Im Rahmen meiner Tätigkeiten als Unternehmensberater und Dozent für Employer Branding und Personalmarketing erlebe und beobachte ich immer wieder erstaunliche Fehler, die es zu vermeiden gilt. Lassen Sie mich die augenfälligsten in der Folge kurz beleuchten. Die Reihenfolge entspricht nicht unbedingt einer Priorisierung. Und die Auflistung ist auch nicht abschliessend…
Fehler Nr. 1: Sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren
Ja, Sie haben richtig gelesen. Vergessen Sie das einfach. Das wollen alle. Gerade weil dies scheinbar zur Grunddefinition von Employer Branding gehört. So liest man, das in der einschlägigen Fachliteratur. Das klingt auf den ersten Blick auch nachvollziehbar. Nur: haben Sie sich überlegt, was das wirklich bedeutet? Was ist attraktiv? Liegt das nicht im Auge des Betrachters? Gute Löhne, flexible Arbeitszeiten, moderner Arbeitsplatz, toller Teamgeist, Entwicklungschancen? Echt jetzt?
Zumeist werden derartige Faktoren von Ihrer Zielgruppe schlicht vorausgesetzt. Sich darüber zu positionieren ist vergebene Liebesmühe und rausgeworfenes Geld. Sie differenzieren nicht. Und Sie werden immer jemanden finden, der mehr bietet. Die Wahrheit kommt ohnehin ans Licht. Genau wie auf der Braut- oder Bräutigamschau. Als visuelle Mogelpackung kann man vielleicht kurzfristige Erfolge feiern. Aber der Morgen danach kommt bestimmt. Wenn die Hüllen erst mal weg sind, wird der Inhalt relevant. Zeigen Sie lieber, wer Sie sind. Identität und Passung sind die zentralen Merkmale. Gerade auch für Ihre Positionierung als Arbeitgeber.
Fehler Nr. 2: Keine Ziele setzen
(Noch) nicht vorhandene betriebliche Zahlen dürfen Sie nicht daran hindern, quantifizierbare Ziele zu setzen. Vermutlich sind mehr Kennzahlen vorhanden, als Sie meinen. Vielleicht in verschiedenen Systemen, die zusammengeführt werden müssen. Kombinieren Sie diese, um Aussagekraft für Ihr Personalmarketing oder Recruiting zu gewinnen. Nur mit Zahlen kann man steuern und vergleichen, Effekte messen. Falls die Grundlagen tatsächlich fehlen, beginnen Sie Ihre Prozesse zu hinterfragen und zu überlegen, welche Abschnitte oder Meilensteine ohne grösseren Aufwand messbar gemacht werden können. Sie möchten doch besser werden, oder?
Fehler Nr. 3: Social Media im HR «funktioniert nicht»
Wenn Sie wissen, was Sie mit Social Media überhaupt möchten, und dafür die notwendigen Ressourcen bereitstellen, kann «das» durchaus funktionieren. Image prägen, Direktansprache, Mitarbeiter sollen Stellen teilen, Dialog mit der Zielgruppe? Das geht alles nicht von heute auf morgen, weil es Teil einer Unternehmenskultur werden muss, um glaubwürdig zu sein. Ich warne vor übertriebener Erwartungshaltung und unrealistischen Annahmen. Und trotzdem plädiere ich stark dafür, sich intensiv mit geeigneten Kanälen auseinander zu setzen. Irgendwo sollten Sie doch mit Ihren Zielgruppen in Verbindung treten. Nicht nur, wenn Sie mal wieder händeringend nach der neuen passenden Fachkraft suchen.
Fehler Nr. 4: Kununu ist für die Tonne
Natürlich: Auf Kununu sind nur die frustrierten ehemaligen Mitarbeiter drauf, die ihrem Ärger über Sie als Arbeitgeber freien Lauf lassen. Das kann man so sehen. Und wann haben Sie das letzte Mal Hotelbewertungen zur Entscheidungsfindung konsultiert? Eben. Möchten Sie nicht viel lieber Ihre Mitarbeiter dazu auffordern, ihre Beurteilung über Sie als Arbeitgeber ebenfalls kund zu tun? Oder die Kandidaten Ihren Recruitingprozess beurteilen lassen? Das sorgt für Ausgewogenheit. Und tut auch manchmal weh. Sie lernen dabei aber eine ganze Menge. Und signalisieren: «Wir nehmen euch ernst!» Der mündige Kandidat wird sich über Sie orientieren. Über Freunde, Bekannte, ehemalige Mitarbeiter und über das Internet. Er wird Sie finden.
Fehler Nr. 5: Recruitingprobleme mit neuen Stellenanzeigen lösen
Ja, es ist oftmals nicht einfacher geworden, geeignete Fachkräfte zu finden. Dafür gibt es vielerlei Gründe: Zum Beispiel Ihre übertriebenen Anforderungen und die demografische Entwicklung, um nur zwei ganz unterschiedliche zu nennen. Wer nun meint, ein neuer Anstrich wertet Ihr Haus grundlegend auf, auch wenn das Gebälk morsch ist, verkennt die Situation. Arbeiten Sie erst am Wesentlichen, bevor Sie sich um die Fassade kümmern. Kümmern Sie sich um Ihre Firmenkultur und tragen Sie diese nach aussen. Sorgen Sie für echte Aussagekraft Ihrer Karriereseite und dafür, dass Sie gefunden wird. Man kann diese durchaus auch bewerben (etwa mit Bannern, Adwords usw.). Stellenanzeigen sollten nicht Ihr einziger Inhaltsträger für das Personalmarketing sein. Und beschäftigen Sie sich mit dem Kommunikationsverhalten Ihrer Zielgruppen. Die Multi-Channel-Kommunikation kostet zwar mehr, erhöht dafür auch Ihre Chancen, den passenden Kandidaten selber anzusprechen.
Viel Erfolg!
Sehr interessanter Artikel, auch für alle die nicht in der Personalabteilung arbeiten.
Die Personalabteilungen sind ebenso für Rechtsberatungen bezüglich Arbeitsrecht geschult.
Grüezi Herr Mäder
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Zu hören, dass man ins Schwarze trifft, tut immer gut. Vor allem auch, wenn er von jemandem stammt, der auf Grund seiner Erfahrung weiss, wovon er spricht.
Viele Grüsse
Michel Ganouchi
Herr Ganouchi
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Bericht, Volltreffer! Ich bestätigte ihn nach nun mehr 24 Jahren HR-Erfahrung voll und ganz…
Markus Mäder