abzubauen. Damit ist kununu vielfach zu einer Klagemauer verkommen. Dies umso mehr, wenn die Anzahl Kommentare im Verhältnis zur gesamten Anzahl Mitarbeitenden irrelevant ist. Zweitens ist kununu eine kommerzielle Plattform. Wenn ich also als Firma investiere, dann kann ich mir eine bessere Darstellung meiner Firma (mindestens teilweise) kaufen. Damit geht der Reiz einer unabhängigen Plattform in zweierlei Hinsicht verloren. Ich glaube aber, dass die Zuverlässigkeit dieser Plattform als Reputationsbarometer dann Potential hat, wenn möglichst viele Mitarbeitende ihre Meinung abgeben und wenn diese Meinungen auch vom betroffenen Unternehmen aktiv bewirtschaftet werden. D.h. kritische Meinungen werden von der Firma glaubwürdig und wertschätzend kommentiert. Dann kann ich mir als externer Betrachter durchaus eine Meinung bilden.