Laut dem aktuellen Global Entrepreneurship Monitor (GEM) können sich nur 3 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in der Schweiz vorstellen, eine eigene Firma zu gründen.
Diese Zahl ist laut der Studie in zweierlei Hinsicht tief:
- Erstens: 7,3 Prozent der Schweizer gründen irgendwann ihre eigene Firma. Die Gründer sind vorwiegend männlich und zwischen 35 und 44 Jahre alt.
- Zweitens: Spitzennationen wie Kanada, USA oder Australien haben Quoten von deutlich über 10 Prozent.
Träumen von der Selbständigkeit tun jedoch viele, wie eine Umfrage von 20 Minuten anlässlich dem GEM zeigt. 80 Prozent der bisher 4171 Teilnehmenden (Stand: 24. Oktober 2016) antworteten auf die Frage, ob sie sich vorstellen können, ein eigenes Unternehmen zu gründen, mit «Ja, ich wäre gerne mein eigener Chef» (54 Prozent) oder mit «Ja, aber bisher fehlt mir die zündende Idee» (26 Prozent).
Wir und der Staat sollten «alles» tun, um die Lust der Jugend auf Unternehmertum zu fördern. Hier nur drei Gründe, warum ich dafür plädiere:
- Unternehmer sind «Selbstversorger» – sie ersparen dem Staat Kosten.
- Unternehmer treiben Innovation voran und schaffen damit Arbeitsplätze und Sicherheit.
- Unternehmer sind glücklichere Menschen ;-) Dies werde ich weiter unten noch erläutern.
Traumberuf «Unternehmer»?
Zurück zu den 3 Prozent. Diese Zahl überrascht mich nicht. Den Traumberuf «Unternehmer» gibt es in der Schweiz nicht. Woher sollen denn die Jungen die Lust auf Unternehmertum auch erhalten? Etwa aus der Schule von Lehrern? Oder von Eltern, welche meist klassische Angestellte sind oder in Grossfirmen als Manager arbeiten?
Die Studien-Verantwortlichen mutmassen, dass die Jugendlichen in ihrer Komfortzone verharren, ihre Situation nach der Ausbildung zu «easy» sei und sie deshalb nicht an Firmengründung denken. Dazu kann ich nirgends – aber auch gar nirgends – Belege finden. Lehrabgänger arbeiten hart nach der Lehre. Sehr hart. Und in den meisten Fällen kombinieren sie ihre Arbeit mit einer Weiterbildung. Studienabgänger müssen immer öfter über nicht einfach zu findende Praktika einsteigen – von Komfortzone also weit und breit keine Spur.
Wenn also das Berufsleben eh kein «Ponyhof» ist, warum dann nicht gleich Unternehmer werden? Zu dieser Einsicht kommen die meisten Gründer später – durch Berufs- und Lebenserfahrung. Das ist die Erklärung für das relativ hohe Alter der Gründer in der Schweiz.
Was der Staat und die Kantone tun sollten
Der Jugend fehlt es, meiner Meinung nach, hierzulande also an Vorbildern. In Kalifornien ist es – getrieben vom Silicon Valley – einfach so, dass bald in jeder Familie jemand in einem Start-up arbeitet. In Europa ist diese Situation am ehesten in Berlin anzutreffen. Das verändert die Einstellung der Jugend. Sie erlebt die Leidenschaft und die Faszination der Gründer und jungen Unternehmen hautnah.
Damit dies auch in der Schweiz so wird, müssten Staat und Kantone vor allem die Rahmenbedingungen für Gründer verbessern. Am meisten Potential liegt im administrativen Bereich bei der Gründung, in der Finanzierungsunterstützung und im Versicherungsbereich. Geradezu blödsinnig ist die Regelung, dass Einzelunternehmer keine Arbeitslosenversicherung erhalten. Es gibt zwar schon viele vom Staat unterstützte Initiativen, aber von diesen profitieren meist Hochschul-Spinn-offs oder Gründer, die schon von Anfang an sehr gut vernetzt sind. Hier deshalb meine wichtigste Forderung: Unternehmer und vor allem junge Unternehmer, welche fünf Jahre positive Bilanzen abgeben, sollten transparent gemacht und belohnt werden. Die Liste kann man beliebig erweitern.
Auch wichtig ist mir die Frage: Was sollen die wenigen Jugendlichen tun, die tatsächlich «Bock» auf eine Gründung haben?
Meine Tipps an die Jugend
Egal, welche Grundbildung genossen wurde, ob Lehre oder Studium:
- Wechsle möglichst schnell in ein junges oder dynamisches Unternehmen.
- Arbeite möglichst nahe bei oder mit dem Unternehmer.
- Der Lohn und die anfänglichen Aufgaben sind nebensächlich. Wenn das Unternehmen einigermassen erfolgreich ist und du persönlich deinen Beitrag leistest, erhältst du schnell mehr Verantwortung und wirst befördert.
- Setze alles daran, die Vision und die Ziele des Unternehmers zu unterstützen und mitzugestalten. Warum? Dies führt zu einer schnellen Lernkurve und vor allem zur Entwicklung der wichtigsten Fähigkeiten, welche ein Unternehmer benötigt:
- eine Vision zu haben, zu träumen, gross zu denken
- klare Bedürfnisse einer Zielgruppe zu befriedigen
- Ziele konsequent, mit grossem Einsatz und vor allem mit Ausdauer zu verfolgen
Unternehmer sind glücklichere Menschen
Ich plädiere sozusagen für eine Lehre bei Gründern oder Unternehmern. Bei mir hat das so recht gut funktioniert! Ich habe mich mit 28 Jahren selbständig gemacht. Meine ersten Mandate habe ich von erfolgreichen Kleinunternehmern erhalten. Rückwirkend betrachtet: 10 Prozent Inspiration, 90 Prozent Transpiration. ABER: Es hat sich gelohnt. Menschlich und beruflich. Ich treffe jährlich, auf der ganzen Welt, glückliche und erfolgreiche Menschen. Sehr viele davon sind Unternehmer und sie würden nie etwas anders sein wollen. Leider treffe ich viel zu wenig glückliche und erfolgreiche Angestellte …
Danke Urs
Dein Artikel, gibt den „Futur-Jungunternehmer“ wie mir Mut & (noch mehr) Wille dies anzupacken. Thx
Raphael – Jungunternehmer in den Startlöcher… ;)
Lieber Raphael, ich freue mich auf einen interessanten Austausch ;-)
Go for it!
Merci für den Beitrag, Urs
Vielleicht fehlt weniger der Mut, sondern eher die von dir erwähnte Lebens- und Berufserfahrung und eben die Unternehmer/innen als passende Vorbilder. Doch da kann man an sich als positiv betrachten, dass viele Lernende in KMU ihre Lehre absolvieren und die Nähe zu solchen Vorbildern somit theoretisch gegeben wäre. Stellt sich die Frage, wie Unternehmer/innen Talente unter ihren Lernenden erkennen und bei ihnen die Lust aufs Unternehmertum wecken können.
Beste Grüsse von einem zufriedenen Berufsberatung-„Beamten“
Lieber Philipp
danke für Deinen Hinweis und Deine Leidenschaft für die Jugend!
Urs
Der Unternehmergeist wird, meiner Meinung nach, in der Schweiz nicht gefördert respektive die Kultur des Scheiterns wird zu sehr praktiziert und das schreckt ab.
Es ist interessant, dass in gewissen Ländern und Kulturen das Scheitern geradezu als positive Referenz gewertet wird.