«I’m in the office today and will answer your mail when I return to my home office.» Diese Abwesenheitsmeldung könnte uns in Zukunft vermehrt begegnen. Die Erlebnisse während der Pandemiephase haben uns im Glauben bestärkt, dass wir Arbeit und Zusammenarbeit neu denken können und müssen. Doch wie gelingt der Restart erfolgreich?
In diesen Tagen wird in vielen Unternehmen der Pandemiestab aufgelöst. Dies ist nicht mit einer Rückkehr zur alten Normalität gleichzusetzen, sondern bedeutet lediglich, dass der Ausnahmezustand beendet ist und die bestehenden Strukturen gefordert sind, die neue Zusammenarbeit auszuhandeln. Doch bevor das Neue entstehen kann, gilt es, Orientierung zu schaffen und zwischen den verschiedenen Erlebnissen und Erwartungen zu vermitteln. Zum einen gibt es das alte Bild der neuen Zusammenarbeit (dunkelblaues Feld) – Teile davon haben noch Bestand, vieles ist obsolet geworden und alleine die Tatsache, dass wir nun Dinge verstehen, die wir vorher als Worthülsen in Präsentationen gepackt haben, zwingt uns, nochmals von vorne zu beginnen. Die Phase während Corona (rotes Feld) hat uns reich mit neuen Fragen und Erlebnissen beschenkt, die es uns ermöglichen, das Thema «neue Arbeitswelten» nochmals mit frischen Augen zu sehen.
Doch zuerst gilt es, die Übergangsphase (graues Feld) zu bewältigen. Dabei geht es zum einen darum, im Einklang mit den laufenden Entwicklungen kleine, vorübergehende und pragmatische Lösungen zu finden. Gleichzeitig braucht es Demut, zu erkennen, dass wir momentan noch zu wenig verstehen, um das Bild der neuen Arbeitswelt zu zeichnen (pinkes Feld) und Mut, sich unvoreingenommen und neugierig auf die Lernfelder, die sich in den letzten Wochen aufgetan haben, einzulassen. Der CEO, die Verwaltungsratspräsidentin, der Fachspezialist, die Bereichsleiterin… alles Lernende, unterwegs auf unbestimmter Mission? Lernende ja, aber nicht ziellos. Genau für diese Situation sind Visionen, Leitbilder und Werte entwickelt worden – sie vermitteln im Sinne eines Leitsterns Orientierung in einer Phase, bei der man sich von Wegkreuzung zu Wegkreuzung vorantasten muss.
Nachfolgend beschreibe ich zwei Gedankenanstösse, die Organisationen dabei helfen, den Restart erfolgreich zu bewältigen und ihre Ressourcen zielgerichtet einzusetzen.
Quality Time
Viele Organisationen haben Angst davor, dass die Mitarbeitenden nicht mehr zurück ins Büro kommen werden. In einer gesunden Arbeitskultur ist diese Angst in meinen Augen unbegründet. Wir haben zwar in den letzten Wochen viel Zuversicht gewonnen, dass dezentrales Arbeiten sowie die digitalen Arbeitsinstrumente funktionieren und dass wir einander vertrauen können. Gleichzeitig haben wir aber gemerkt, wie wenig wir alleine erreichen und bewirken können. Nur im Verbund einer starken Gemeinschaft gelingt es uns, ausgetrampelte Pfade zu verlassen, uns selber kritisch zu hinterfragen und zu wachsen – als Individuum und als Organisation.
Doch wie findet man die richtige Balance zwischen Autonomie und Gemeinschaft? Indem wir für beides kämpfen und das Büro fortan als «Quality Time» sehen, wo wir bewusst miteinander Zeit verbringen und uns auch Zeit füreinander nehmen. Ein Anstoss, der in diese Richtung geht, ist die «In the Office Message». Es wäre doch schade, die kostbarste Zeit, die wir haben, für Emails zu verschwenden. Fortgeschrittenen empfehle ich, die Regel einzuführen, dass an einem Bürotag nur die Hälfte der Zeit fix verplant sein darf, weil auch Spontanität Platz braucht.
New Deals
Fast täglich fliegen uns Kuchen- und Säulendiagramme um die Ohren, die aussagen, an wie vielen Tagen Mitarbeitende in Zukunft gedenken, von zu Hause aus zu arbeiten. Egal ob es die druckfrische Gensler Studie oder die interne Umfrage bei Swisscom ist: zwei bis drei Tage Homeoffice pro Woche scheint die neue Formel für glückliche Zusammenarbeit zu sein. Natürlich macht diese Zahl Sinn, weil die Pandemie immer noch nicht ausgestanden ist. Womit ich mich aber schwertue, sind einseitige Forderungen. Veränderungen lassen sich nur dann nachhaltig verankern, wenn alle Beteiligten davon profitieren.
Ein Beispiel dazu: In meinem Umfeld arbeitet eine Dame 50% in einem KMU. Vor Corona war Homeoffice nicht möglich, während Corona die Norm. Ihren Vorschlag, dass sie fortan zwei Tage im Büro und einen halben Tag von zu Hause aus arbeiten möchte, hat der Vorgesetzte abgeschmettert. Nun ist man geneigt, sich mit ihr zu «verschwestern», doch ich habe genauso Verständnis für den Vorgesetzten. Hätte sie vorgeschlagen, dass sie in Zukunft zwei Tage ins Büro kommt und die verbleibenden 10% so einsetzt, dass sie für dringende Anliegen von Arbeitskollegen oder Kundinnen an den anderen drei Tagen flexibel erreichbar ist, so wäre das für beide Seiten ein super Deal gewesen.
Ein anderer spannender Deal ist die Überlegung, Büroflächen einzusparen durch Reduktion von Einzelarbeitsplätzen (das Gegenstück zur Homeoffice-Forderung) und gleichzeitig den Mitarbeitenden ein Coworking-GA zu finanzieren. So lassen sich Infrastruktureinsparungen dank höherer Flächeneffizienz mit Investitionen ins Wohlbefinden der Mitarbeitenden kombinieren. Und ja, ich finde es auch sinnvoller, wenn Firmen ihre Mittel in die Förderung der Coworking-Infrastruktur und damit gelebte Solidarität stecken, als dass sie die Homeoffices in gut gemeinter Absicht zumöbeln. Nicht zuletzt entkommt man damit der «Me!-me!-me!-Frage»: Was bekomme ich, wenn ich schon einen ergonomischen Bürostuhl zu Hause habe?
Damit der Restart gelingt, ist es wichtig, dass wir in der Lage sind, in der grauen und der pinken Realität gleichzeitig zu denken und immer wieder Brücken zwischen den beiden Welten zu bauen. Das ist nicht nur Führungsaufgabe, sondern eine Herausforderung für alle, die sich nach der neuen neuen Arbeitswelt sehnen.
«An important part of leadership is being able to hold two things in your mind at once: Dealing with the reality, whatever it may be, and focus on hope for the future. Any leader helping an organization through challenges needs to be able to do both.» Alan Mulally
Guten Tag Barbara
Danke für deinen Beitrag! Ein sehr wichtiges Thema was du da anspricht. Es war und ist auch immer noch keine leichte Zeit für uns alle. Mögen wir alle die Krise so gut es geht bewältigen.
Liebe Grüsse
Christoph
Ich wünsche mir viele offene Ohren und noch mehr unternehmerischen Mut, solche Szenarien umzusetzen. Auch ich bin völlig von dieser Art von Arbeitszukunft überzeugt. Es braucht Verantwortungsbewusstsein von allen Beteiligten. Vielleicht wird es auch eine Mischform brauchen von Menschen, die dynamischer unterwegs sind und solchen, die einen klaren Rahmen benötigen. Alles hat seinen Platz und seine Richtigkeit!