Homeoffice und «Bring Your Own Device»

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ArbeitsrechtEgal ob mit dem privaten oder dem öffentlichen Verkehrsmittel: Die Arbeitswege sind meistens verstopft und zeitraubend. Was liegt da näher als Zuhause zu arbeiten? Ein grosser Vorteil dabei ist, man kann seine Zeit frei einteilen und ist meist auch produktiver. Das liegt einerseits im Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und andererseits auch im Trend.

Allerdings birgt diese Arbeitsorganisation auch Gefahren: Selbst, wenn der Arbeitnehmer Zuhause arbeitet, ist das Arbeitsgesetz (ArG) mit den öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften anwendbar. Beispielsweise muss die Arbeitgeberin trotzdem die Sozialversicherungen zahlen. Die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit, die Ruhezeiten sowie die Pausen sind nach ArG zu respektieren. Die Arbeitgeberin ist auch für die Einhaltung der Arbeitsplatzvorschriften (Mindestraumgrösse, Raumtemperatur, Luftqualität etc.) verantwortlich. Selbstverständlich kann sie dies nur beschränkt kontrollieren. Die Arbeitgeberin hat sich aber zu vergewissern, dass sie diesbezüglich dem Arbeitnehmer vertrauen kann und bleibt rechtlich dafür verantwortlich.

Anwendbar ist auch das Arbeitsvertragsrecht

Die Arbeitgeberin muss die Arbeitsgeräte zur Verfügung stellen und für deren Kosten aufkommen. Selbstverständlich können die Parteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seinen eigenen Laptop verwendet. Dies ist allerdings mit erheblichen Gefahren verbunden, weil die Arbeitgeberin dann nur schwer die Programme kontrollieren kann und der Arbeitnehmer unter Umständen Viren und andere Schadprogramme ins IT-System des Unternehmens einschleppt – allenfalls mit desaströsen Auswirkungen. Dann wird aus «Bring Your Own Device» eher «Bring Your Own Disasters». Damit der Arbeitnehmer für einen Schaden haftet, muss ihm die Arbeitgeberin konkret ein Fehlverhalten nachweisen und dass dieses zum Schaden geführt hat. Eine pauschale Haftung kann nicht vereinbart werden. Zu regeln ist ausserdem, ob dieser Laptop auch privat verwendet werden darf, beispielsweise durch Familienangehörige. Und: Was mit den Daten einschliesslich Backups am Ende des Arbeitsverhältnisses passiert. Verwendet der Arbeitnehmer seinen eigenen Laptop, muss die Arbeitgeberin dennoch für die entsprechenden Kosten aufkommen.

Homeoffice = hohe Flexibilität

Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte ausserdem vertraglich geregelt sein, welche Erwartungen die Arbeitgeberin an die Erreichbarkeit des Arbeitnehmers hat. Zweck der Arbeit von Zuhause aus ist eine hohe Flexibilität in zeitlicher Hinsicht. Entsprechend ist der Arbeitnehmer nicht dauernd erreichbar, sondern er muss nur innert einer vereinbarten Frist antworten. E-Mails, SMS etc. erlauben es, zeit- und ortsungebunden zu kommunizieren. Die Arbeitgeberin muss sich aber auch daran halten – also mit zeitungebundenen Mitteln kommunizieren und nicht mit dem Telefon den individuellen Tagessablauf des Arbeitnehmers stören.

Homeoffice ist also durchaus sinnvoll und bringt beiden Parteien viel – vorausgesetzt die praktischen und rechtlichen Fragen sind vertraglich geregelt.

5 comments for “Homeoffice und «Bring Your Own Device»

  1. Stefan Harder
    11. Oktober 2018 um 15:35

    Die Mobilität ein Segen und Fluch zugleich. Früher war es üblich, dass man in der Nähe seines Arbeitsplatzes auch seinen Wohnort hatte. Aufgrund der fehlenden Mobilität gab es kaum eine Alternative. Der Wunsch nach Homeoffice bestand gar nicht, weil der Arbeitsweg kurz war.

    Heute haben wir mehr Strassen und ein dichtes ÖV Angebot. Das verleitet viele dazu, einen Arbeitsweg von mehr als einer Stunde in Kauf zu nehmen. Weil aber aufgrund der Überlastung der Verkehrswege der Arbeitsweg zur Belastung wird, wünschen sich viele Homeoffice. Macht Pendeln wirklich Sinn? Wäre es nicht sinnvoller, wenn man dort wohnt wo man arbeitet?

    Wieviele Leute wohnen in Bern und arbeiten in Zürich und umgekehrt, obwohl sie den selben Job machen? Ein Lösungsansatz wäre eine Jobbörse, wo sich die Pendler austauschen bzw.ihren Job tauschen können, so dass der Berner in Bern den Job vom Zürcher übernimmt und der Zürcher den Job in Zürich vom Berner. Gerade Grossfimen, die national tätig sind, hätten da sicher Potenzial und würden damit einen Beitrag zur psychischen Gesundheit leisten.

    • 11. Oktober 2018 um 22:15

      Gibt es bereits. Aber ob das wirklich die Lösung ist, die zur Identität des Schweizer passt, würde ich zumindest bezweifeln. Da finde ich es viel näher an unserer Identität, dass wir dezentrale Gemeinschaften durch Treffpunkt für Arbeit und mehr (sog. VillageOffices) wieder beleben. Dies passt auch zur Entwicklung in Unternehmen, die in flexiblere, selbstgeführtere und somit auch autonomere Organisationsformen investieren, weil sie sich auf eine VUCA-Welt (volatil, unsicher, komplex (Complex) und mehrdeutig (Ambiguität)) einstellen.

    • Sevi
      15. Oktober 2018 um 14:02

      Hab ich mich auch schon gefragt, wieso man sowas nicht schon lange in die Wege geleitet hat! Danke für die ausführliche Aussage!

  2. 11. Oktober 2018 um 13:54

    Alternativer Gedanke: Statt zu Hause im dezentralen Coworking (ein öffentliches Gemeinschaftsbüro) tageweise arbeiten. VillageOffice verbindet diese Orte zu einem Netz als Genossenschaft, um die negativen Aspekte (Vereinsamung, zusätzliche Konflikte (z.B. bei Kindern/Familie) und den weiteren praktischen und rechtlichen Themen) auszugleichen. Auch sind in einem produktiven Arbeitsumfeld eines VillageOffice Partner-Space die Arbeitsplatzvorschriften einfacher zu kontrollieren, weil nicht die Privatsphäre des Arbeitnehmers betroffen ist. In diesem Sinne empfehle ich von dezentralem Arbeiten zu sprechen und dann für Teams und Individuen die passende Lösung zu finden.

  3. Anne-Sophie
    11. Oktober 2018 um 12:09

    Spannender Input wie es rechtlich zu handhaben ist!

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