Friendly Work Space neu gedacht – noch einfacher, verständlicher, wirksamer

Zu komplex, zu aufwendig, zu teuer. Immer noch kursieren solche Vorbehalte gegenüber Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM). Gleichzeitig ist den meisten Unternehmen längst klar, dass die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren gehören. Um BGM für alle Betriebe, unabhängig von Grösse und Struktur, noch praxistauglicher zu machen, hat Gesundheitsförderung Schweiz die Kriterien von Friendly Work Space (FWS), dem Schweizer Standard für BGM, umfassend überarbeitet und vereinfacht.

Die bisherigen BGM-Qualitätskriterien wurden 2009 von Gesundheitsförderung Schweiz definiert. Eine Anpassung an die seitdem stark veränderte Arbeitswelt war dringend erforderlich. Einerseits um beispielsweise neuen Organisationsformen wie Agilität und Selbstorganisation sowie der Integration von künstlicher Intelligenz Rechnung zu tragen. Zum anderen galt es, auch äussere Herausforderungen wie Arbeits-/Fachkräftemangel, Lieferkettenkrisen oder Rohstoffknappheit zu berücksichtigen. Kein Wunder also, dass die Kriterien für ein systematisches BGM deutlich einfacher werden mussten.

«Reduce to the max»

Das unterstreicht Delia Frigg, Projektleiterin Betrieb & Entwicklung BGM bei Gesundheitsförderung Schweiz: «Die Weiterentwicklung hat sich an drei übergeordneten Zielen orientiert: Komplexitätsreduktion, Aktualisierung der Themen sowie einem leichter zugänglichen Weg zum Label ‚Friendly Work Space‘. Der Qualitätsstandard bleibt somit der Gleiche, allerdings wird alles klarer und nachvollziehbarer. Wir haben die Aktualisierung von Friendly Work Space sehr nah an der Praxis ausgerichtet. In engem Austausch mit unterschiedlichsten Betrieben wurden die bisherigen 25 Kriterien diskutiert, neu geordnet und in einem iterativen Prozess auf 14 klar strukturierte Kriterien verdichtet», resümiert Frigg.

Auf einen Blick: Struktur und Kriterien des aktualisierten Friendly Work Space.

Ganzheitlich, intuitiv und neu strukturiert

Die neuen Kriterien bilden das BGM weiterhin systematisch und ganzheitlich ab. Erste Erfahrungen zeigen, dass sie intuitiver verständlich sind. So wird ein systematisches BGM auch für kleinere Betriebe ohne grosses Gesundheitsbudget leichter umsetzbar. «Letzteres war für uns ein wesentlicher Treiber dieser intensiven Revision der Friendly Work Space-Kriterien. Im Sinne der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit ist es für jedes Unternehmen obligatorisch geworden, für die Gesundheit seiner Mitarbeitenden in angemessenem Rahmen Sorge zu tragen. Das gelingt nur, wenn insbesondere für KMU die ‘Hürden’ für die kontinuierliche Umsetzung eines professionellen BGM deutlich gesenkt werden – durch einfachere und verständlichere Vorgaben. Dafür haben wir teilweise jedes Wort ‘auf die Goldwaage’ gelegt», betont Michael Karrer, CFO der Kuhn Rikon AG, seit 2009 mit dem Label «Friendly Work Space» zertifiziert. Das Unternehmen ist Mitglied des Wirtschaftsbeirats, der aus insgesamt 10 Organisationen besteht, mit denen Gesundheitsförderung Schweiz gemeinsam den Schweizer BGM-Standard entwickelt resp. überarbeitet hat.

Im Zentrum steht die neue Struktur der Kriterien, gegliedert in zwei Bereiche:

  • Steuerung: Sie umfasst betriebliche Strukturen und Prozesse, die ein systematisches BGM ermöglichen und vor allem für dessen strategische Planung relevant sind.
  • Umsetzung: Sie betrifft alle Themen, die die Mitarbeitenden unmittelbar erleben – etwa Arbeitsumgebung, Führungsverhalten oder Kompetenzentwicklung.

Alle Unterlagen zu den neuen Kriterien werden per Dezember 2025 auf dieser Webseite zur Verfügung stehen.

Probelauf

In insgesamt 11 Pilotassessments für das Label «Friendly Work Space» wurde dessen Weiterentwicklung auf «Herz und Nieren» getestet. Darunter fünf KMU, zu denen auch die WELCOME Immobilien AG aus der Zentralschweiz mit rund 80 Mitarbeitenden gehört. Seit diesem Jahr ist das Unternehmen mit dem Label zertifiziert.

Die Gesundheit der Mitarbeitenden hat für den Immobilien-Dienstleister schon seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert. Im Rahmen der Strategieentwicklung 2020 – 25 erhielt BGM einen festen Platz und schliesslich folgte die Entscheidung, sich für das Label zertifizieren zu lassen. «In der Vorbereitung für die Zertifizierung haben wir 2023 begonnen, alle BGM-Planungen und -massnahmen zu dokumentieren und entsprechend den Kriterien des neuen Friendly Work Space zuzuordnen. Die klare Struktur und die nachvollziehbaren Beschreibungen halfen dabei. Sie ermöglichten eine gute Bestandsaufnahme und wir erhielten einen transparenten Überblick», erläutert Tanja Schaller-Frank, Leiterin HR und BGM der WELCOME Immobilien AG. Die Umsetzung des systematischen BGM entsprechend den Vorgaben des neuen Friendly Work Space verantwortet sie gemeinsam mit einem BGM-Team aus drei Mitarbeitenden einschliesslich ihr, dem Sicherheitsberatenden sowie dem Engagement von zwei Geschäftsleitungsmitgliedern. In dieser Konstellation wurde auch die Zertifizierung für das Label «Friendly Work Space» gemeistert.

Employer Branding, das matcht

«Zu den wichtigsten Zielen, die wir durch die Auszeichnung mit dem Label erreichen wollen, gehört die Steigerung unserer Arbeitgeberattraktivität und der Mitarbeitenden-Bindung sowie die Verpflichtung, uns nachhaltig in Gesundheitsthemen zu engagieren. Drei Aspekte, die in unserer Branche, welche gemäss Branchenverband eine hohe Fluktuation verzeichnet, besonders wichtig sind. Diese Rechnung ist bereits voll aufgegangen, aktuell sind bei uns alle Stellen besetzt. Doch, ob mit oder ohne Label, ein systematisches BGM einzuführen und kontinuierlich zu betreiben ist ein grosser Mehrwert für jede Firma und ihre Mitarbeitenden», so das Fazit von Tanja Schaller-Frank.

Einmal mehr wird deutlich: Mitarbeitenden-Gesundheit ist kein Luxus, sondern eine Investition in die Zukunftsfähigkeit.


Wer schreibt hier?

Dorit Schmidt-Purrmann ist Kommunikationsexpertin mit den Schwerpunkten BGM, Arbeitswelt 4.0 und (KMU) Unternehmertum. Im Auftrag von Gesundheitsförderung Schweiz schreibt sie über aktuelle Themen und Lösungsansätze im BGM.

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