Lohnangaben in Stelleninseraten: ja oder nein?

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Selina Frei RecruitingLohnangaben in Stellenanzeigen werden immer wieder einmal diskutiert und die Meinungen dazu gehen auseinander. Sollten Unternehmen bereits in den Stelleninseraten sagen, was sie zahlen? Oder ist es besser, erst im Interview über den Lohn zu sprechen und zu verhandeln? Ich bin grundsätzlich sehr für Lohntransparenz, denn Lohnangaben in Stelleninseraten können massgeblich dazu beitragen. Aber es gibt dabei einiges zu beachten.

Die Vorteile und Chancen von Lohnangaben in Stelleninseraten:

  • Schafft Vertrauen und Lohntransparenz auf dem Markt: Klarheit und eine offene Kommunikation von Anfang an schafft Vertrauen. Wenn Unternehmen direkt sagen, was sie zahlen, wissen Bewerbende, woran sie sind. Sie müssen keine Angst haben, dass sie im Vergleich zu anderen Mitarbeitenden weniger verdienen. Zudem werden Marktvergleiche erleichtert und es wird zur allgemeinen Lohntransparenz beigetragen.
  • Zeitersparnis: Nichts ist frustrierender, als sich auf eine Stelle zu bewerben und dann erst im Interview zu erfahren, dass das Gehalt nicht passt, und zwar für Unternehmen wie Bewerbende. Lohnangaben in Stelleninseraten sparen Zeit für beide Seiten, indem sie Bewerbungen mit einer zu grossen Diskrepanz in der Regel vermeiden.
  • Attraktivität für Bewerbende: Unternehmen, die Gehälter in ihren Anzeigen nennen, wirken oft attraktiver. Das zeigt, dass sie faire Lohnstrukturen haben und dass sie transparent sind, was viele Bewerbende anspricht.

Die Nachteile und Gefahren von Lohnangaben:

  • Weniger Spielraum für Verhandlungen: Wenn der Lohn bereits festgelegt ist, kann das die Verhandlungen erschweren. Bewerbende könnten sich weniger trauen, über eine Anpassung zu sprechen, selbst wenn es möglich wäre, und so könnten potenziell gute Bewerbende vor einer Bewerbung zurückschrecken, ohne dass man je über die Möglichkeiten gesprochen hat.
  • Angst vor Wettbewerbsnachteilen: Manche Unternehmen zögern, Löhne in ihren Anzeigen anzugeben, aus Angst, im Vergleich zu Mitbewerbenden schlecht dazustehen. Besonders bei ohnehin schwierig zu besetzenden Stellen oder wenn Top-Talente angezogen werden sollen, kann es je nach Lohnstruktur des Unternehmens schwierig sein.
  • Komplexität der Lohnstruktur: Gehälter können komplex sein, von verschiedenen Faktoren abhängen und verschiedene Bestandteile aufweisen. Ein fester Lohn in der Anzeige könnte die tatsächlichen Verdienstmöglichkeiten nicht richtig widerspiegeln.

Was sollten Arbeitgebende beachten?

  • Vor- und Nachteile abwägen: Unternehmen sollten sorgfältig überlegen, ob Lohnangaben in ihren Stellenanzeigen Sinn machen. Es ist wichtig, alle Vor- und Nachteile abzuwägen und dann eine informierte Entscheidung zu treffen. Dabei sollte beachtet werden, dass auch aktuelle Mitarbeitende diese Informationen sehen und nicht nur Bewerbende.
  • Klar kommunizieren: Wenn Unternehmen sich für Lohnangaben in Stelleninseraten entscheiden, ist eine klare Kommunikation entscheidend. Es sollte deutlich sein, ob der Lohn verhandelbar ist oder nicht und von welchen Faktoren es abhängig ist.
  • Flexibel sein: Auch wenn der Lohn festgelegt ist, sollten Unternehmen flexibel genug sein, um über Lohnverhandlungen zu sprechen. Das ermöglicht es, die besten Talente anzulocken, ohne durch starre Lohnstrukturen eingeschränkt zu sein.

Was sollten Bewerbende und Arbeitnehmende beachten?

  • Sich gut informieren: Bewerbende sollten nicht nur auf den Lohn in der Anzeige achten, sondern auch andere Quellen nutzen, um sich ein Bild über einen marktgerechten Lohn zu machen. Dazu gibt es verschiedene Vergleichsportale, die aber auch immer mit Vorsicht betrachtet werden sollten.
  • Gesamtpaket betrachten: Neben dem Grundlohn sollten Bewerbende auch andere finanzielle Komponenten beachten wie mögliche Boni, Vergünstigungen, Sozialversicherungen etc. Aber auch Aspekte wie Unternehmenskultur, Zusammenarbeit im Team, Flexibilität oder Work-Life-Balance sollten in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Lohn ist nicht alles!
  • Offene Kommunikation: Wenn der Lohn nicht ganz klar ist, sollten Bewerbende offen sein und nachfragen. Offene Kommunikation kann Missverständnisse vermeiden und zu einer besseren Entscheidungsfindung führen. Das gilt sowohl für Interviews mit Lohnangaben im Inserat aber viel mehr noch für solche, ohne diese Angaben.

Schlussfolgerung

Insgesamt ist das Thema Lohnangaben in Stellenanzeigen komplex und von vielen Faktoren abhängig. In der Schweiz braucht es insgesamt wohl noch einen Kulturwandel. Lohntransparenz ist leider immer noch eher selten, auch wenn wir in den letzten Jahren Fortschritte gemacht haben. Mit Lohnangaben in Stelleninseraten könnten wir einen weiteren Schritt Richtung Lohntransparenz machen.

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