Den wohl wichtigsten ersten Eindruck, den Sie bei den meisten Menschen über einen Job in Ihrem Unternehmen hinterlassen werden, ist Ihre Stellenausschreibung. Genau, Sie haben richtig gelesen.
Zunächst einmal: Stellenbeschreibungen sind keine Stellenausschreibungen und Stellenausschreibungen sind keine Stelleninserate. Was meine ich damit?
- Stellenbeschreibungen (Job descriptions) sind interne, juristische Dokumente, die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Befugnisse von Stellen detailliert beschreiben. Sie taugen nur bedingt, um jemanden für einen Job zu begeistern
- Stellenausschreibungen (Job postings oder Job Landingpages) sind die Stellen, die auf Ihrer Karrierewebseite zu finden sind. Es sind Marketingdokumente, die bei potenziellen Kandidaten das Interesse wecken, sich überhaupt mit dem Job beziehungsweise dem Arbeitgeber auseinander zu setzen.
- Stelleninserate auf Jobportalen (Job Ads) sind lediglich Verstärker für Ihre Stellenausschreibungen, weil sie über eine grössere Reichweite verfügen wie Ihre Karriereseite, wo das «Original» liegt – die Stellenausschreibung. Stelleninserate sollen Interessenten rasch möglichst auf Ihre Stellenausschreibung lotsen.
Ein weit verbreiteter Irrglaube bei Stellenausschreibungen ist, dass sie umfassend sein und sie jede einzelne Aufgabe, die jemand ausführen könnte, genau beschreiben müssen. Wenn man einmal erkannt hat, dass man nicht alles sagen muss, wird schnell klar, dass alles, was man sagt, eine Bedeutung haben sollte.
Leider schreiben die wenigsten Menschen gerne Stellenausschreibungen. Das Resultat: viele Ausschreibungen sind ein Derivat alter Versionen gepaart mit Auszügen aus der Stellenbeschreibung von anderen Unternehmen und einer unrealistischen Wunschliste von Fachverantwortlichen. Aber das ist keine Entschuldigung für schlechte Stellenausschreibungen. Vor allem, wenn man sieht, wie einfach und effektiv Sie mit einer entsprechenden Systematik sein können.
Entwickeln Sie Ihre eigene modulare Struktur
Entwickeln Sie eine klare Struktur für Ihre Stellenausschreibungen. So können allgemeine Texte wiederverwendet und müssen nur jobspezifische Inhalte jeweils neu geschrieben werden. Dieser Raster bildet zudem eine wichtige Grundlage, um von Jobsuch-Maschinen gefunden zu werden. Die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte sind Geschmacksache, sinnvollerweise starten Sie aber mit dem Jobtitel.
Der Jobtitel
Versuchen Sie die Jobbezeichnung eindeutig zu formulieren und verzichten Sie auf unternehmensinterne Positionsbezeichnungen. Da der Jobtitel in der Regel zum Seitentitel der Job Landingpage wird, sollte er nicht länger als 60 Zeichen sein. Wenig Platz erfordert eine präzisere Betitelung. Verwenden Sie Begriffe, nach denen potenzielle passende Talente suchen dürften. Bitte sparen Sie sich hier die Kreativität für später auf – nach einem «Excel-Zauberer» sucht beispielsweise kein Mensch.
Der Teaser (Bild & Text)
Kreieren Sie einen packenden Teaser und ein passendes Teaserbild. Weil es sich bei der Stellenausschreibung um ein Marketingdokument handelt, können Sie es auch so behandeln. Das Bild, das ins Auge sticht, hat nur einen Zweck: Es soll Sie dazu bringen, den Teaser zu lesen. Das einzige Ziel des Teasers ist es, Sie zum Lesen des ersten Absatzes zu bewegen. Der erste Absatz verleitet Sie dazu, den zweiten zu lesen, was Sie wiederum dazu bringt, den dritten zu lesen und was Sie wiederum dazu bringt, den «Call to Action» zu vollziehen. Der Text auf dem Button ist nur dazu da, Sie zum Klicken zu bewegen.
Arbeitsort
Erfassen Sie den Arbeitsort eindeutig – auch wenn es den Job an mehreren Standorten gibt. Wenn es um den Arbeitsort geht, müssen Bewerber keine Stelle finden, sondern sie müssen Stellen rausfiltern, die sie aufgrund des Arbeitsortes nie annehmen würden. Der Arbeitsort sollte vor allem auch von Suchmaschinen erkannt werden können (SEO), damit der Job nicht auf einmal in einem kleinen Kaff in Kanada ausgeschrieben wird. Das heisst, der Arbeitsort muss in den Metadaten als Location angegeben sein.
Das Unternehmen
Diesen Abschnitt brauchen Sie nur einmal zu schreiben und können ihn dann für jeden einzelnen Job verwenden. Stecken Sie hier viel Zeit rein und schleifen Sie den Abschnitt, bis er den Leser verzaubert. Und nein, die Firmenbeschreibung von Ihrer Webseite taugt dazu in der Regel nicht. Versuchen Sie sich eine Antwort auf folgende Frage überlegen: Was wollen wir der Welt hinterlassen und warum würden unsere Kunden uns vermissen, wenn wir nicht da wären? Warum existieren wir? Nur wenn sich diese Story mit den Werten potenzieller Kandidaten deckt, wird sie die Menschen ansprechen, die zu Ihnen passen. Verfassen Sie einen Text, der diesen Zweck interessant erscheinen lässt. Fügen Sie ein paar Fakten ein, damit Ihr Unternehmen realistisch klingt und fokussieren Sie auf das Ziel, das Ihr Unternehmen jeden Tag erreichen will.
Die Aufgabe
Was ist die Aufgabe? Kann ich die Arbeit machen? Ist die Stelle auf der richtigen Ebene für mich angesiedelt? Ist es die Art von Arbeit, die ich machen möchte? Wie werde ich meine Zeit verbringen und welchen Einfluss werde ich haben? Beschreiben Sie nur die Hauptaufgaben, dafür möglichst präzis. Ein möglicher Raster: «Sie werden [Werkzeug oder Fähigkeit] für [Aufgabe] verwenden, um [Ergebnis XY] zu erreichen.» In diesem Abschnitt verbringt der Bewerber ein wenig Zeit damit nach Gründen zu suchen, warum er eine Stelle in Betracht ziehen sollte.
Die Anforderungen
Sorgen Sie für eindeutige und wirklich relevante Qualifikationen. Floskeln wie teamfähig, selbstständig, dynamisch? Streichen. Wenn Sie beispielsweise schreiben, dass der Bewerber über ausgezeichnete schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit verfügen sollte, wird von dieser Person erwartet, dass sie auf der Bühne auftritt? Oder reicht die Fähigkeit, einem Mitarbeiter effizient zu sagen, was los ist? Beides fällt unter «ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten in Wort und Schrift», aber das sind zwei sehr unterschiedliche Aufgaben, die zwei sehr unterschiedliche Menschen ansprechen.
Kultur, Arbeitsbedingungen & Benefits
Wie tickt das Unternehmen wirklich? Welche Organisationsform und welcher Managementstil wird gepflegt? Kann ich mich weiterentwickeln? Welche Art von Unterstützung wird mir geboten, damit ich mich weiterentwickeln kann? Trauen Sie Ihren Mitarbeitern zu, dass sie gute Arbeit leisten, oder ist mein zukünftiger Chef ein Micromanager? Das sind die Fragen zu den Arbeitsbedingungen, die Menschen wirklich interessieren. Danach können Sie sonstige, echte Benefits gerne auch noch auflisten (gratis Kaffee ist keiner!).
Call to Action & Bewerbung
Aus Interessenten sollen Bewerber werden. Deshalb muss der Bewerbungs-Button prominent platziert und stets klickbar sein. Auch ein persönlicher Ansprechpartner mit Name, Funktion und Foto ist wichtiger als Sie denken – denn Rekrutierung ist ein «People Business». Wenn Interessenten dann zur Tat schreiten, soll die Hürde zur Bewerbung so tief wie möglich sein. Bieten Sie ein minimalistisches Bewerbungsformular. E-Mail, Name, CV hochladen – mehr braucht es in dieser Phase nicht. Und verschonen Sie die Leute mit Logins. Die wollen kein Login, die wollen sich für eine Stelle bewerben.
Sehr spannender Beitrag. Gefällt mir sehr!
Danke und liebe Grüße aus Hamburg
Ben
Perfekte Zusammenfassung. Aus meiner persönlichen Sicht sind Stelleninserate heute vermehrt nur noch ein Hilfsmittel, aber auch nicht mehr. Obschon in der Schweiz immer noch viele Personen auf Stelleninserate reagieren, wird dennoch nur ein Bruchteil des effektiven Bewerberpotentials im Markt angesprochen. Bewerber die nicht aktiv auf Stellensuche sind oder kaum Zeit finden, sich im «Chaos» von zu vielen Stellenportale zurechtzufinden, werden meist nicht in den Selektionsprozess miteinbezogen.
DIE BESTEN KANDIDATEN SIND OFT NICHT AUF STELLENSUCHE
Darum muss eine moderne Rekrutierungsstrategie immer eine den Bereich «Direct Search» beinhalten. Hier MUSS aus meiner Sicht ein neutraler, externer Berater «Searcher» miteinbezogen werden. Direktansprachen oder gar Abwerbung «Headhunting» bei Mitbewerbern sind in der Schweiz nicht gerne gesehen. Darum ist eine professionelle Vorgehensweise mit viel Diskretion und einer gewissen Anonymität enorm wichtig. Zumal sicher Brancheninsider in der kleinen Schweiz meist kennen oder in gleichen Verbänden sitzen ist dieser Schritte immer enorm heikel.