Was steckt hinter einer Milliarden-Dollar Unternehmenskultur?

Ibrahim Bashir ist Director PM & Engineering bei Twitter in San Francisco, davor arbeitete er als Senior Manager bei Amazon. Vor zwei Jahren hielt er in Zürich ein Keynote Referat am WorldWebForum und sprach darüber, wie man als Firma immer wieder von Neuem disruptive Produktinnovationen schafft. Die Grundlage dafür bilde, so Ibrahim, eine sogenannte «Billion Dollar Culture».

Am 7. Juli 2016 holte ihn das WorldWebForum als Agile Coach für einen Workshop erneut nach Zürich. Dabei hatte ich die Gelegenheit ihn persönlich zu treffen und ihn zu dieser «Billion Dollar Culture» zu interviewen.

Ibrahim, du hast vor zwei Jahren in Deinem Keynote Referat über eine Milliarden-Dollar Unternehmenskultur gesprochen. Was braucht es, um eine solche Unternehmenskultur zu schaffen?

Ibrahim Bashir: Ich bin davon überzeugt, dass wir diversifizierte Teams bilden müssen, die einen langfristigen Ansatz in ihrem Tun verfolgen und keine Angst davor haben, Fehler zu machen. Fehler müssen als Chance gesehen werden, etwas Neues zu lernen. Sie gehören zur DNA eines jeden Entwicklungsprozesses dazu. In diesem Prozess muss man in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen, ohne Angst vor dem Versagen zu haben. Denn am Ende ist Erfolg etwas, das aus dem Versuchen entsteht. Wenn man also mit seinen Mitarbeitern ständig neue Produktinnovationen kreieren will, braucht es eine Unternehmenskultur, die es Mitarbeitern ermöglicht, Fehler zu machen und daraus zu lernen. 

Die Schweiz hat eine Historie der Perfektion – uns liegt traditionellerweise viel daran, dass Dinge präzise wie ein Schweizer Uhrwerk funktionieren, entsprechend ist die Fehlertoleranz tief.

Das ist irgendwie interessant, vor allem, wenn man die Geschichte von Europa betrachtet und die vielen Innovationen, die hier entstanden sind. Zum Beispiel die Forschung und Entwicklung in den Bereichen der Naturwissenschaften und Technik. Die Leute haben nach XYZ gesucht und dabei ABC gefunden. Penicillin und Klebeband sind solche Beispiele, beides waren eigentlich «Fehler»; Heute gelten sie als pionierhafte Produktinnovationen. Ein solch riesiger Mehrwert entsteht erst, wenn eine Unternehmenskultur herrscht, die Mitarbeiter zum experimentieren anregt.

Stimmt es, dass in Amerika der «Cultural Fit» im Recruitingprozess teils stärker gewichtet ist als das technische Skillset?

Ja, entscheidend ist, dass der Mitarbeiter langfristig zum Unternehmen passt und zur Entwicklung beiträgt. Ich bin daher überzeugt, dass es mit der Zeit nur noch relevant sein wird, ob der potentielle Mitarbeiter in die Unternehmenskultur passt. Natürlich ist für uns auch wichtig, dass gewisse Skillsets vorhanden sind, aber das macht nur etwa 20 Prozent aus, die restlichen 80 Prozent betreffen den «Cultural Fit».

In der Schweiz ist es oft umgekehrt und man stellt Mitarbeiter eher nach ihren Fähigkeiten ein.

In einer technischen Firma gibt es sehr viele Manager, die unter Druck sind, ein sehr spezifisches Problem zu lösen und das mit einem sehr spezifischen Skillset versuchen. Das führt nicht immer zur besten Lösung; Oft sind es gerade die kreativen Lösungsansätze, die nachhaltigen Erfolg ermöglichen. Deswegen kann man die Kernkompetenzen, die wir in unseren Teams suchen, auf zwei Dinge runterbrechen: einerseits, dass ein Mitarbeiter die relevanten fachlichen Kompetenzen besitzt, andererseits, dass er motiviert ist, seine Arbeit gut zu machen. Das hängt vor allem mit kulturellen Eigenschaften zusammen, also ob er über einen hohe Eigenmotivation verfügt, ob er taktisch und strategisch denkt, ob er gut mit anderen Teammitgliedern arbeitet, ob er klar und direkt kommuniziert, ob er souverän auftritt und ob er einen Mentor hat, der ihn fordert und fördert. Ich glaube also nicht, dass es einen Ersatz für einen guten Culture Fit in der Unternehmenskultur gibt, speziell nicht, wenn man wert darauf legt, dass die Mitarbeiter engagiert und motiviert sind.

Wie siehst Du den Zusammenhang von Mitarbeiter-Engagement und Unternehmenskultur?

Wenn du eine Position hast, in der du nicht motiviert bist, Deinen Job zu erledigen, wirst du giftig für das Unternehmensumfeld. Du wirst zum Bedenkenträger und beginnst dich darüber zu beklagen, was alles nicht funktioniert und wie viel intelligenter du bist als alle anderen. Eine solche Person in der Firma zu haben, ist ziemlich gefährlich für die Unternehmenskultur. Deswegen stelle ich lieber jemanden ein, der seinen Job ohne das vorgegebene Skillset erledigt, denn mit der richtigen Einstellung kann man sich fachliche Kompetenzen jederzeit erarbeiten. Und am Ende des Tages musst du sowieso so handeln, das Mitarbeiter über ihre Tätigkeit hinaus wachsen und einen neuen Job wollen. Entscheidend ist also die Motivation und Grundhaltung des Mitarbeiters, dass er sich immer wieder neue Skillsets aneignen will.

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