5 Gründe warum HR die mächtigsten Start-ups der Welt im Auge behalten sollte.
Einhörner sind nicht nur Spielzeuge verwöhnter Kinder und verschupfter Teenies. Auch die ultrareiche Elite unserer Tage schwärmt für sie. Gemeint sind – nicht wie bei Martin Suter – geheime Zuchtprojekte von pinken einhörnigen Pferden, sondern sehr hoch bewertete Start-ups. 2013 führte die Fondmanagerin Aileen Lee den Begriff des Unicorns ein, um die wenigen Jungunternehmen herauszuheben, deren Wert Investorinnen mit über einer Milliarde bewertet hatten. Damals waren es in den USA 38 «Tiere», heute sind es gemäss CB Insights weltweit über 400. Diese Zunahme war einer der Gründe, ihnen mein neues Buch zu widmen.
Herkunft und Arbeitsfelder
An der Spitze des Rankings steht Bytedance, das Unternehmen hinter Tiktok, einer bei Teenies sehr beliebten App. Der chinesische Konzern wird mit 75 Milliarden bewertet. Aufgrund ihrer Bedeutung für Investorinnen, ihrer disruptiven Wirkung auf die Geschäftsmodelle und ihren ungeheuren Datensammlungen könnte man von einem Einhornkapitalismus sprechen. Zu den Top 10 des Clubs gehören das chinesische Uber-Pendant (56 Mia.), der eZigaretten-Hersteller Juul (50 Mia.), Airbnb (35 Mia) oder der Drohnenhersteller DJI (15 Mia). Die meisten Einhörner sind in den Bereichen Fintech, Software und Internet Services tätig.
HR spielt als Tätigkeitsbereich bisher keine Rolle. Das ist insofern erstaunlich, als dass Einhörner in der Regel Plattformen sind, die mit Daten operieren und die Fähigkeit haben, intelligent zu vernetzen. Ohne Zweifel sind dies zentrale Themen für das HR der Zukunft. Erstens finden Stellenmärkte, Lebensläufe, Wissensvermittlung, Arbeitsorganisation und Personalplanung künftig noch mehr auf Plattformen statt. Zweitens verlangt Unternehmensentwicklung im Sinne der Formel «Innovation als unerwartete Kombination», Menschen, Fähigkeiten, Wissensbausteine, Daten und Perspektiven im richtigen Moment zusammenzuführen.
Einhörner als Botschafter der Zukunft
Kennzeichnend für die hohen Werte der Einhörner ist das Zusammenfliessen von drei Erwartungen. Zunächst folgt die Bewertung natürlich einer ökonomischen Logik. Investoren erwarten hohe Profite, insbesondere durch die sich selbstverstärkenden Mechanismen des Plattformkapitalismus. In seinen Märkten gehen wenige Monopolisten als Winner Takes It all hervor. Sie kontrollieren die Daten-, Finanz- und Humankapitalströme. Die Einhörner sind selbst kapitalistische Objekte. Frühe Investorinnen wollen ihre Anteile irgendwann mit hohem Gewinn weiterverkaufen. Ob der Wert der Realität entspricht, ist ihnen völlig egal.
Zweitens erwartet man von den Einhörnern neues Wissen. Für viele Investorinnen Managerinnen und Megaplattformen unserer Zeit sind die Start-ups Laboratorien der Zukunft. Wer die Einhörner beobachtet oder gar einkauft, erfährt etwas über die Technologien, Geschäftsmodelle und gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Zukunft. Gleichzeitig sammeln die Start-ups täglich Daten. Sie gelten nicht nur als Türöffner für neue Märkte, sondern auch als neue Forschungsquellen. Schliesslich argumentieren einige Einhörner quasi-religiös, indem sie vorgeben, uns aus der Gegenwart zu erlösen und in eine bessere Welt zu führen.
5 Hausaufgaben für HR
Nach diesen einführenden Worten zu den Einhörnern, darf nun wieder das HR im Vordergrund stehen. Konkret gibt es fünf Gründe warum zukunftsorientierte HR-Expertinnen und -Experten ab und zu einen Blick auf das Fabelwesen werfen sollten:
- Einhörner sind erstens ein einfaches und kostenloses Hilfsmittel der strategischen Personalplanung. Beobachterinnen erkennen, auf welche Technologien und Geschäftsmodelle heutige und künftige Konkurrenten setzen. Noch wichtiger ist ihr Erscheinen auf dem Arbeitsmarkt. Einhörner verstärken die digitale Transformation und damit den Wettbewerb aller Branchen um dieselben Spezialistinnen und Spezialisten.
- Zweitens gibt es einige Start-ups, die als Plattformen mit digitalen Prozesse HR unterstützen oder neu denken wollen. Ausser Gusto (HR Self Services) hat zwar noch kein HR-Tech-Unternehmen Einhorn-Status. Doch Beisen (HR Software), Checkr (Background Check), Deputy (Arbeitsorganisation) und Talentsoft (HR Software) werden als heisse Kandidaten gehandelt. beqom (Vergütung) könnte gar das nächste helvetische Einhorn werden.
- Drittens möchten sich viele etablierte Unternehmen gerne etwas von der Innovationskraft der Einhörner abschauen und selbst etwas «einhörniger» werden. Für HR heisst dies Arbeitsumgebung, Organisation, Führung und Kultur umzugestalten. Die Eigenschaften und Fähigkeiten, die uns von den Maschinen unterscheiden, sollen möglichst gut zur Geltung kommen – unsere Kreativität, unserer Gefühle, unser kritisches Denken.
- Bereits heute stammen die Megaplattformen aus den USA und China. Der Einhornkapitalismus verstärkt dieses Ungleichgewicht, gibt es doch vergleichsweise wenig Einhörner bei uns. Radikale Kooperation ermöglicht es uns schneller zu lernen. Eine vierte Hausaufgabe verlangt folglich im Sinne eines unternehmensübergreifenden HR geeignete Partner für Rekrutierung, Entwicklung und Laufbahnangebote zu finden.
- Problematisch an den Einhörnern ist zum Beispiel die Eindimensionalität ihrer Innovation. Weiterbildung hilft, die Nebenwirkungen des Einhornkapitalismus zu diskutieren. Ihre blinden Flecken eröffnen den Blick auf alternative Zukunftsvisionen und die dazugehörigen unternehmerischen Gelegenheiten. Gegenwärtig interessieren sie sich noch wenig für den demographischen Wandel oder die ökologische Wende.
Wer mehr über die Einhörner erfahren will, wird hier fündig.