Zwei Drittel aller Jugendlichen oder rund 66’000 junge Leute wählen in der Schweiz jährlich eine Lehrstelle. Fast 5000 haben beim Lernendenbarometer von yousty.ch ihre Meinung zur Zufriedenheit in der Lehre geäussert. Noch nie war eine Studie in diesem Bereich so repräsentativ.
Aber was lernen Firmen und HR-Verantwortliche oder auch Eltern und Lehrer aus den Resultaten? Hier die wichtigsten Ergebnisse:
- Der Lohn ist sekundär
- Das Arbeitsklima sowie die Tätigkeit zählt
- Grosse Unternehmen erfüllen die Erwartungshaltungen besser
- 80 Prozent der Sekundarschüler finden eine Lehrstelle im Wunschberuf
Grosser Glaube an duale Berufsbildung
Dennoch möchte ich in diesem Blog auf eine andere Erkenntnis eingehen, welche von enormer Bedeutung ist: 77,5 Prozent der Lernenden glauben, mit einer Lehre besser für die Zukunft gerüstet zu sein als Universitätsabgänger!
Enorm, oder? Unser System der dualen Berufsbildung (die Lehre) gibt fast 80 Prozent der Jugendlichen das Selbstbewusstsein, mit Akademikern mithalten zu können, wenn es um die Zukunftsaussichten geht! Dies unabhängig davon, ob sie in Grossunternehmen oder in KMUs tätig sind.
Ich bin sprachlos vor Begeisterung. Beim Einstieg ins Berufsleben wird fast jeder mit Existenzängsten konfrontiert – und dies bereits in jungen Jahren. Daher ist das Selbstbewusstsein der heutigen Lernenden umso erstaunlicher. Wäre interessant zu wissen, wie viele der Zweit- oder Viertsemester-Studenten ihre Aussichten ebenfalls so rosig sehen. Wenn ich den Kampf um Praktikaplätze sehe, schätze ich mal, dass dieselbe Umfrage bei Studierenden, mit grosser Wahrscheinlichkeit auch schon bei Gymnasiasten, ganz andere Resultate an den Tag bringen würde.
Was ich sagen will und immer wieder unterstreiche: Unser duales Bildungssystem ist gut. Nicht perfekt, wir müssen alle daran arbeiten. Aber was will man Jugendlichen mehr mitgeben als Selbstbewusstsein für die Karriere? Das macht Lust auf Arbeit und Weiterbildung und Lust auf «Lehr- und Wanderjahre».
Weiterbildung als Karrieresprungbrett
Übrigens der nächste interessante Punkt: Lernende sind sich sehr wohl bewusst, dass sie nach der Lehre weiter lernen müssen. Ja, es ist sozusagen selbstverständlich und 40 Prozent von ihnen wollen sogar schon kurz nach der Lehre den Schritt an die Fachhochschule wagen. Kein Wunder stellen genau diese dann ein paar Jahre später die Führungskräfte in den KMUs. Vor allem in ländlichen Regionen und bei den «hidden Champions» der Schweizer Wirtschaft.
Ich frage mich, wie viele Arbeitsplätze von Akademikern geschaffen werden und wie viele von Leuten, die eine Berufslehre als Einstieg nutzten. Leider gibt es hierzu keine auffindbare Statistik, aber meine Vermutung geht stark in die Richtung, dass die Quote bei letzteren bedeutend höher ist.
Warum? Sie denken mehr in Lösungen und Chancen als in Ängsten und Risikoverhinderung. Think about.
Thesen sind da um von Antithesen gefordert zu werden. Eine Antithese müsste sich aber mit der These befassen und dann ein Gegenmodell oder eine fundierte Gegenthese formulieren ;-)
Repräsentativität einer Studie genügt nicht für die unreflektierte Ableitung von Konklusionen. Wenn die Mehrheit der Lernenden etwas äussert, heisst das noch lange nicht, dass sie das auch wirklich glauben. Die Frage an den Träger einer Rolexuhr, wie wichtig ihm Status sei, ergibt vielleicht eine ehrliche aber oft keine wahre Antwort. Betreffend des Selbstbewusstseins mögen die Konklusionen richtig sein, allerdings würde gerade im heutigen Umfeld mehr gutes Urteilsvermögen statt wishfull Thinking dazu beitragen, dass eben nicht 40 Prozent die Idee haben, eine Fachhochschule absolvieren zu müssen – um dann auch noch einen Master machen zu müssen und sich auf die gleiche Stufe mit Universitätsabgängern zu stellen. Das ist dann etwa gleich unsinnig, wie auf Teufel komm raus eine Matura zu machen und dann eine Fachhochschule zu besuchen, weil es für eine Universität nicht genügt.
Genügt Repräsentativität für die reflektierte Ableitung von Konklusionen? Was ist Wahrheit? ;-)
Das Urteilsvermögen ist ein interessanter Punkt. Es verändert (entwickelt) sich mit dem Wissen zu einem Thema. Deshalb sind es auch nicht 40% der Lehrabgänger die tatsächlich eine Fachhochschule machen und sozusagen 0% die einen Master anstreben….
Oh mein Gott: Wer eine Lehre macht, denkt mehr in Lösungen und Chancen als in Ängsten und Risikoverhinderung. Prost Mahlzeit, solche simplen Schlussfolgerungen kann man wohl v.a. dann machen, wenn man eine Lehre absolviert hat. Aber das wäre zu simpel gedacht.