Digitalisierungs-Blogger Jöel Luc Cachelin stellt sechs entscheidende analoge Tätigkeiten für die digitale Arbeitswelt vor.
Zugegeben: Es ist ein «Milchbüechli»-Argument, über das ich hier schreiben möchte. Es besagt, dass in einer hyperdigitalen Arbeitswelt analoge Arbeitsschritte noch wichtiger als heute werden. Natürlich ist das eine triviale Einsicht. Aber beim pausenlosen Posten auf LinkedIn und anhaltenden Hype für generative KI (und KI-Agenten, die den Hype verlängern sollen) geht sie rasch verloren.
Ich würde sogar behaupten: analoge Arbeitsschritte sind in einer Wirtschaft der Ideen der entscheidende Schritt zur wirtschaftlichen Wertschöpfung. Bis auf weiteres bleiben es die Menschen, die initiieren, entwickeln, überraschend kombinieren, visionieren und betretene Wege in die Zukunft kritisch hinterfragen.
Welches aber sind die Offline-Tätigkeiten, die Arbeitgebende im Sinne einer Ideenmaximierung bewusst kultivieren sollten?
- LESEN – um zu neuen Gedanken zu kommen. Ich bin absolut sicher, wenn Menschen nicht mehr lesen, versiegt ihr Ideenfluss. Wer liest, lernt mit Komplexität umzugehen, erkennt, wie andere die Welt beschreiben, erklären und weiterdenken. Wer liest, übt sich darin, seine Argumente kritisch zu beleuchten.
- SKIZZIEREN – um Ideen zu klären und zu verbinden. Wissen ist nicht eindimensional und wer Wissensnetzwerke konstruieren oder entschlüsseln will, malt diese am besten auf. Das Visualisieren von Ideen hilft Wissenslücken zu entdecke. Es stärkt die Selbstwirksamkeit: Man sieht, was man erarbeitet hat.
- ME-TIME – um im freien Denken Ideen zu vertiefen. Me-Time heisst ohne Ziele zu spazieren, zu duschen, Sport zu machen. Gute Wissensarbeit setzt Stille und Alleinsein voraus. Erst wenn wir uns konzentriert einer Frage stellen, können wir Rätsel lösen. Und wir erkennen die Details, die den Unterschied machen.
- GESPRÄCHE FÜHREN – um zu präzisieren und zu kombinieren. Wie das Lesen sind auch Gespräche unverzichtbar, um die Qualität unserer Ideen zu überprüfen und diese mit anderen zu verschmelzen. Im Gespräch erkennen wir, ob andere verstehen, was für uns selbstverständlich ist. Wir lernen deren Welt kennen.
- PAUSIEREN – um Distanz zu schaffen. Menschen sind keine Maschinen und genau deshalb brauchen sie Pausen. Wir schöpfen neue Kraft, laden unsere Batterien auf. Distanz ist häufig ein Schlüssel zur Lösung. Plötzlich fällt uns ein, was noch gefehlt hat. Wir realisieren: viele Probleme sind nur halb so schlimm.
- NÄHE SCHAFFEN – um den «sozialen Kitt» zu stärken. Gerade Netzwerkorganisationen beruhen auf Kooperation. Nur wenn wir unsere Kolleginnen persönlich kennenlernen, ist lustvolle und produktive Zusammenarbeit möglich. Nähe bedingt Zeit, Sympathie und geteilte Horizonte der Zukunft.
Diese sechs analogen Arbeitsschritte zeigen, wo progressive Arbeitgebende in ihre Arbeitswelten investieren könnten. Sie lassen sich nicht vom KI-Hype blenden und nehmen das Analoge im Design ihrer Büros, im Überprüfen ihrer Arbeitsstrukturen, in ihren Weiterbildungen und in der Kulturentwicklung inklusive Arbeit am Führungsverständnis auf. In das Analoge zu investieren, heisst nicht das Digitale zu vernachlässigen. Im Gegenteil: es braucht beides. Aber Unternehmen, die digitale Hilfsmittel nutzen wollen, um ihre Effizienz, Performance und Leistungsfähigkeit zu steigern, müssen in gute Rahmenbedingungen investieren.
Lieber Joel, danke für deine Gedanken. Du hast allerdings einen Punkt vergessen: die analoge Erfahrung. Ich leite seit 1,5 Jahren als Krisenmanagerin und Museumsdirektorin das http://www.sensorium.ch Es ist ein Erfahrungsfeld der Sinne, das dich begeistern wird. Komm mal vorbei! Eine Idee dazu gibt dir unser aktuelles Lehrpersonen Dossier, das ich soeben auf Linkedin gepostet habe.
Herzlich Alice