Employer Branding: Rentner an die Macht!

Bei der Meister AG ist es wieder so weit. Das HR muss den jährlichen Pensioniertenanlass planen. Schiffsreise? Zu teuer! Dann lieber ein Lunch im Ausflugsrestaurant inklusive Begrüssung durch den Personalchef.

Glücklicherweise kommen ja nur etwa zwanzig Prozent der Pensionierten zu diesen Anlässen. Wenige wegen mangelnder Gesundheit. Der grosse Teil wegen Desinteresse und anderen Prioritäten. Pensionierte sind bekanntlich im Dauerstress. Und sehr anspruchsvoll. Vom letzten Anlass kamen 13 Reklamationen. Die meisten, weil die REKA-Checks zu spät geliefert wurden. Andere beklagten sich über das Dessert und wieder andere stellten fest, dass die Portionen beim Hauptgang deutlich kleiner waren als im Vorjahr. Haben Sie selber schon solche Anlässe organisiert? Kommt Ihnen das bekannt vor?

Die pensionierten Mitarbeitenden verdienen Dankbarkeit, Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Das leuchtet ein. Die Arbeit mit den Pensionären ist bei vielen HR-Verantwortlichen unbeliebt. Sie ist neben dem operativen Geschäft eine zusätzliche Arbeitslast ohne eigentlichen Mehrwert. Ohne Mehrwert? Das muss nicht sein. Unsere Pensionierten können mehr. Aktivieren Sie Ihre Pensionierten. Nutzen Sie ihr Wissen und ihre Erfahrung.

Streichen Sie die traditionellen, sinnentleerten Rentneranlässe und bauen Sie ein Rentnermanagement auf, das seinen Namen verdient. Rentner an die Macht!

Hier 10 Ideen zum Employer Branding für Rentner und für mehr Freude auf beiden Seiten.

1. Social Responsibility Manager

Aktive Botschafter, Organisatoren und Helfer in den CSR Projekten, die Sie mit ihrer Firma unterstützen.

2. Sampling Agent

Mal etwas anderes als Studentinnen und Studenten von Sampling-Agenturen, wenn es darum geht, Produkte am Bahnhof, an Messen oder an Kundenanlässen unter die Leute zu bringen.

3. Lobbyisten und Netzwerker

Botschafter für unternehmenspolitische Anliegen in Kommissionen und Gremien einsetzen.

4. Coaches

Nachhilfe für Lehrlinge bei der Vorbereitung auf die LAP oder als Begleiter für MAS oder Bachelorarbeiten. Mit entsprechender Ausbildung: Coaching von Führungskräften.

5. Meinungsmacher und Taktgeber

Meinungen bei Kundenbefragungen oder in Kundenpanels abholen. Selber als Testkunden agieren und neue Lösungen in der Betaversion auf Herz und Nieren prüfen.

6. Experten

Expertenauftritte an Konferenzen, Kundenschulungen oder Firmenführungen.

7. Spitzenbrecher

Erfahrene Feuerlöscher und Helfer bei Not am Mann: Zur Verfügung stehen und den Kollegen unter die Arme greifen.

8. Mystery Shopper

Inkognito die eigenen Dienste testen und Audits durchführen – vom Onlineshop zum Callcenter bis hin zum Aussendienst.

9. Informationsaufbereiter

Recherchieren, Informationen beschaffen und strukturieren. In der Unternehmensgeschichte graben, Forschungsberichte und Gesetzesvorlagen durchpflügen.

10. Caregiver

Verbunden mit entsprechender Ausbildung: Mitarbeitende durch schwierige Situationen begleiten, sie entlasten und unterstützen.

Fazit

Pensionierte haben Besseres verdient als eine Fahrt ins Blaue. Unsere pensionierten Kolleginnen und Kollegen sind nicht nur geistig, sondern auch körperlich fit. Sie haben viel Zeit in der Firma verbracht und fühlen sich meist auch emotional noch verbunden. Wertschätzung hat auch damit zu tun, dass man gebraucht wird, dass man eine Aufgabe hat und dass man etwas Sinnvolles und Wertschaffendes tun kann. Ressourcen sind knapp, der Kostendruck steigt. Dabei geht es nicht darum, Pensionäre als billige Arbeitskräfte und Helfer zu benutzen. Freiwilligkeit ist Vorgabe und eine angemessene Entschädigung selbstverständlich. Hier liegen Ressourcen brach. Nutzen Sie sie. Es ist ein Gewinn für beide Seiten.

Rentnerpflege ist Employer Branding: Mit ihrem grossen Netzwerk sind sie auch über das aktive Berufsleben hinaus wichtige Botschafter.

Bei der Meister AG hat man den geplanten Anlass kurzfristig umgestellt. Es gibt neu eine Einsatzbörse. Die Einsatzmöglichkeiten werden von den internen Projektverantwortlichen vorgestellt. Lehrlinge suchen Nachhilfestunden in Französisch, der CEO Sparringpartner für die Evaluation neuer regulatorischer Richtlinien, der Verantwortliche des Callcenters sucht nach Aushilfen in den Sommerferien. Gleichzeitig wird auch das neue Weiterbildungs- und Qualifikationsangebot für Pensionierte kommuniziert. Darunter eine Coachingausbildung und eine Ausbildung zum Caregiver. Nächstes Jahr findet ein erstes Netzwerktreffen statt, bei dem Erfahrungen über die verschiedenen Einsätze ausgetauscht werden.

6 comments for “Employer Branding: Rentner an die Macht!

  1. 31. Juli 2016 um 8:58

    Für Zahlreiche Unternehmensbereiche würden sich Pensionisten ausgezeichnet auszahlen. Vor allem in der Marketingberatung in einer Online Marketing Agentur. Hier spielt vor allem Wissen und Können eine grosse Rolle. Wenn es sich um etwas Spezifisches oder inhaltlich modernen Themen wie z.B. Typo3 handelt, dann wird eine Typo3 Agentur wohl auf jemand Jüngeres Ausschau halten müssen.

    • 4. August 2016 um 3:11

      Lieber Marketingberatung Fan
      Ich muss zugeben: Google hat mir geholfen herauszufinden, was Typo3 ist. Vielleicht gehöre ich deshalb auch eher in die Kategorie „Beratung“. Ihre Zustimmung freut mich natürlich. Neben Marketing gibt es viele Einsatzmöglichkeiten in allen Arbeitsbereichen und Berufsgattungen. Auch Stunt(wo)men können in fortgesetztem Alter noch fantastische Dinge vollbringen – dank Erfahrung ;-))

  2. A-S
    26. Juli 2016 um 19:58

    Faszinierend und sehr anregend!

    • 28. Juli 2016 um 9:56

      Liebe/r A-S
      Danke für den Kommentar. Als Blogger schreibt man ja immer in ein „schwarzes Loch“ und man weiss nie, ob die Botschaft ankommt. Darum ist jeder auch kurze Kommentar ein kleines Geschenk. Ich finde unsere älteren, ich pensionierten Mitarbeitenden werden masslos unterschätzt. In einer Zeit in der wir mit immer weniger Mitteln immer schneller und mehr produzieren müssen, sollten wir daran denken, dass wir hier Ressourcen freisetzen können. Gewinn und Genugtuung für beide Seiten.

  3. ida.tanner
    14. Juli 2016 um 7:27

    Danke, spannende Ausführungen, die ich gerne in unserem Unternehmen näher prüfen werde.

    • 14. Juli 2016 um 13:36

      Liebe Frau Tanner
      Danke für das Feedback! Ich bin gespannt auf Ihren Erfahrungsbericht. Viele Grüsse Christoph Jordi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert