«Wir haben Jahre dafür gekämpft, wählen zu können. Und ihr geht nicht hin.» Dieser Satz war an die Mauer bei der Zürcher Polybahn gesprayt. Er war politisch gemeint, kann aber auch auf die Laufbahngestaltung angewendet werden.
Wählen dürfen, wählen können, ist ein Grundbedürfnis. Wer nicht wählen kann, ist fremdbestimmt, steht unter Zwang. Wählen können, entscheiden dürfen, ist ein Stück Lebensqualität, ein Faktor für Lebenszufriedenheit.
Wann haben Sie die Wahl getroffen, die dazu geführt hat, dass Sie beruflich genau da stehen, wo sie jetzt sind? War es eine bewusste Entscheidung oder «Zufall»? Mit anderen Worten: «Wer fährt Ihren Bus?»
Menschen entwickeln sich. Entwickeln kann sich nur, wer im Denken, Fühlen und/oder Handeln etwas verändert. Persönliche Werte verändern sich beispielsweise mit zunehmendem Alter. Werte machen, dass wir machen, was wir machen. Wenn sich unsere Werte verändern, muss sich logischerweise auch in unserem Leben etwas verändern. Denn wer gegen seine persönlichen Werte leben muss, wird krank.
«Wer ständig glücklich sein will, muss sich oft verändern», sagte schon Konfuzius. Das gilt auch für die Arbeitszufriedenheit. Deshalb steht heute der Begriff «Lifelong Guidance» in Fachkreisen der Berufs- und Laufbahnberatung zur Diskussion. Es ergibt Sinn, im beruflichen Ameisenrennen regelmässig einen Boxenstopp einzulegen, eine Standortbestimmung und Laufbahnplanung vorzunehmen, um neu zu entscheiden, wie man sich beruflich positionieren und welche Weiterbildung man dafür anpacken möchte.
Gelingt dieser Prozess reibungslos und wird ein lohnenswertes, erreichbares Ziel definiert, bricht man voller Zuversicht auf zu neuen Ufern. Ist man damit überfordert, diesen Prozess in eigener Regie zu gestalten, dann ist eine Beratung hilfreich. Durch eine Laufbahnberaterin – oder auch durch eine HR-Verantwortliche, der es ein Anliegen ist, Mitarbeitende nicht nur zu binden, sondern in ihrer individuellen Entwicklung zu unterstützen.
Sie sprechen mir aus dem Herzen! Ich denke, dass den meisten der Gedanke, die eigene Laufbahn zu managen, eher fremd ist. Das würde ja ein gewisses Mass an Mitbestimmung bedeuten, und ich stelle in meinem Berateralltag immer wieder fest, dass die eigene Laufbahn nicht als mitbestimmt, geschweige denn selbstbestimmt wahrgenommen wird. Ich plädiere in meinen Beratungen immer stark dafür, einen Karriereplan zu erstellen und zu verfolgen – was nicht heisst, dass die nächsten fünf Jahre bis ins Detail verplant werden. Nein, es handelt sich um ein Konzept, mit Vision, Massnahmen, Aktionsplan! Ich denke, das Stichwort „proaktiv“ passt hier gut hinein. Nicht warten und reagieren, sondern vorwärts schauend agieren und die Fäden selber in die Hand nehmen. Gerade langjährige Mitarbeitende sollten dringend externe Guidance und objektives, betriebsunabhängiges Feedback zu ihren Kompetenzen, Fähigkeiten und Laufbahnen einholen. Das beugt letztlich auch der Betriebsblindheit vor!
Warum haben HR-Verantwortliche Angst vor öffentlichen Laufbahnberatungen? Weil sie befürchten, dass ihren Mitarbeitenden auf jeden Fall einen Jobwechsel angeraten oder eine teure Weiterbildung aufgedrängt wird. Ich kann sagen: Entspannen Sie sich! Ein „Boxenstopp“ im neutralen Umfeld, ausserhalb der Firma und des privaten Umfelds lohnt sich für alle, auch für Führungskräfte natürlich.
Danke für diesen prägnanten Beitrag!