Der Sprachfehler

Kundenorientierung oder «Customer first» heisst es überall so schön. Leider beschränkt sich das oft auf die externen Kunden. Die wichtigsten Kunden jedoch sitzen im Unternehmen drin. Und wie man mit ihnen kommuniziert hat einen grossen Einfluss auf ihre Einstellung und Wahrnehmung. Deshalb sage ich: Es ist Zeit für einen Perspektivenwechsel.

Kürzlich hat mir eine Personalverantwortliche vom Besuch des pensionierten Seniorchefs erzählt. Er habe sie begrüsst, erzählt sie und ihr jovial auf die Schulter geklopft: «Und Frau Meier, wie geht es der Belegschaft?» Und dann wollte er wissen, wie sich denn die neuen Arbeitskräfte bewähren, die er vor nicht allzu langer Zeit noch eingestellt hat. Belegschaft? Arbeitskräfte?

Kennen Sie Ihre Kunden?

Mitarbeitende werden zu Kunden. Sie verhalten sich nicht nur so, sondern sie haben auch Erwartungen – wie ganz normale Kunden eben. Sie brauchen Informationen, wollen Ferien «kaufen», Ausbildungsgänge anrechnen lassen oder Gutscheine für ein Fitness-Abo. Sie suchen Beratung oder möchten gar einen Event buchen.

Also hören Sie bitte auf von Mitarbeitenden zu sprechen. Sie haben Kunden. Und Kunden wollen wie Kunden behandelt werden und nicht wie Mitarbeitende. Sprich: persönlich.

Wer Kunden gut bedienen will, muss wie ein Kunde denken: seine Bedürfnisse kennen und auch die Macken. Er braucht eine Kundendatenbank, die ihm hilft, im richtigen Moment die richtigen Produkte bereit zu halten.

Welches sind Ihre besten Produkte?

Ja genau: Produkte. Sie haben schliesslich auch ein Angebot. Sie bieten Weiterbildungen an, organisieren die jährlichen Feedbackgespräche, liefern einen Lohnausweis oder ein Zwischenzeugnis. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Deshalb wird dieses in regelmässigen Abständen erneuert.

Ein Angebot muss nicht nur auf den Kunden zugeschnitten sein, es muss auch vermarktet und verkauft werden. Und zwar nicht als Zufallsfund in der hintersten Ecke des Intranets, sondern gut ausgeleuchtet, sauber präsentiert und spannend beschrieben.

Wer gute Produkte haben will, muss wissen wie man sie entwickelt. Dazu braucht es auch im HR genauso ein klassisches Produktmanagement, wie es jemanden braucht, der für deren Entwicklung zuständig ist.

Wie ist der Kunde zufrieden?

Jedes Produkt hat einen Lebenszyklus. Am Anfang wird ein Produkt nur von wenigen genutzt. Irgendwann wird es bekannter und etabliert sich zum Standard. Bis es dann zum klassischen Auslaufmodell wird und von der Ladenfläche verschwindet.

Dabei ist der Kunde einer der wichtigsten Faktoren: liebt er das Produkt, wird er anderen davon erzählen und das Produkt gewinnt an Beliebtheit. Ärgert er sich darüber, wird er es in der Regel noch viel häufiger herumerzählen und so mehr Kunden negativ beeinflussen. Sie tun also gut daran, die Bedürfnisse des Kunden gut zu kennen.

Bleibt ein Lohnausweis ein Lohnausweis?

Keine Sorge: Onboarding bleibt Onboarding. Nun aber mit einem entscheidenden Unterschied: Sie haben die Perspektive gewechselt und Ihre Kunden haben eine andere Haltung gegenüber der Leistung, die Sie im HR erbringen. Wie Sie kommunizieren, beeinflusst die Art und Weise, wie die Kunden an ihre Arbeit herangehen und wie sie Einfluss nehmen auf die Organisation.

Überlegen Sie sich also, wie Sie zum «Kundenversteher» werden, zum smarten Vermarkter Ihrer Produkte. Denn noch immer gilt: Ein Kunde entscheidet sich unter Wettbewerbsbedingungen immer für den Anbieter, der ihm den höchsten, von ihm tatsächlich wahrgenommenen Nutzen bietet.

Ich kenne schon etliche HR-Teams, die so sprechen und so arbeiten. Aus Mitarbeitenden werden Kunden, aus Dienstleistungen werden Produkte. Es sind zwar nur Worte, aber sie wirken. Garantiert.

1 comments for “Der Sprachfehler

  1. 18. Februar 2019 um 9:58

    Absolut einverstanden. Dein Post erweitert die altbekannte Tatsache «MA zuerst» (begeisterte MA machen begeisterte Kunden) um eine interessante und selten diskutierte Komponente.

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