Change ist in aller Munde. New Work, kollegiale Führung oder agile Arbeitsmethoden. Endlich kommt Dynamik ins System. Sie wollen nicht mitmachen? Geht Ihnen alles etwas zu schnell? Hier sind acht gute Tipps, wie Sie den Zug des raschen Wandels rasch zum Stehen bringen.
1. Führungskräfte raushalten oder voll in die Verantwortung nehmen
Überlassen Sie die Steuerung des Wandels allein der Geschäftsleitung. Involvieren Sie niemanden sonst. So drosseln sie das Tempo, weil die Intelligenz der Entscheide nicht über die Geschäftsleitung hinausgeht. Ebenso gut funktioniert das Gegenteil. Halten Sie die Führung ganz heraus, dann kann sich jede und jeder selbst Gedanken machen, wo die Reise hingehen könnte. Das System blockiert sich, weil niemals alle in die gleiche Richtung ziehen. Wer aktiv den Stillstand anstrebt kombiniert beide Formen. Das funktioniert so, dass die Führung ansatzlos vom Mikromanagement umschwenken kann in totale Freiheit für alle. So kommt es, dass alle Mitarbeitenden immer wieder vor dem Bahnhof stehen und keinen Plan haben, wo die Reise hingehen könnte. Wer Wandel stoppen will, muss in beiden Extremen funktionieren.
2. Ziele und Inhalte der Veränderung nur auf informeller Ebene kommunizieren
Das heisst, dass der Change vor allem durch Gerüchte gesteuert wird. Je mehr, desto besser. Als Führungskraft gehen Sie am Morgen durch die Abteilung und sagen laut vor sich hin: «Ich glaube diese Abteilung wird bald aufgelöst.» Marschieren Sie zügig weiter und verschwinden Sie in einem Meeting. Wenn Ihnen andere Kollegen dabei helfen, dann sind Halbwahrheiten sehr effizient, wenn es darum geht Wandel auszubremsen und Dynamik zu brechen. Die Verunsicherung, die Sie damit auslösen zeigt Wirkung. Garantiert!
3. Möglichst viele Aktivitäten gleichzeitig starten
Die Einführung neuer IT-Systeme, die die meisten Prozesse beeinflussen, sollten gleichzeitig mit einer Reorganisation geplant werden. Dabei ist darauf zu achten, dass man noch zwei neue Filialen eröffnet und den Kundendienst umstellt. Wer das mit einem grossen Kulturwandel-Projekt kombiniert, kann das System dauerhaft überfordern. So gibt es eine gewisse Garantie, dass am Ende gar nichts gemacht ist. Wenn Sie mehr Projekte als Anzahl Mitarbeitende haben, sind Sie auf gutem Weg die Organisation lahmlegen. Operative Hektik ist ein wichtiger Bremsschuh jeden Wandels.
4. Umfassenden Wettbewerb ausrufen
«Jede gegen jeden!» muss das Motto heissen. Machen Sie allen klar, dass nur die besten Mitarbeitenden diesen Wandel überleben werden. Das System der Krabbenkörbe funktioniert wunderbar. Krabben, die in Körben gefangen werden, können nur entkommen, indem sie ihre Artgenossen nach unten drücken. Da alle Krabben dieses System begreifen, kommt am Ende keine aus dem Korb. Gut ist also, wenn man zu Beginn des Wandels zwei Kandidaten für jeden Chefposten öffentlich nominiert und ebenso öffentlich klar macht, dass nur jeweils eine Kandidatin oder ein Kandidat das Rennen machen wird. Für gute Stimmung ist gesorgt. Die Dynamik ist gebrochen, weil niemand einen Fehler machen will und alle die meiste Zeit damit beschäftigt sind zu schauen, was der andere macht.
5. Schuldige bestimmen
Wenn jetzt wider Erwarten immer noch Bewegung im System ist, dann gilt es nach Fehlern zu suchen. Irgendwo sind sie sicher zu finden. Analysieren Sie ausgiebig und finden Sie die Verursacher. Suchen Sie nie nach Lösungen. Suchen Sie nach den Gründen der Fehler und finden sie die Übeltäter. Stellen Sie sicher, dass ausgiebig über diese Missetaten diskutiert wird und benennen Sie die Schuldigen klar. Mit ein bisschen Geschick werden sich nach kurzer Zeit alle damit beschäftigen keine Fehler mehr zu machen. Das verlangsamt den Wandel bis zum totalen Stopp.
6. Nie die Regeln diskutieren
Verhindern Sie, dass Dinge in Frage gestellt werden. Regeln sind Regeln. Basta. Über den Sinn der Regeln soll nicht diskutiert werden. Es gilt alle Vorschriften und Regelwerke auch dann peinlich einzuhalten, wenn der letzte Mitarbeitende deren Sinnlosigkeit begriffen hat. Dinge wie Digitalisierung sind Humbug. Die letzten 50 Jahre haben ausführlich bewiesen, dass es auch ohne geht. Halten Sie an bestehenden Ritualen und Prozessen fest. Diesen Respekt haben insbesondere die Generationen von Führungskräften verdient, die in den letzten Jahrzenten an den Vorschriften und Richtlinien gearbeitet haben. Eine wichtige Tugend, wenn man Wandel brechen will.
7. Beschlüsse auf der formellen Ebene möglichst schnell absegnen lassen
Je schneller das passiert, desto eher werden alle Abmachungen auf der informellen Ebene wieder in Frage gestellt. Der Schlüssel dazu ist schnelles Commitment. Am besten holen sie ein Nicken der Geschäftsleitung ab, bevor diese merkt, was da gerade beschlossen wurde. Das führt dazu, dass sich die Entscheider schon vor dem Verlassen der Sitzung einen Weg zurechtgelegt haben, wie sie den Entscheid umgehen können. Sie haben Ihr Ziel erreicht: Stillstand.
8. Immer schneller beschliessen als umsetzen
Das Tempo der Beschlussfassung muss immer signifikant höher sein als das Umsetzungstempo. Nur so kann man die Organisation effizient ausbremsen. Maximale Beschlussdynamik muss mit minimalem Realisierungstempo gekoppelt werden. So lernen die Mitarbeitenden, dass Entscheide am besten nicht beachtet werden, weil sich kein Mensch je dafür interessiert, ob auch etwas geschehen ist. Gerade in grossen Organisationen wird dieses System oft sehr erfolgreich praktiziert. Reorganisationen gehen spurlos vorbei, wenn man sich einfach duckt und wartet, bis die Welle vorbei ist. Solche Change-Bewegungen verlaufen automatisch im Sand, wenn man sich nur ein bisschen geschickt anstellt.
Diese Regeln stammen von Dr. Prof. Peter Kruse. Der Organisationspsychologe und Unternehmensberater hat sie 2008 präsentiert. Sie haben noch heute Gültigkeit. Wer statt bremsen Gas geben möchte, muss diese Mechanismen kennen. Transformation funktioniert dann, wenn man die Gegengifte kennt: Konsequenz, Transparenz, Involvement, Achtsamkeit und Geduld. In diesem Sinne: Happy Change!