Jahrelang wurden sie an Fachkongressen angepriesen, in Hochschulen doziert, nun sind sie da: Die neuen Herausforderungen, denen sich Führungskräfte künftig zu stellen haben.
«Wir streben an, rasch wieder zur Normalität zurückzukehren», steht in den Intranet-News des CEO. Was damit wohl gemeint ist? Die wirtschaftliche Produktivität, das gewohnte Umfeld, der eingespielte Führungsrhythmus? Das eine oder andere mag vielleicht gelingen, doch wie steht es um die Menschen nach Corona? Was bedeutet dies für HR?
Die vertraute Normalität wird es für die Mitarbeitenden so nicht mehr geben. Der Umgang mit Veränderungen, das digitale Managen, Diversity, agiles, werteorientiertes Führen etc. – das alles hat uns eingeholt. Wer hat nun auch tatsächlich den Mut, das Bewährte zugunsten neuer Erfahrungen einzutauschen? Dazu ein konkretes Beispiel mit weitreichenden Konsequenzen. Bei vielen stehen die Zielvereinbarungsgespräche für das neue Jahr an. Spulen wir diese wie bisher stur in der gewohnten Art und Weise ab? Ist es nicht so, dass die neuen Arbeitsformen, das «Social Distancing», die Definition neuer Werte und vieles mehr, unsere Motivation und Einstellung auf den Prüfstand stellt? Ist daher dieses Instrument im Augenblick noch zeitgemäss? Wer ist also tatsächlich bereit, dieses zu kippen, stattdessen neue Überlegungen in diesen Prozess einfliessen zu lassen? Da wäre ein konkreter Vorschlag für die Geschäftsleitung:
Die Teams und/oder Abteilungen definieren selbständig eine übergeordnete Zielsetzung und Erarbeiten eigenständig entsprechende Massnahmen.
Erkenntnis: Fehlen die bis anhin klaren Vorgaben durch die Geschäftsführung, wird über die definierten Ziele der Teams rasch klar, ob das gemeinsame Verständnis von Erfolg auch an der Basis verstanden, gelebt und umgesetzt wird. Vorteil: Durch das «Gemeinsame» soll die räumliche Distanz überwunden, die Eigenverantwortung innerhalb von Arbeitsgruppen gefördert und das Teamverständnis gestärkt werden.
Jedes einzelne Teammitglied gibt bezüglich der Zielerreichung innerhalb seiner Gruppe Rechenschaft darüber ab und definiert den eigenen Beitrag folgendermassen:
a) Ich bin hier am richtigen Ort, weil …
b) Durch die folgenden konkreten Fähigkeiten, kann ich das Team bereichern und zum Erfolg beitragen: …
c) Mit meinem direkten Vorgesetzten werde ich meine persönlichen Entwicklungsziele besprechen, die da sind: …
Der ganze Zielsetzungsprozess ist so auf vier Punkte reduziert. Einzig die Definition der Teamziele ist in Form konkret messbarer Zielsetzungen quantitativ fassbar.
Ein bewusstes Miteinander
Diese Art der Führung setzt ein komplett neues Verständnis voraus. Was passiert im Team, wer übersteuert wen, wo unterstützt man sich gegenseitig, inwiefern soll der/die Vorgesetzte eingreifen und wie? Das Erkennen gruppendynamischer Prozesse wird zu einer Schlüsselkompetenz, fehlendes Fingerspitzengefühl, mangelnde Empathie wirken sich viel unmittelbarer als bisher auf den Teamgeist aus. Ein neues Miteinander setzt voraus, dass man sich aufeinander verlassen kann, die Werthaltung aller Beteiligten steht auf dem Prüfstand, bedeutet, dass jeder bereit ist, seinen Beitrag zum Erreichen der Ziele zu leisten.
Auftretende Herausforderungen im zwischenmenschlichen Bereich beeinflussen hier unmittelbar die Motivation der gesamten Gruppe. Diese Form der Führung duldet wenig Aufschub für Probleme, verlangt nach raschen Lösungsansätzen, fordert eine klare, konsequente Kommunikation. Nur dadurch gelingt es, in unsicheren Zeiten eine vertrauensvolle Kultur aufrecht zu erhalten. Auf dieser Grundlage gilt es auch ein neues Verhältnis zum Miteinander zu finden. Virtuell geführte Gespräche verlangen eine andere Art von Aufmerksamkeit, arbeitstechnisches vermischt sich im Homeoffice dann und wann mit persönlichem Befinden. Dieses gilt es abzuholen. Das erfordert Empathie. Führungskräfte definieren sich nicht mehr über die hierarchische Position, sondern durch ihre menschliche und fachliche Kompetenz.
Weg vom Gärtchen-Denken
Zweifellos ein langer Weg, doch ein lohnendes Ziel, welches alle Beteiligten persönlich und unternehmerisch gleichermassen bereichern kann. Stellt sich noch die Frage, wie man den Erfolg hinsichtlich einer motivierenden Führung erkennt? Vielleicht daran, dass die Schuldzuweisung der Verantwortung weicht, Vertrauen gelebt und statt Kontrolle zelebriert wird. Und nicht zuletzt, dass der gemeinsame Erfolg die persönliche Profilierung und das Gärtchen-Denken erschwert.
Selbst wenn Corona uns scheinbar räumlich auseinandergebracht hat, das Virus bietet gleichzeitig die Chance, dass man sich auf einer anderen Ebene ehrlicher begegnet und enger zusammenrückt.
Ich bin ebenso der Meinung, dass Chefs allein ohne Team nichts erreicht. Für mich war schon immer klar, Teamarbeit mit Verantwortung für die Einzelnen ist richtig und wichtig. Wenn man sich bei einem Problem im Kreis dreht, hilft ein Gespräch, in welcher Form auch immer mit einem Anderen, dessen Sichtweise meine ergänzen kann. Leider sind alte Chefs und Mitarbeiterstrukturen meist festgefahren. Bei Neuerungen heisst es, so haben wir es immer gemacht, erfolgreich gemacht etc. …
Liebe Marita
Herzlichen Dank für die wertvollen Präzisierungen.
Liebe Grüsse
Markus